Wer nichts weiß, muss alles glauben
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FINANCENET Redaktion 05.11.2021

Wer nichts weiß, muss alles glauben

Erste Financial Life Park-Jugendbericht offenbart: Die ­Finanzbildung der jungen Österreicher ist mangelhaft.

••• Von Reinhard Krémer

WIEN. Unwissen und Unsicherheit herrschen unter der jungen Generation, wenn es um das Thema Finanz­bildung geht. Es mangelt an ­Vertrauen in die eigene Kompetenz.

Der finanziellen Zukunft sehen viele deshalb auch skeptisch entgegen. Das belegt der aktuelle YEP (Youth Empowerment & Participation) Jugendbericht im Auftrag des Erste Financial Life Park (FLiP), bei dem 14- und 20-Jährige befragt wurden (repräsentativ für diese österreichische Bevölkerungsgruppe).
Nur jeder fünfte Jugendliche weiß genau, wie viel Geld er im Monat ausgibt. Jeder Sechste hat überhaupt keine Übersicht über sein Budget, und jeder Fünfte hat Sorge, geborgtes Geld nicht mehr zurückzahlen zu können. Die Coronapandemie hat diese Unsicherheit zusätzlich erhöht.

Stimme für die Jugend

Rund zwei Drittel der 14- bis 20-Jährigen haben dahingehend enormen Aufholbedarf und fordern mehr finanzielle Bildung. „Das muss man wirklich ernst nehmen. Die nationale Finanzbildungsstrategie muss deshalb dringend mit Leben gefüllt werden”, so Bernd Spalt, CEO der Erste Group.

Kritisch sieht die Jugend das Finanzbildungsangebot im Unterricht. Auf einer Bewertungsskala von eins bis zehn schneidet die Wissensvermittlung im Schulunterricht hier mit einem Durchschnittswert von 3,6 desaströs ab. Dass Finanzbildung für das berufliche Fortkommen und eine positive Zukunft essenziell ist, haben Österreichs Jugendliche allerdings längst erkannt.
Laut der aktuellen Studie herrscht ein klarer Wunsch nach mehr Informationen und Praxis­orientierung zu Geld- und Finanzthemen.

Umfassende Schulung nötig

Spalt: „Finanzbildung kann jedoch nicht alleine die Aufgabe von Unternehmen sein. Finanzbildung muss jetzt wirklich Einzug in den Pflichtschul­unterricht finden. Auch das Lehrpersonal muss dahingehend geschult werden.”

Das fordern auch die Jugendlichen. Die 14- bis 20-Jährigen wünschen sich vor allem in der Primar- und Sekundarstufe 1 gezielte Finanzbildung. Ihre Begründung: In der Schule werden alle jungen Menschen losgelöst von ihrem familiären Hintergrund erreicht.

Wissen ist Macht, aber …

Außerdem ist es der Ort schlechthin, um korrekte und unabhängige Informationen vermittelt zu bekommen. Woher nimmt die junge Generation aber ihr Wissen zu Finanzen und Geld? Eine zentrale Rolle spielt das Elternhaus. Rund 20% geben an, zu Hause oft über Geld zu sprechen – bei der Hälfte der Befragten ist das zumindest manchmal der Fall. Bei einem Drittel wird das Thema Finanzen & Co allerdings kaum bis gar nicht angesprochen.

… nix wissen macht auch nix?

Dabei herrscht ein enormer sozialer Unterschied, denn Jugendliche aus bildungsfernen Schichten sind hier deutlich benachteiligt. Laut der aktuellen Studie sehen die Befragten auch Aufholbedarf im familiären Umfeld und wünschen sich mehr Einblicke und offene Gespräche über Finanzen und Geldangelegenheiten.

Interessen wecken

„Mit dem FLiP können wir Interesse für Finanzthemen wecken und verständlich machen, wie wichtig es ist, sich mit der eigenen finanziellen Situation auseinanderzusetzen”, so Philip List, Leiter des FLiP.

„Wir sind mit unserer Arbeit allerdings noch lange nicht am Ziel. Wir wollen der Jugend eine Stimme geben und setzen deshalb ab sofort einen Jugendbeirat ein”, sagt List.
„Das fünfköpfige Gremium soll uns dabei unterstützen, genau die Themen zu bearbeiten, die den Jugendlichen wichtig sind und wo sie sich alleingelassen fühlen”, so der Leiter des FLiP.

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