Pharmaindustrie nach Pandemie im Wandel
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HEALTH ECONOMY Redaktion 24.03.2023

Pharmaindustrie nach Pandemie im Wandel

Die „Sonderkonjunktur” durch die Coronakrise ist für die Pharmabranche vorbei. Firmen investieren jetzt Gewinne.

••• Von Martin Rümmele

BASEL/LONDON/PARIS/NEW YORK. Die Coronapandemie hat der Pharmaindustrie in den vergangenen Jahren ein ungeahntes Umsatzplus gebracht. Mit Branchenprimus Pfizer knackte auch erstmals ein Pharmaunternehmen dank Impfstoff und Covid-19-Medikament die 100 Mrd. USD-Umsatzgrenze. Jetzt flaut der Boom ab, und die Branche muss sich 2023 auf eine Wachstumsdelle einstellen – die Jahresausblicke der Branche ergaben fast überall Rückgänge.

Dazu kommen die multiplen Krisen, die den Unternehmen zusetzen: Ukrainekrieg, Energiekrise, gestiegene Kosten durch die Inflation, Lieferengpässe bei Wirkstoff- und Verpackungslieferanten und gleichzeitig ein hoher Druck auf die Arzneimittelpreise. Auch in Österreich schlägt sich die internationale Entwicklung nieder: Die Peter Hajek Public Opinion Strategies GmbH hat im Auftrag des Verbandes der pharmazeutischen Industrie Österreichs (Pharmig) wie berichtet einen Branchenbarometer erstellt und unter den Verbandsmitgliedern erhoben, wie sie die zukünftige Entwicklung des Pharmastandorts Österreich einschätzen.

Druck auch in Österreich

„Der Trend der Umfrage zeigt, dass die Rahmenbedingen in Österreich eher durchschnittlich eingeschätzt werden”, sagte Peter Hajek bei der Präsentation. Viele Unternehmen hätten in der Vergangenheit ihre Produktionen nach Asien ausgelagert. „Was Unternehmen in Österreich fehlt, ist eine langfristige Perspektive, um für die Zukunft planen und die Arzneimittelvielfalt erhalten zu können”, sagte Pharmig-Vizepräsident und Sigmapharm-Geschäftsführer Benhard Wittmann. „Die Unternehmen der pharmazeutischen Industrie können ihrer Verantwortung am Standort nur dann langfristig und dauerhaft nachkommen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Wir sehen aber, dass es, je nach Portfolio, für manche Unternehmen eng wird. Das betrifft sowohl jene, die im Generikabereich tätig sind, wie auch jene, die Forschung betreiben und Innovationen bereitstellen. Sie alle haben damit zu kämpfen, dass der Nutzen ihrer Produkte zu wenig oder gar nicht anerkannt wird”, erklärte Pharmig-Generalsekträr Alexander Herzog.

Rückgang in Deutschland

Auch die deutsche Pharmaindustrie erwartet nach glänzenden Geschäften mit Corona-Impfstoffen schwierigere Zeiten. Während die Sonderkonjunktur aus der Pandemie schwindet, spürt die Branche den Kostendruck aus der Politik und die teurere Energie. 2023 werde der Umsatz um knapp fünf Prozent und die Produktion um 1,8%, gemessen am Vorjahr, fallen, heißt es in einer Prognose des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (VFA). Allerdings gibt es auch Ausreißer; so erlebt etwa die Aktie des dänischen Pharmakonzerns NovoNordisk derzeit einen Höhenflug. Der Hersteller von Diabetesmedikamenten und Insulin profitiert von den wachsenden Erkrankungszahlen nicht nur in den Industriestaaten.

Branche im Kaufrausch

Reaktion der Branche: Das in der Pandemie verdiente Geld wird investiert in Übernahmen und Beteiligungen. Wie berichtet, übernimmt Pfizer das Biotechunternehmen Seagen für gut 40 Mrd. €. Der Krebsspezialist soll umsatzstarke Produkte in der Pipeline haben. Der französische Pharmakonzern Sanofi wiederum macht es NovoNordisk gleich und will sich im Diabetes-Geschäft mit der 2,7 Mrd. € schweren Übernahme des US-Biotechunternehmens Provention Bio verstärken. Der Schweizer Pharmakonzern Novartis wiederum hat ein neues Aktienrückkaufprogramm aufgelegt. Über die nächsten drei Jahre können maximal zehn Prozent der eigenen Namensaktien über eine separate Handelslinie an der Schweizer Börse SIX zurückgekauft werden.

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