Dem Sekt seine Zeit geben
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LUXURY BRANDS&RETAIL Wolfgang Schedelberger 30.11.2018

Dem Sekt seine Zeit geben

1989 kelterte Willi Bründlmayer als einer der ersten Winzer Österreichs einen eigenen Sekt. Er wurde zur Ikone.

Langenlois. Mit der Präsentation der „Großen Reserven” als Spitze der heimischen Sektpyramide rückt das Kamptal in den Mittelpunkt des Interesses. Wir trafen Sektpionier Willi Bründlmayer auf seinem Weingut zum Interview.

medianet:
Heute gehört es für einen Winzer fast schon zum guten Ton, einen eigenen Sekt im Programm zu haben. 1989 gab es für Winzersekte jedoch noch keinen Markt. Wieso haben Sie mit der Sektproduktion begonnen?

Willi Bründlmayer:
Weil ich mir und meiner Frau Edwige, die als gebürtige Französin seit jeher Champagner schätzt, beweisen wollte, dass ich das auch kann. Ich habe mich gut vorbereitet, und auch der Jahrgang hat gepasst. Unser erster Versuch ist auf Anhieb geglückt. Der Verkauf hat sich dann zwar etwas schleppend entwickelt, aber das war mir nicht so wichtig. Wenn man ein gutes Produkt hat, das mit der Zeit immer besser wird, hat man mit dem Verkauf ja keine Eile. Und das klassische Weingeschäft hat sich parallel dazu ja sehr gut entwickelt.

medianet:
Bis heute ist Ihr ‚Brut' eine Cuvée aus verschiedenen Rebsorten. Hat es Sie nicht interessiert, auch einen reinsortigen Sekt mit typisch österreichischen Rebsorten wie Riesling oder Grüner Veltliner zu machen?
Bründlmayer: Mit einer Cuvée ist es wesentlich einfacher, die perfekte Balance zu finden, und das ist beim Schaumwein das Um und Auf. Mich interessieren vielschichtige und elegante Sekte, bei denen es um Nuancen und Andeutungen und weniger um Primäraromen geht. Die Herausforderung bei der Sektherstellung liegt darin, stets ein harmonisches Gleichgewicht zwischen allen Parametern zu finden. Natürlich hätte es mich schon damals gereizt, einen reinsortigen Chardonnay-Sekt zu machen, aber dafür war die Zeit noch nicht reif, dazu ist es erst Jahre später mit unserem Blanc de Blancs gekommen, den wir nur in sehr guten Jahren keltern. Es gibt zwar einige gute reinsortige Sekte aus Grünem Veltliner und Riesling, aber das hat mich nie wirklich gereizt.

medianet:
Die Herstellung von stillen Weinen ist nach wie vor Ihr Kerngeschäft. Ist es nicht ein Nachteil, wenn man – im Gegensatz zu Spezialisten wie in der Champagne – Schaumweine nur ‚nebenher' macht?
Bründlmayer: Wenn man etwas nur ‚nebenher' macht, kann es nie großartig werden, aber das ist ja nicht der Fall. In unseren Sekten steckt jede Menge Herzblut drinnen, und mit rund 20 Prozent Anteil an der Produktion haben sie mittlerweile auch eine wirtschaftliche Bedeutung. Prinzipiell ist es eher von Vorteil, wenn man neben Schaumweinen auch Stillweine macht, weil man die eigenen Ressourcen wesentlich besser einsetzen kann. Das fängt schon im Weingarten an, wo das perfekte Zeitfens­ter für die Lese nur zwei Wochen beträgt, damit ich leichte und säurebetonte Grundweine für die Sekte keltern kann. Außerdem fällt es leichter, den Sekten in der Flasche jene Reifezeit zu geben, die sie einfach brauchen, um ihr tatsächliches Potenzial zu zeigen. Wir verkaufen unsere Sekte wirklich erst dann, wenn sie perfekt gereift sind.

medianet:
Wie lange braucht ein guter Sekt eigentlich, bis er sich perfekt präsentiert?
Bründlmayer: Das kommt natürlich auf die Stilistik an, aber wir wollen allen Schaumweinen zumindest 36 Monate Reifezeit geben. Vor allem die reinsortigen Blanc de Blancs lagern bei uns noch deutlich länger. Der aktuelle Jahrgang ist 2013, der 2014er zeigt sich noch relativ straff, wobei er auch schon Trinkspaß bereitet. Wenn man mit einer sehr niedrigen Dosage arbeitet, muss man Sekten besonders viel Zeit geben, weil man nichts kaschieren kann.

