••• Von Reinhard Krémer
Die Coronapandemie, der Ukrainekrieg, eine explodierende Inflation und der Klimawandel sind Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt – Umstände, die sich nicht nur finanziell bemerkbar machen, sondern mittlerweile Auswirkungen auf sämtliche Lebensbereiche der Österreicher haben. Das ergab eine Umfrage von IMAS Austria im Auftrag von Erste Bank, Sparkassen und Wiener Städtische. 73% (+21%) der Befragten gehen von einer Verschlechterung der persönlichen Lebensqualität in den kommenden Monaten aus, 16% erwarten ein Gleichbleiben und lediglich neun Prozent eine Verbesserung.
Auffallend ist, dass die Bedeutung der privaten finanziellen Vorsorge mit 90% ein All-time-high im Land erreicht hat und die Aufwendungen für Pensions- und Gesundheitsvorsorge österreichweit mit durchschnittlich 247 € pro Monat (2021: 226 €) noch nie höher waren.
Reserven für Krisenfälle
Auf die Frage nach den Top-Vorsorgethemen der Österreicher, also jenen Lebensbereichen, für die man jedenfalls gerne bereit ist, privat ergänzend vorzusorgen, fällt das Ergebnis sehr eindeutig aus: Auf Platz 1 mit 71% kommt die finanzielle Reserve für Krisenfälle, gefolgt von Gesundheit (65%), Familie (63%) und der Vorsorge für die Pension mit 61%. „Aber trotz aller Widrigkeiten bleiben die Österreicher optimistisch: 57% der Befragten im Land sind trotz der aktuell schwierigen Situation zuversichtlich und rechnen damit, dass die Zeiten bald wieder besser werden”, sagt Gerda Holzinger-Burgstaller, Vorstandsvorsitzende der Erste Bank Oesterreich. Gefragt, wie stark die unterschiedlichen Krisen unseren Alltag – also die Art, wie wir leben, einkaufen, arbeiten oder denken – verändern, gehen 85% der Österreicher (+26%) von einer starken Veränderung aus.
Demzufolge haben sieben von zehn Befragten in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld in den letzten Monaten bereits Vorsorgehandlungen gesetzt: 46% haben ihre Lebensmittelvorräte aufgestockt, 26% einen Wasservorrat angelegt, 24% einen Vorrat an Batterien zugelegt und 23% haben eine finanzielle Vorsorge fürs Alter getroffen.
Was bei Vorsorge wichtig ist
Die Erhebung fragte auch, welche Veranlagungskriterien bei der Vorsorge wichtig sind. Dabei zeigt sich, dass das wichtigste Kriterium mit 51% immer noch die Sicherheit beziehungsweise ein geringes Risiko ist, gefolgt von einer möglichst hohen Flexibilität der Produkte (47%), Transparenz (44%), Kapitalgarantie (40%) und hohe Renditen bzw. Zinsen mit 35%.
Blick auf den Kapitalmarkt
Die Top 3-Vorsorgeprodukte der Österreicher sind immer noch das Sparbuch, gefolgt von der Lebensversicherung und dem Bausparvertrag. „Die derzeit höheren Zinsen am Sparbuch können allerdings dem Kaufkraftverlust durch die Inflation nicht entgegenwirken. Das heißt, das Geld am Sparbuch wird immer weniger wert. Da sollte man gegensteuern. Das funktioniert mit alternativen Investitionsmöglichkeiten besser als mit klassischen Sparformen”, sagt die Erste Bank-CEO. Vor diesem Hintergrund lohnt sich ein Blick auf den Kapitalmarkt, dem Fritz Mostböck, Leiter Erste Group Research, heuer ein kräftiges Revival prognostiziert. Denn die Analysten der Erste Group gehen davon aus, dass die Zinserhöhungen im Mai (Eurozone) und im März (USA) 2023 enden werden und es mit dem Erreichen des Höhepunkts der Inflation wieder zu einer Normalisierung an den Finanzmärkten kommen sollte.
ATX mit zweistelligem Plus …
„In diesem Umfeld ist besonders auf Ergebnisstärke und Qualität von Bilanzen zu achten. Und hier sehen wir österreichische Unternehmen gut positioniert. Auch wenn Renditen zehnjähriger österreichischer Staatsanleihen zwischenzeitlich auf fast drei Prozent gestiegen sind, halten wir vor allem langfristig Aktien für deutlich attraktiver”, sagt Mostböck. Der österreichische Leitindex bietet bei der aktuellen Bewertung Wachstumspotenzial im leicht zweistelligen Prozentbereich (= 3.700 Punkte im ATX).
… weil Aktien spottbillig sind
Der ATX notiert aktuell, sowohl international als auch historisch betrachtet, mit deutlichen Abschlägen.
Bezogen auf die prognostizierten Gewinne für 2022, erreicht der ATX ein KGV von 6x, was deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von 13x liegt. „Auch wenn sich das Gewinnniveau des Jahres 2022 voraussichtlich nicht halten lässt, so sehen wir die KGVs bezogen auf 2023 bei 7,1x und 2024 7,5 und damit als deutlich zu günstig an”, meint Christoph Schultes, Chief Equity Analyst Österreich.
Die Kombination aus Unterbewertung und positiver Gewinnentwicklung macht europäische Banken besonders interessant, wovon letztendlich auch der ATX profitieren sollte. „Generell bevorzugen wir auf Jahressicht eher ‚Value'-Aktien gegenüber ‚Growth' und ‚Zykliker' gegenüber ‚defensiven Werten'. Als besonders interessante Einzeltitel sehen wir die OMV, Andritz, Wienerberger und Do & Co”, so Schultes.
Heuer besser als der Rest
Der ATX hat sich nach Meinung der Erste Group-Analysten im letzten Jahr unter seinem Wert schlagen müssen.
Das führt zu einer historisch günstigen Bewertung, so Mostböck: „Wir denken, dass der österreichische Leitindex internationale Indizes in diesem Jahr outperformen sollte. Selbst unser Kursziel von 3.700 Punkten im ATX impliziert ein KGV von 8x, basierend auf prognostizierten Ergebnissen 2023, und lässt prinzipiell weiter Luft nach oben.”