••• Von Martin Rümmele
Der Konflikt um ärztliche Hausapotheken beherrscht nicht erst seit einigen Wochen das Gesundheitswesen, sondern schon Jahre. Begonnen hat es unter anderem im Jahr 2005, als die damalige ÖVP-Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat ein Verbot von Naturalrabatten für ärztliche Hausapotheken durchgesetzt hat. Davor hatten ausgerechnet Apotheken publik gemacht, dass es Industrieangebote von bis zu 100% Naturalrabatt für ärztliche Apotheken gegeben hatte. 2016 hat sich dann die SPÖ-ÖVP-Koalition auf eine Neuregelung bei Hausapotheken verständigt, die das System nicht wirklich einfacher machte.
Viele Gesetzesänderungen
Konkret wurde fixiert, dass in flächenmäßig großen Gemeinden, in denen jetzt schon eine Apotheke vorhanden ist, in Zukunft ein Arzt auch dann eine Hausapotheke betreiben darf, wenn die Apotheke mehr als sechs Kilometer entfernt ist. Zudem kam es zu einer Nachfolgeregelung: Für bestehende Hausapotheken von Ärzten gilt, dass sie in einem Abstand von vier Kilometern zu einer öffentlichen Apotheke bestehen bleiben können; davor lag die Entfernung bei sechs Kilometern. Die Apotheken waren damals gegen die Änderungen. Nicht gänzlich geklärte wurde allerdings eine Änderung aus dem Jahr 2006, die der Verfassungsgerichtshof 2012 aufgehoben hatte. 2006 wurde eine zehnjährige gesetzliche Übergangsfrist fixiert, die den Weiterbetrieb der ärztlichen Hausapotheken bei Gründung einer Apotheke in Gemeinden mit zwei Ärzten auf drei Jahre beschränkt hatte. Als der VfGH die Regelung aufhob, wurde sie 2013 einstimmig im Nationalrat bis Ende 2018 verlängert. Seither sorgt die Dreijahresregelung für neue Debatten vor allem bei Ärzten. Erst im Frühjahr kam es zu einem Fall, wo ein Hausarzt seine Hausapotheke hätte aufgeben müssen, weil sich eine Apotheke in der Nähe niedergelassen hatte.
Konflikt seit dem Sommer
Für richtigen Sprengstoff sorgte allerdings im Sommer ein neuer Vorstoß der Apotheken, der die Ärzte erboste: Im Hinblick auf Lieferengpässe bei Medikamenten forderten Apotheken das Prinzip einer Wirkstoffverschreibung. Es sieht vor, dass Apotheken bei Rezepten Medikamente tauschen dürfen, wenn diese nicht verfügbar sind. Die Ärzte sahen darin einen Angriff auf ihre Verordnungsfreiheit und reagierten mit einer anderen Forderung: der nach einer Liberalisierung bei Hausapotheken, die es Ärzten überhaupt freistellt, ob sie eine Hausapotheke möchten. Unterstützung kam prompt von der Bundeswettbewerbsbehörde, die das Problem auf den Punkt brachte: Ärzte am Land bräuchten Hausapotheken nicht nur für die Versorgung, sondern auch als Einnahmequelle, weil die Landarztpraxis sonst unwirtschaftlich sei. Das wiederum schmerzt die Apotheken, die sich aufgrund sinkender Spannen bei immer billiger werdenden Medikamenten, ihrerseits wirtschaftlich unter Druck sehen. Die Krankenkassen wiederum möchten die bestehende Regelung nicht aufschnüren, um den Konflikt nicht weiter eskalieren zu lassen.
Auftrag für neue Regierung
„Die Arzneimittel- und Gesundheitsversorgung in ländlichen Regionen gerät immer mehr unter Druck und wir steuern, wenn hier nichts Wirksames passiert, geradewegs auf eine Versorgungskrise zu”, sagte zuletzt Johannes Steinhart, Vizepräsident der Ärztekammer und Obmann der Bundeskurie niedergelassene Ärzte. „Die Weichen müssen dringend neu gestellt werden.” Antwort der Apotheker: „Die bestmögliche Gesundheitsversorgung der Menschen auf dem Land kann nur von Ärzten und Apothekern gemeinsam aufrechterhalten werden – der Arzt diagnostiziert und verschreibt, der Apotheker kontrolliert, berät und gibt das Arzneimittel ab.” Klar ist: Eine Lösung wird wohl die neue Regierung suchen müssen, denn der seit Jahrzehnten schwelende Streit wird sonst nicht zur Ruhe kommen.