Wenn das Konto voller Geigen ist
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Klingende Münze Dieses italienische Cello aus der Werkstatt von Luigi Bajoni (Mailand um 1850) brachte im Dorotheum vor einem Jahr 60.000 €.
FINANCENET reinhard krémer 13.01.2017

Wenn das Konto voller Geigen ist

Sie sind auf der ­Suche nach Sachwerte-Invest­ments und haben schon alles durch? Dann ­versuchen Sie’s doch mal mit Geigen!

••• Von Reinhard Krémer

Klassische Karossen, Rotweine aus dem Bordeaux, Ölgemälde – ja sogar Gegenstände mit Hunden drauf: All das hat Anleger in den letzten Jahren, seit die Sparzinsen so gut wie abgeschafft sind, weltweit angelockt. Wer das jedoch schon alles probiert hat und trotzdem nicht vor Freude jubiliert, aber Musik trotzdem liebt, kann es mit einem Segment versuchen, das in Österreich noch relativ unbekannt ist: nämlich die Veranlagung in Geigen.

Die alten Meister …

Dabei muss es nicht unbedingt einer der klassischen Italiener mit klingenden Namen wie „Lady Inchiquin” oder „Lady Blunt” aus dem Hause Stradivari oder Violinen von Francesco Ruggieri sein, die gleich ein ordentliches Loch ins Geldsäckel reißen und mit ihren Millionenpreisen meist in der Hand von Stiftungen, Unternehmen oder bestens betuchten Menschen sind, die sich nur dann an der Kasse beim Billa anstellen werden, weil hinten im Bentley grad der Schampus ausgegangen ist und Nachschub dringend nottut. Es gibt auch „junge” Instrumente bester Qualität, die das Potenzial zur Wertsteigerung haben.

… und moderne Epigonen

Die Eigentümer- und Spielhistorie der Spitzeninstrumente ist übrigens meist über viele Jahre und Jahrzehnte dokumentiert. Hier sind Fälschungen – ja, die gibt’s nicht nur bei Gemälden, sondern auch bei Geigen – relativ selten, doch sie kommen vor.

Der Anleger mit Hang zur Musik also, der sonst schon ziemlich alles hat, sollte in jedem Fall über ausreichend Bares verfügen, denn ganz billig ist so ein Investment nicht: „Die Preise für moderne Instrumente, die investitionsfähig sind, beginnen bei etwa 30.000 Euro”, sagt Christian Reister, Mitinhaber von Violin Assets. „Historische Instrumente lohnen sich ab etwa 100.000 Euro als Kapitalanlage.” Das junge Unternehmen hat sich auf den Handel mit hochwertigen Streichinstrumenten spezialisiert und will sie als Investments zugänglich machen.
Meistens sind diese nicht in Panzerschränken verschlossen, sondern erklingen als Leihgabe an junge oder etablierte Musiker in den Konzertsälen der Welt, so Reister.
Aber zurück zum Geschäft: Hier kommt es wie bei allen Veranlagungen auf die richtige Auswahl an.

Nur die Guten ins Körbchen

Es spielt keine Rolle, ob es sich um Aktien, Anleihen, Zinshäuser oder Rotwein handelt – nur wer zum Instrument mit Potenzial greift, wird auch mit schönen Renditen belohnt. Das gilt auch für Geigen – und dafür braucht es das richtige „Vorchecking”. Zum Veranlagen eignen sich, ganz wie bei Gemälden, nicht nur die „Alten Meister”; auch Instrumente anderer Geigenbauer und anderer Epochen können ordentlich an Wert gewinnen. Ihre Kennzeichen: Sie handeln mit Bedacht, setzen auf Klasse statt Masse und fertigen lediglich sechs bis acht Instrumente pro Jahr.

Die Geigen, Bratschen und Celli weisen, ganz wie bei den großen Meistern, eine individuelle und erkennbare Handschrift auf. Und diese Qualität schlägt sich auch in der Wertentwicklung nieder.

Mist, Geld und die Fliegen

Wenn man sich dann für ein Instrument entschieden hat, muss man vor dem Kauf bedenken, was für jedes größere Investment gilt – sie sind nicht schnell in Bargeld umsetzbar; beachten sollte man auf jeden Fall, dass der Instrumentenmarkt nicht jederzeit liquide ist. Und dann ist da noch die Sache mit den Fälschungen – denn es ist beim Geld wie beim Mist: Größere Ansammlungen locken immer Schmeißfliegen an …

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