Diamonds are forever
© My Diamond Ring
LUXURY BRANDS&RETAIL britta biron 26.03.2021

Diamonds are forever

Edler Diamant­schmuck ist gegen Corona zwar nicht immun, hat aber in der Krise deutlich besser abgeschnitten als die meisten anderen Luxusprodukte. Vor allem der Solitärring ist beliebt – als Liebes­symbol und als Anlage­objekt.

Boston/Antwerpen/London. Glänzend waren die Aussichten für Diamantschmuck schon Anfang 2020 nicht. Der Handelskrieg zwischen den USA und China sowie politische Unruhen und wirtschaftliche Unsicherheiten in weiteren wichtigen Märkten hatten das Interesse an edlem Schmuck gemindert. Verstärkt wurde das noch durch die für die Luxusbranche immer wichtigeren Kundengruppen, Millennials und Generation Z, die für funkelndes Geschmeide schon generell deutlich weniger übrighaben als ihre Eltern und Großeltern. Mit einem signifikanten Plus durfte man also nicht rechnen, aber zumindest standen die Chancen gut, das Umsatzniveau von 2019 zu halten.

Diese Erwartungen wurden von Corona zerschlagen. Mit 15% beziffert eine aktuelle Studie von Bain & Co und dem Antwerp World Diamond Centre’s (AWDC) das Umsatzminus von Diamantschmuck doch recht kräftig, aber immerhin deutlich moderater als jenes des gesamten Luxusmarkts (–23%) oder anderer Teilbereiche (Mode und Uhren jeweils –30%, Kunst –40% oder Hotellerie –60%).

E-Commerce als Treiber

Das vergleichsweise gute Abschneiden hat mehrere Gründe. So hat sich in den USA und in China – auf die beiden Märkte entfällt gut die Hälfte des gesamten Absatzvolumens – die Nachfrage ab dem Sommer wieder deutlich erholt: Die Umsätze des 3. Quartals lagen um drei bzw. zehn Prozent über jenen des Vergleichszeitraums 2019, auf Basis der vorläufigen Zahlen rechnen Bain und das AWDC für das 4. Quartal mit einem Plus zwischen fünf und zehn Prozent bzw. 15 bis 20%. In den restlichen Märkten zeigt sich zwar noch keine generelle Rückkehr ins Plus, aber zumindest die starke Abwärtstendenz hat sich im Lauf des zweiten Halbjahrs deutlich eingebremst.
Ein wichtiger Treiber in allen Ländern war der E-Commerce, auf den immer mehr Käufer – gezwungen durch geschlossene Ladenlokale – ausgewichen sind. Mittlerweile wird – so die Bain-Studie – bereits jedes fünfte Diamantschmuckstück online gekauft; 2019 lag die Quote erst bei 13%.
Dass hochwertiger Diamant­schmuck in der Krise profitieren konnte, liegt auch daran, dass er seinen Wert im wahrsten Sinne des Wortes behält und daher ein beliebtes Anlageobjekt ist. Dagegen lassen sich Kleidung und Accessoires von Nobelmarken – von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, wie zum Beispiel Hermès-Handtaschen – meist nur mit deutlichem Verlust wieder zu Geld machen. Darüber hinaus hatten die edlen Pretiosen im Vorjahr auch deutlich weniger Konkurrenz durch den Tourismus oder die Gastronomie.

Romantik als Motivation

Und last but not least spielt auch die Romantik eine wichtige Rolle. Denn Diamantschmuck gilt als Liebes­beweis und eines der beliebtesten Geschenke. Mit dem Slogan „Diamonds are forever” hatte der Diamanten-Konzern de Beers ab 1947 am US-Markt die Werbetrommel für den Diamantring zur Verlobung gerührt. Hollywoodromanzen, die Medien und später dann die Sozialen Netzwerke haben dafür gesorgt, dass auch in anderen Ländern kaum ein Mann die entscheidende Frage ohne Diamantring an seine Angebetete stellt.

Hochkarätige Zuneigung

Und wie die von de Beers im Vorjahr durchgeführten Befragungen von Juwelieren und Konsumenten in den USA zeigen, hat Corona nichts daran geändert – eher im Gegenteil. 65% der Kunden sagten, dass sich ihr Wunsch, einem geliebten Menschen ein besonderes Geschenk zu machen, im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie erhöht hat; unter jenen, die in einer Partnerschaft leben, waren es sogar 77%. Und hochkarätiger Schmuck – auf Platz 1 liegt der Diamantring, gefolgt von passenden Anhängern und Broschen – ist dabei oft die erste Wahl.

Die Juweliere gaben an, dass sie 2020 mehr und auch hochpreisigere Verlobungsringe verkauft hätten als in den Jahren davor. Als Grund nannten sie mehrheitlich, dass viele Brautpaare Einsparungen durch kleinere Feiern und/oder den Verzicht auf die Hochzeitsreise in einen wertvolleren Verlobungsring oder ein zusätzliches Schmuckstück investiert haben.

Verliebt, verlobt …

Das hält auch Bruce Cleaver, CEO der De Beers Group, für eine logische Erklärung, hat aber noch eine weitere: „Viele Paare sind sich durch die Pandemie näher gekommen, sicherer geworden, dass sie zusammenbleiben wollen und haben sich schneller als ursprünglich geplant verlobt. In einer solchen Situation ist die symbolische Bedeutung des Verlobungsrings natürlich besonders hoch.”

