„Taste of Wall Street” für heimische KMU
© APA/AFP/Bryan R. Smith
FINANCENET Redaktion 07.12.2018

„Taste of Wall Street” für heimische KMU

Ab 21. Jänner können die „Kleinen” einfacher und billiger an die Börse – UBIT-Experten helfen dabei.

••• Von Reinhard Krémer

WIEN. Sie würden gern in Ihrem Betrieb Eigenkapital ins Boot holen, meinen aber, Börsen sind nur was für die „Großen”?

Nun, das ist an der Wiener Börse bald anders: Schon in wenigen Wochen, nämlich am 21. Jänner, erhalten auch Klein- und Mittelbetriebe und Wachstumsunternehmen einen einfachen und kostengünstigen Zugang zur Wiener Börse; eine Änderung im Aktiengesetz öffnet das Eintritts­tor zum Wiener Marktplatz.

Neue Handelssegmente

direct market plus und direct market lösen dann den mid market ab. Kleine und mittelgroße österreichische Unternehmen – das Rückgrat der heimischen Wirtschaft – haben damit wieder einen einfachen und kostengünstigen Zugang zur Börse.

Der direct market bildet mit geringen Anforderungen die Basis. Im direct market plus müssen Unternehmen eine Mindestbestandsdauer von einem Jahr aufweisen, Jahresabschluss und Halbjahres-Zwischenberichte veröffentlichen, eine Unternehmenskalender führen und sich von einem Capital Market Coach begleiten lassen. Dafür winkt den Unternehmen beim Listing ein Plus an Service und Aufmerksamkeit.

Profis helfen beim Börsegang

Für so einen für KMU großen Schritt sind natürlich entsprechende Vorbereitungen nötig – angefangen von der Umwandlung des Unternehmens in eine AG bis zur klaren Fokussierung des eigenen Geschäftsmodells sind viele Vorarbeiten notwendig.

Hier kommen die Unternehmensberater der UBIT Wien ins Spiel: „Es macht schon einen gewaltigen Unterschied, ob sich ein Unternehmen ein paar Tage lang auf ein Gespräch für einen Bankkredit vorbereitet oder auf mittlere Sicht einen Börsengang angestrebt”, sagt Claudia M. Strohmaier, Sprecherin der Berufsgruppe Unternehmensberatung der Fachgruppe UBIT Wien.
Wichtig ist im Vorfeld eine ausführliche Unternehmensberatung, die alle individuellen Chancen und Risiken in ein Gesamtkonzept einbindet, um danach gestärkt für die weiteren Verhandlungen einem Börsenbetreiber oder den Investmentbanken entgegenzutreten, so Strohmaier.

Umdenken tut not

Es braucht vorab auch ein Umdenken in den Betrieben, wie die Expertin betont: „Vor allem für ein Familienunternehmen ist es oft eine große Umstellung, wenn es Eigentümer hereinholt, die sie nicht persönlich kennt, denen sie aber Mitspracherechte einräumen muss.” Zugleich ist ein Börsengang auch eine unglaubliche Chance, um die Eigenkapitalbasis zu stärken, eine Internationalisierung voranzutreiben oder von der verstärkten Berichterstattung im Zuge des Börsenganges zu profitieren.

Wachsen mit der Börse

Martin Puaschitz, Obmann der Wiener Fachgruppe für Unternehmensberatung, Buchhaltung und Informationstechnologie (UBIT), verweist auf die Chancen für IT-Unternehmen, die einst als Start-ups gegründet wurden: „Vor allem für stark expandierende Unternehmen bietet ein Börsengang eine gute Gelegenheit, frisches Eigenkapital ins Unternehmen zu holen und in eine neue Wachstumsphase zu treten.”

Netzwerken hilft

Aber auch für Unternehmen mit mehreren Eigentümern, die eine Handelsmöglichkeit für ihre Anteile suchen, ist die Börse eine Option, die es mittels unabhängiger Beratung abzuwägen gilt. Ein gutes Netzwerk, das viele Unternehmensberater haben – angefangen von Juristen bis zu Anwälten und Steuerberaterinnen –, kann dabei sehr nützlich sein. Je nach individueller Situation gibt es immer mehrere Optionen, meint Claudia M. Strohmaier. In manchen Fällen würde man auch von einem Börsengang abraten.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL