••• Von Manuela Geiß
Derzeit arbeite ich in Projekten über (i) Objektdetektion durch inkrementelles und schnelles Lernen mit wenigen Daten, (ii) Erklärbarkeit (Verständnis, warum ein KI-System tut, was es tut) und (iii) KI auf eingebetteten Geräten. Ich sehe ein großes Potenzial für KI, vor allem im Zusammenhang mit Biologie und Medizin, da hier riesige und schnell wachsende Datenmengen anfallen, die aufgrund ihrer Komplexität, der Störanfälligkeit und verborgener Zusammenhänge oft nur schwer zu verstehen sind. Man sollte jedoch nie vergessen, dass KI nicht immer die optimale Lösung ist, sondern dass es Aufgaben gibt, für die herkömmliche deterministische Algorithmen besser geeignet sind.
Pro und Kontra
+ Verarbeitung großer Datenmengen, Aufdecken von Mustern in Daten, die dem menschlichen Auge sonst verborgen bleiben würden.
+ Unterstützung für Ärzte; nicht als Ersatz, sondern als Unterstützung bei sich wiederholenden Aufgaben. Gut in Arbeitsabläufe integriert, kann KI die Arbeit des Arztes beschleunigen und ihm mehr Zeit für seine Patienten lassen.
+ Die Leistung von KI-Algorithmen ist oft mit der von Menschen vergleichbar, aber Algorithmen werden nie müde.
− Die Wahrung der Privatsphäre wird ein wichtiges Thema sein, da Fehler hier große Probleme mit sensiblen Patientendaten verursachen können.
− Medizinische Daten sind oft verzerrt (z.B. Geschlecht). Einige Verzerrungen könnten unerkannt bleiben, sodass die resultierenden Modelle nicht für alle Anwendungen geeignet sind. (Z.B. könnten Medikamente, die auf der Grundlage von Patientendaten aus westlichen Ländern entwickelt wurden, in afrikanischen Bevölkerungen nicht wirken oder schädlich sein.)
KI wird neue Einblicke in biologische Fragestellungen liefern, die seit Jahren eine Herausforderung darstellen. (Ein prominentes Beispiel ist der Deepminds Deep Learning-Algorithmus „Alphafold 2” für die Vorhersage von 3D-Proteinstrukturen.) Insbesondere werden Erklärungsmethoden dringend benötigt. Ohne Erklärbarkeit und Verlässlichkeit von KI-Methoden wird fehlendes Vertrauen in diese Methoden ihre Anwendung in vielen Bereichen, insbesondere in der Medizin, stark einschränken.
Die Entwicklung von KI in den nächsten zehn Jahren wird durch die Integration von KI in industrielle Prozesse und medizinische Bereiche vorangetrieben, was Themen wie Erklärbarkeit, Privatsphäre und KI auf Endgeräten, aber auch Fragen zu ethischen und rechtlichen Regelungen, beinhaltet. Ich glaube, dass die Medizin im Jahr 2050 weitgehend mit KI verflochten sein wird, z.B. in Form von Ärzten, die durch KI unterstützt werden (Diagnose und Behandlung, Telemedizin, Verwaltungsabläufe usw.), intelligenten Krankenhäusern und der Selbstüberwachung des physiologischen Zustands des Körpers durch Edge-Geräte.
Insbesondere wird KI die Gesundheitsversorgung in armen Regionen erheblich verbessern und einen breiteren Zugang zu medizinischen Behandlungen in der ganzen Welt ermöglichen.
Dr. Manuela Geiß ist Senior Data Scientist und Researcher am Software Competence Center Hagenberg GmbH, Österreich.