medianet:
Trotzdem vermarkten Sie Ihre Schaumweine nicht als Jahrgangssekte. Wieso?
Bründlmayer: Wir füllen immer wieder Jahrgangssekte und führen auch das Degorgierungsdatum auf jeder Flasche an. Aber mir geht es beim Sekt nicht darum, Qualität durch eine plakative Jahrgangsangabe auf dem Etikett zu vermitteln. Das würde manche Konsumenten sogar verwirren, und bei den Spezialitäten ist der Jahrgang ja durchaus vermerkt. Auch bei den großen Champagner-Häusern sind Vintage-Füllungen die Ausnahme. Natürlich wäre es als Winzer reizvoll, das Sektthema noch weiter auszudeklinieren und zusätzliche Spezialitäten in kleiner Serie zu füllen, aber das würde zum einen zulasten der Basisqualität gehen und zum anderen auch die Konsumenten überfordern. Ich denke, wir haben da einen gesunden Mittelweg gefunden.

medianet:
Wieso hat es eigentlich so lange gedauert, bis Sie Ihren ers­ten Rosésekt gefüllt haben?
Bründlmayer: Weil wir damals einfach zu wenig rote Trauben hatten und ich die geringen Mengen an Pinot Noir für meine Stillweine gebraucht habe. Erst als wir ein paar Weingärten eines Nachbarn erwerben konnten, hatten wir genug rote Trauben. Außerdem bin ich ein Perfektionist und habe lange darüber nachgedacht, wie für mich ein perfekter Rosésekt aus dem Kamptal schmecken soll. Wir machen unseren Rosésekt ganz bewusst nicht als reinsortigen Pinot Noir, sondern verwenden auch Zweigelt und St. Laurent. Der St. Laurent gibt eine wunderbare Struktur und eignet sich perfekt – wir haben da noch einiges vor.

medianet:
Das klingt ja spannend. Worauf darf man sich freuen?
Bründlmayer: Wir haben einen Blanc de Noir in der Pipeline, der sich vielversprechend entwickelt. In der Flasche ist er schon, aber wie bei der Sektherstellung üblich, ist Geduld gefragt. Wann wir ihn auf den Markt bringen werden, hängt von den laufenden Verkos­tungen ab. Wir warten ab, bis wir glauben, dass er sich auf einem ersten Höhepunkt befindet.

medianet:
Zu welchen Gelegenheiten trinken Sie gern Sekt?
Bründlmayer: Ich trinke regelmäßig Sekt, auch gern zum Essen. Gute Schaumweine sind grandiose Speisebegleiter, die sich nicht nur als Aperitif eignen. Wichtig ist, dass es sich um trockene Schaumweine mit Eleganz und Struktur handelt. Den Anstoß zu unserem ersten ‚extra brut' haben wir vor vielen Jahren von Karl und Rudi Obauer erhalten, die uns gefragt haben, ob wir nicht auch einen extrem trockenen Sekt keltern könnten.

medianet:
Und doch ist Sekt auch ein emotionales Getränk, das beim Feiern einfach nicht fehlen darf. Zu groß sollten Sektflaschen aber nicht sein, auch wenn sie noch so toll aussehen, oder?
Bründlmayer: Die Magnum ist ein perfektes Format, wenn mehrere Gäste da sind. Die Doppelmagnum macht optisch einiges her und verleiht einem besonderen Anlass auch die entsprechende Würde. Größere Formate füllen wir jedoch nicht, weil dann die Qualität leidet. Jenseits des Drei-Liter Formats häufen sich die Probleme bei der Flaschengärung, und Großflaschen mit dem Inhalt von mehreren kleinen Flaschen zu füllen, macht wenig Sinn.

medianet:
Seit Kurzem gibt es eine gesetzlich definierte Qualitätspyramide für österreichischen Qualitätssekt. Was halten Sie davon?
Bründlmayer: Das ist eine absolut gute Sache, weil es dadurch leichter wird, österreichische Sekte im Ausland zu vermarkten. Imagemäßig hinkt der Sekt den Stillweinen noch deutlich hinterher, obwohl auch viele Kollegen mittlerweile wirklich tolle Schaumweine machen. Ich bin ein Freund von Transparenz und klaren Spielregeln. Ich bin davon überzeugt, dass der österreichische Sekt eine große Zukunft hat.

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