Regierung legt Konzept gegen Lieferprobleme vor
© Phago/Bernhard Wolf
HEALTH ECONOMY Redaktion 10.11.2023

Regierung legt Konzept gegen Lieferprobleme vor

Apotheken sollen künftig im Notfall aus Wirkstoffen selbst Medikamente machen. Dazu wird ein Lager eingerichtet.

••• Von Katrin Grabner

WIEN. Wie schon im vergangenen Herbst und Winter gibt es auch in der heurigen Erkältungssaison wieder Lieferengpässe bei Medikamenten. Laut dem Fachverband der chemischen Industrie Österreichs (FCIO) waren Anfang November ganze 582 Arzneispezialitäten nur eingeschränkt verfügbar.

Damit es zu keinen Versorgungsproblemen kommt, haben sich das Gesundheitsministerium und der Pharmagroßhandel nun auf einen Notfallplan geeinigt.

Wirkstofflagerung fixiert

Gemeinsam mit dem Verband der österreichischen Arzneimittelvollgroßhändler (Phago) hat das Gesundheitsministerium die Errichtung eines Rohstofflagers für Arzneimittelwirkstoffe in Österreich beschlossen. Das Lager soll die nötigen Zutaten für gängige Antibiotika und für Medikamente gegen Erkältungssymptome umfassen. Bei Lieferausfällen werden die Wirkstoffe von 23 Standorten in ganz Österreich an die Apotheken verteilt, die dann über die sogenannten magistrale Zubereitung Medikamente selbst herstellen können.

Für die Österreichische Apothekerkammer ein wichtiger und richtiger Schritt: „Damit haben Apotheker und Apothekerinnen ein nützliches Werkzeug, um bestimmten Lieferengpässen bei Medikamenten effizient entgegenwirken zu können. Wir freuen uns, dass unsere Forderung umgesetzt wird”, erklärt Apothekerkammer-Präsidentin Ulrike Mursch-Edlmayr. Sie sieht in weiterer Folge nun die Sozialversicherung am Zug, die der Apothekerschaft „zugesicherte inflationskonforme Anpassung der Herstellungskosten umzusetzen”.
Die Beschaffung und Lagerung der Wirkstoffe, Hilfsstoffe und Packmittel wird durch den Pharmagroßhandel abgewickelt, der die Produkte bei Bedarf sofort an die Apotheken zur Weiterverarbeitung ausliefert. Um Engpässe und Lieferstände im Blick zu halten, wird der Großhandel in regelmäßigem Austausch mit dem Gesundheitsministerium und dem Dachverband der Sozialversicherungsträger stehen und Informationen weitergeben.

Geld für Pharmahandel

Neben der Einrichtung eines Lagers wurde außerdem ein sogenannter Infrastruktursicherungsbeitrag für Medikamente mit einem Preis unter 3,93 € vereinbart. Der Bund wird dem Pharmagroßhandel damit einen Teil jener Mehrkosten abgelten, die in den vergangenen Jahren entstanden sind. Ein entsprechendes Gesetz soll dem Parlament vorgelegt werden und rückwirkend ab 1. September 2023 gelten. Die Kostenschätzungen liegen bei 23 Mio. €.

Kritik zu den Plänen kommt von der Industrie. Es brauche langfristige und nachhaltigere Lösungen. „Dazu zählt die Inflationsanpassung bei jenen Medikamenten, deren Preise unter der Rezeptgebühr liegen. Ebenso sollten weitere regulatorische Anpassungen erfolgen und vor allem auch eine Standortstrategie entwickelt werden, um die Abhängigkeit von Asien bei der Medikamentenproduktion zu verringern”, kommentiert Ale­xander Herzog, Generalsekretär der Pharmig.

Minister hofft auf die EU

Beim FCIO sieht man das ähnlich: „Eine umfassende Strategie gegen anhaltende Arzneimittelengpässe sieht anders aus”, kommentiert Sylvia Hofinger, Geschäftsführerin des FCIO. Wer eine sichere Versorgung ohne Abhängigkeit von Lieferungen aus Niedriglohnländern wolle, müsse die höheren Herstellungskosten in Österreich bezahlen.

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) setzt indessen zusätzlich auf den von der EU-Kommission vorgeschlagenen europäischen Solidaritätsmechanismus, wo sich EU-Länder bei Bedarf gegenseitig mit Medikamentenlieferungen aushelfen sollen. „Mit dem Bündel an Maßnahmen sind wir bestmöglich gegen Engpässe gerüstet”, ist der Minister überzeugt.

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