Das Kreuz mit den Nachfolgern
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FINANCENET Redaktion 15.11.2019

Das Kreuz mit den Nachfolgern

Studie zeigt: Nur knapp die Hälfte der Familienbetriebe hat die Unternehmensnachfolge klar geregelt.

••• Von Reinhard Krémer

Die Betriebsübergabe war und ist eine große Herausforderung für die rund 157.000 heimischen Familienunternehmen mit knapp 1,8 Mio. Beschäftigten und Umsätzen in der Höhe von rund 393,5 Mrd. €. Dies zeigt die aktuelle Befragung des Market Institutes im Auftrag der LGT Bank Österreich und der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY von 93 Top-Managern – davon 80% Mitglieder der Eigentümer-Familie – von heimischen familiengeführten Betrieben mit mehr als 50 Mitarbeitenden.

Die Vorteile von familiengeführten Unternehmen liegen laut der Market-Studie klar auf der Hand: Nachhaltigkeit (86%), Stabilität (85%), kurze Entscheidungswege (84%), aber auch die starke Gemeinschaft (84%) und Bindung von Mitarbeitern (80%)

Herausforderung Fachkräfte

Wie viele heimische Mittelstandsunternehmen sehen auch acht von zehn der befragten Führungskräfte aus Familienunternehmen den Fachkräftemangel (81%) als größte Herausforderung; am stärksten ist dieser Druck bei Vertretern großer Betriebe mit 51 Mio. € Umsatz und mehr zu spüren (89%).

Überraschend ist aber, dass für zwei Drittel (65%) das Finden adäquater Führungskräfte genauso problematisch ist wie die Nachfolgeplanung; bei Großbetrieben mit einem Umsatz von über 51 Mio. € klettert dieser Wert sogar auf 94%.
„Diese Aussagen decken sich mit den Ergebnissen des EY-Mittelstandsbarometers. Dort gaben 83 Prozent der heimischen Mittelstandsbetriebe an, dass sie keine adäquaten Fachkräfte finden. Der Fachkräftemangel zieht sich besorgniserregend durch alle Unternehmensgrößen und Branchen und wird auch in den kommenden Jahren das dominierende Thema für Österreichs Unternehmen bleiben”, sagt Erich Lehner, Managing Partner Markets und Verantwortlicher für den Mittelstand bei EY Österreich.

Weitergabe in der Familie

Die Weitergabe innerhalb der Familie hat hohe Priorität, dennoch hat erst knapp die Hälfte (49%) die Unternehmensnachfolge klar geregelt. Bei neun von zehn Betrieben (88%) mit Nachfolgeplanung übernimmt ein Familienmitglied die Führung. Bei acht Prozent ist ein externer Geschäftsführer vorgesehen, vier Prozent planen das Unternehmen zu verkaufen.

Der Gründergeneration fällt die Staffelweitergabe besonders schwer – je jünger der Betrieb, desto weniger wird über die Nachfolge nachgedacht. Verfügen nur 40% der Gründerbetriebe über eine Nachfolgeregelung, so sind es bei Unternehmen der dritten oder vierten Generation bereits 57%.

Erfolgsfaktor Nachfolge

Der Stellenwert der Nachfolgeplanung für den nachhaltigen Unternehmenserfolg scheint unterschätzt zu werden: Nur vier von zehn Familienunternehmen aller Größen und Generationen (39%) erachtet eine klare Nachfolgeregelung als Erfolgsfaktor.

Unter den Gründern der ersten Generation und den Nachfolgern der zweiten Generation ist es sogar nur je ein Viertel (26% der Gründer, 24% der Nachfolger).

Weitergabe in der Familie

Knapp zwei Drittel (64%) der Befragten geben an, dass ihnen die Weitergabe innerhalb der Familie wichtig oder sehr wichtig ist. Bei älteren Unternehmen sind es sogar 73%, die eine interne Staffelübergabe befürworten.

Die größten Problemfelder werden aber im Bereich der Erbengenerationen verortet: Sieben von zehn Managern meinen, die größte Herausforderung sei das mangelnde Interesse der Erben, den Betrieb zu übernehmen. Zwei Drittel (66%) geben an, dass die Erben nicht das entsprechende unternehmerische Profil mitbringen würden.
Als Erfolgstreiber für eine erfolgreiche Übergabe werden die klare Kommunikation (90%), Rechtzeitigkeit (88%) und eine strukturierte Nachfolgeregelung (82%) genannt.

Was die Jungen können sollen

Ein Risiko besteht in der Erwartungshaltung an die Nachfolgegeneration. Im Grunde soll die nächste Generation das Unternehmen mit denselben Werten (87%) und denselben Mitarbeitern (74%) auf Kurs halten. Einen möglichen Verkauf des Unternehmens erwarten nur zehn Prozent der befragten Manager.

Den Nutzen einer Family Governance, also gewisser Lenkungs-, Kontroll- und Kommunikationsmechanismen im Familienbetrieb, hat erst ein Drittel der österreichischen Familienunternehmen (30 %) verinnerlicht. Bei Betrieben mit klarer Nachfolgeregelung liegt der Wert mit 35% leicht höher.
Familienunternehmen holen sich in vielen Bereichen Hilfe – der Bedarf an externer Unterstützung ist hoch und wird in Anspruch genommen. Knapp die Hälfte (41%) hat sich bereits Unterstützung externer Berater im Rahmen der Vermögensverwaltung und jedes dritte Unternehmen (28%) im Zuge der Nachfolgeplanung geholt.

Werte sind wichtig

Gemeinsame Werte spielen in allem Familienunternehmen eine große Rolle: 84% der Befragten nehmen ein hohes Verständnis der Eigentümerfamilie über gemeinsame Werte und eine gemeinsame Vision wahr, bei großen Unternehmen sind es 94%.

„Gemeinsame Werte und Vision sind in der Landschaft der Familienbetriebe stark ausgeprägt und sicherlich einer der Wertschöpfungstreiber”, sagt Dietmar Baumgartner von der LGT Bank Österreich. Unternehmen mit klarer Nachfolgeregelung und Strategie sowie einer ausformulierten Family Governance sollten stärker profitieren.

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