LONDON/WIEN. Aufregung im E-Health-Bereich: Der Internetgigant Google kann offenbar alle verfügbaren Informationen von 1,6 Mio. Patienten dreier großer Londoner Krankenhäuser scheinbar schon seit Monaten einsehen. Öffentlich wurde die Vereinbarung mit dem öffentlichen Gesundheitsunternehmen Royal Free NHS Trust Ende April durch ein Datenleck der Klinikkette, das das Fachmagazin New Scientist aufdeckte.
Google erhält demnach eine Live-Schaltung in die Patientenaufnahme sowie in die Befundübermittlung aus Pathologie und Radiologie; im Gegenzug will Google auch Daten senden – in Form eines Erkennungssystems und einer Entscheidungshilfe in der Notfallambulanz und der Intensivstation. In Österreich ist eine solche Kooperation gesetzlich verboten. Dennoch sehen Kritiker in der Entwicklung die Bedürfnisse des IT-Riesen.
Enormes Potenzial
Die österreichische Bioethikkommission hat erst im Vorjahr eine Stellungnahme zum Thema „Partizipative Medizin und Internet” abgeben. In dieser nimmt sie die Möglichkeiten und Gefahrenpotenziale der Internetnutzung unter die Lupe. Als ethische Herausforderungen hat sie die Qualitätssicherung der im Internet verfügbaren Daten und den Schutz der Privatsphäre vor intransparenter kommerzieller Nutzung identifiziert.
Experten sehen im Bereich E-Health enormes wirtschaftliches Potenzial. Rund 50 Mio. Menschen im deutschsprachigen Raum können über mehr als 8.000 Webdienste und Apps zu Gesundheitsthemen verfügen. Nutzer wünschen in diesem wachsenden digitalen Gesundheitsmarkt Orientierung durch Ärzte und Krankenkassen. Patienten verwenden das Internet zunehmend im Kontext ihrer individuellen Bedürfnisse und ihrer ärztlichen Therapie. Vor allem für Inhalte, die relevant sind für ihre Behandlung, Behandlungsalternativen und ärztliche Zweitmeinungen, interessieren sich die Menschen. Webdienste und Apps, die auf bestimmte Therapien zugeschnitten sind, zeigen Potenzial, die Therapietreue, das Patientenverhalten und somit die Versorgung verbessern zu können.