WIEN. Weltweit wurden in den Jahren 2021 und 2022 alle Rekorde in Hinblick auf Start-up-Finanzierungen gebrochen. Insbesondere bei den Finanzierungsvolumina wurden in diesen beiden Boom-Jahren spektakuläre Höhen aufgrund von starkem Wettbewerb auf Seite der Investoren und den dadurch sehr hohen Unternehmensbewertungen erreicht, meldet die Prüfungs- und Beratungsorganisation EY.
Mit der Zinswende, der steigenden Inflation, einer Flaute bei Börsengängen und wachsenden geopolitischen Unsicherheiten hat sich das Marktumfeld 2023 stark gedreht und weltweit gingen Bewertungen und damit auch Finanzierungsvolumina deutlich zurück.
Die österreichische Start-up-Szene verzeichnet trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen ein gutes Jahr: Die Anzahl der Finanzierungsrunden für heimische Start-ups stieg um 22% von 151 auf die neue Bestmarke von 184 – damit haben so viele heimische Start-ups wie noch nie innerhalb eines Jahres ein Investment lukriert. Der bisherige Höchstwert wurde 2020 markiert, als insgesamt 153 Abschlüsse gezählt wurden.
Volumina gingen stark zurück
Gleichzeitig sank – wie weltweit überall zu beobachten – der Gesamtwert dieser Investitionen gegenüber 2022 deutlich um fast ein Drittel (32%) von rund einer Mrd. € auf ein Gesamtvolumen von 695 Mio. €.
Gegenüber dem bisherigen Höchstwert aus 2021, als ein Gesamtvolumen von gut 1,23 Mrd. € realisiert worden war, bedeutet dies einen Rückgang um sogar 44%. Dieser Rückgang ist allerdings vor allem auf die geringere Anzahl an Großdeals im Umfang von mehr als 100 Mio. € zurückzuführen: Diese trugen 2021 insgesamt 675 Mio. € bei und 2022 dann 550 Mio. €. 2023 kam es zu keinem Abschluss in dieser Größenkategorie. Rechnet man die beiden Ausnahmejahre 2021 und 2022 heraus, brachte 2023 mit Abstand das bisher höchste Finanzierungsvolumen – vor dem Boom lag diese Bestmarke bei 262 Mio. € im Jahr 2020.
Die fettesten Brocken
Die größte Finanzierungsrunde 2023 schloss das österreichisch-deutsche PropTech Gropyus mit rund 100 Mio. € ab. Dahinter folgen das Salzburger Logistik-Scale-up Myflexbox mit rund 75 Mio., die nachhaltige Online-Plattform Refurbed mit rund 54 Mio., das oberösterreichische CleanTech-Unternehmen neoom (zwei Runden mit insgesamt 41 Mio.), sowie der Lieferketten-Spezialist Prewave. Von den Start-ups mit den zehn größten Finanzierungsrunden des Jahres haben sechs ihren Sitz in Wien, zwei in der Steiermark und je eines in Oberösterreich und Salzburg.
Gute Entwicklung …
Die Entwicklung des österreichischen Start-up-Ökosystems sei in Anbetracht der Rahmenbedingungen umso höher einzuschätzen, sagt Florian Haas, Head of Start-up bei EY Österreich: „In den letzten zehn Jahren hat sich das österreichische Start-up-Ökosystem von einem niedrigen Niveau kommend sukzessive professionalisiert und gut entwickelt. Heimische Start-ups und Scale-ups sind voll am Radar internationaler Investorengruppen angekommen, unsere Förderlandschaft ist internationale Top-Klasse und insbesondere im Frühphasenbereich haben wir mit einer sich gut entwickelnden Business-Angel-Landschaft gute Rahmenbedingungen”.
… und beste Voraussetzungen
„Österreich hat prinzipiell gute Voraussetzungen, um auch im internationalen Vergleich ein starker Start-up-Standort zu werden. Es muss vor allem an drei Hebeln gezogen werden: Unternehmer- und Gründertum fördern, bürokratische Hürden noch stärker abbauen und vor allem bessere Rahmenbedingungen für Investments schaffen” sagt Haas. (rk)