Spardruck bremst
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Austromed-Präsident Gerald Gschlössl (r.) kritisierte bei einer Herbstdiskussion den Spardruck im Gesundheitswesen.
HEALTH ECONOMY Martin Rümmele 25.11.2016

Spardruck bremst

Die Medizinproduktebranche fürchtet, dass innovative Produkte immer später auf den Markt kommen.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. Das heimische Gesundheitssystem benötigt immer hochwertigere und sicherere Medizinprodukte. Dafür steht aber kaum mehr Geld zur Verfügung, kritisierten zuletzt die Hersteller bei ihren Herbstgesprächen. Der Spardruck führe langfristig dazu, dass Patienten moderne Produkte verwehrt werden, die jedoch Krankheitszeiten und Kosten reduzieren würden, betonten Vertreter der Branchengesellschaft Austromed.

Innovative Produkte

„Mit innovativen Medizinprodukten kann das Gesundheitssystem langfristig Kosten einsparen. Unser Ziel muss es sein, Methoden zu finden, die es ermöglichen, die Ersparnisse durch innovative Produkte in Zahlen zu fassen. Derzeit werden noch immer hauptsächlich die Stückkosten betrachtet und nicht die Prozesskosten”, kritisierte Austromed-Präsident ­Gerald Gschlössl.

In seiner Keynote betrachtete der Schweizer Gesundheitsökonom Willy Oggier die Gesundheitssysteme in Europa und zeigte dabei auf, dass in Österreich vor allem von der Gesundheitspolitik zu klären ist, welche Ziele man habe und mit welchen Rahmenbedingungen diese erreichbar sind. Vor allem angesichts einer immer weiter alternden Gesellschaft, bei der die Versorgung an Bedeutung gewinnt, müsse die Wirksamkeit der Maßnahmen vor der Wirtschaftlichkeit gereiht werden. Oggier kritisierte vor allem den mangelnden Willen, eine Strukturdiskussion im Gesundheitswesen zu führen, und forderte einen raschen Kultur- und Strukturwandel, da sonst Österreich im internationalen Vergleich noch weiter abzurutschen droht.
Im Anschluss an die Keynote diskutierte ein hochkarätig besetztes Podium das Spannungsfeld zwischen beschränkten Budgets und dringend notwendigen medizinischen Innovationen einer Branche, die enorme finanzielle Ressourcen für Forschung und Entwicklung aufbringen muss, aber diese Kosten kaum mehr erstattet bekommt.

Verordnung als Chance

Claudia Wild, Leiterin des Instituts für Health Technology ­Assessment des Ludwig Boltzmann Instituts, betonte in der Diskussion u.a., dass sie in der neuen EU-Medizinprodukteverordnung eine Chance sieht. Wild: „Verschärfte Vorschriften und die höhere Datentransparenz für die Zulassung von Hochrisikoprodukten könnten sich so ­positiv auf das Health Technology Assessment auswirken.”

Medizinprodukte reichen vom Herzschrittmacher über Hüft­implantate bis zum Pflaster. Die rund 100 Austromed-Mitgliedsfirmen beschäftigen 9.000 Mitarbeiter und schaffen eine Wertschöpfung von 1,5 Mrd. €.

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