Daten aus einer Umfrage der Verlobungs- und Hochzeits-Plattform The Knot, die mitten in der Pandemie durchgeführt wurde, bestätigen das. Auf die Frage, welche Themen sie rund um die Hochzeit am meisten beschäftigen, nannten die meisten Bräute, nämlich 54%,den Verlobungsring; die Form des Antrags (44%), die Planung der Hochzeitsfeier (32%) oder der Flitterwochen (13%) spielen in Corona-Zeiten offenbar eine weniger wichtige Rolle.
Und wie sieht es in Öster­reich aus? Darauf geben weder die Umfrage von de Beers noch die Bain-Studie Antworten, und sofern Wirtschaftskammer und Handelsverband überhaupt schon konkrete Zahlen zu den Auswirkungen von Corona erhoben haben, gehen diese nicht so sehr ins Detail, um auch Aussagen über den gehobenen Schmuckhandel machen zu können.

… verheiratet

Ein Indiz dafür, dass der Verlobungsring durch die Pandemie aber auch hierzulande an Strahlkraft gewinnt, ist, dass ihn das Branchenfachmagazin Der Juwelier stark in den Fokus rückt. Im Vorjahr wurde in Österreich und Deutschland eine Umfrage zu diesem Schmuckstück durchgeführt, Anfang 2021 eine eigene Verlobungs- und Hochzeits-Rubrik auf der Website eingerichtet und ein Sonderheft herausgegeben. Zwar habe der Verlobungsring schon in den vergangenen Jahren kontinuierlich an Bedeutung gewonnen, aber „das Gros der Juweliere konzentriert sich rund um die Themen Verlobung & Hochzeit bisher vor allem auf die Trauringe”, sagt Herausgeber Alexander Meth. Mit der Initiative will er den Handel motivieren, sich künftig stärker dem Verlobungsring zu widmen, der seiner Ansicht nach noch viel Potenzial für zusätzlichen Umsatz bietet. Eine Umfrage vor drei Jahren habe gezeigt, dass mehr als drei Viertel der Verlobungsring-Umsätze auf eher günstige Modelle in der Preisklasse von 250 bis 1.000 € entfallen. Dass die Kunden durchaus bereit sind, für emotional besetzte Schmuckstücke mehr auszugeben, zeige sich etwa daran, dass der Durchschnittspreise für Trauringe seit Jahren kontinuierlich steigt – von 990 auf derzeit 1.450 €.

Emotionale Werte

medianet wollte es noch genauer wissen und hat Juweliere im Premium- und Luxussegment befragt. „Wir haben 2020 mehr Verlobungsringe verkauft als im Jahr davor, und die Tendenz ist weiter steigend”, sagt Andreas Kopf, Juniorchef von Juwelier Kopf in Götzis. Zwar seien viele Hochzeitsmessen ausgefallen und verstärkte Social Media-Aktivitäten dafür nur ein teilweiser Ersatz, „aber im Corona-Jahr ist uns zugutegekommen, dass wir seit Langem einen sehr guten Ruf als Spezialist für Verlobungs- und Trauringe in der gesamten Region haben.” Freuen kann sich Kopf auch darüber, dass seine Kunden sehr qualitätsbewusst sind und dafür auch gern tiefer in die Tasche greifen. Zwischen 2.500 und 4.000 € würden im Schnitt in den Verlobungsring investiert, Modelle aus Platin machen rund die Hälfte des Verkaufsvolumens aus, und fast 90% der Verlobungsringe sind Sonderanfertigungen aus dem eigenen Atelier. Am beliebtesten sei zwar weiterhin der klassische Diamantsolitär, aber die Nachfrage nach Lady Di-Modellen mit blauem Saphir habe – vermutlich durch die Netflix-Serie „The Crown” – deutlich zugenommen.

Vera Kröpfl von Juwelier Kröpfl im Eisenstadt sieht beim Schmuck auch die Tendenz, dass mehr in den Verlobungsring investiert wird: „Einerseits will man sich etwas Schönen gönnen, andererseits spielt vor allem in schwierigen Zeiten auch der Anlagegedanke eine wichtigere Rolle.” Gefragt seien klassische Modelle mit schmaler Ringschiene und Krappenfassung sowie Memoireringe ab etwa 1.500 bis 2.000 €. „Der Verlobungsring hat schon bisher in unserem Sortiment eine große Rolle gespielt, und wir rücken ihn jetzt noch stärker in den Fokus unserer Kunden. Seit Anfang des Jahres sind wir Premiumpartner von Meisterschmuck, einem der führenden Hersteller von Verlobungs- und Trauringen.”

Schmuck statt Urlaub

Negative Einflüsse durch die Pandemie sieht auch Julien Rossier, seit Anfang 2021 Geschäftsführer der Wiener Niederlassung von Bucherer, nicht: „Ich habe keine Veränderung in den Umsatzzahlen feststellen können. Was wir aber von unseren Kolleginnen des Verkaufsteams vernommen haben, zeigt jedoch deutlich, dass sich die Kundschaft selbst etwas Gutes tun möchte und z.B. das geplante Urlaubsgeld in ein Schmuckstück wie einen Verlobungsring inves­tiert wird. Denn auch der Moment des Schenkens kann, ähnlich wie eben Ferien, für immer in Erinnerung bleiben.” Am häufigsten über den Ladentisch gehen in Öster­reich, aber auch in der Schweiz und Deutschland klassische Modelle aus Weißgold mit Brillanten in Krappenfassung. „Aber der Anteil von Gelb- oder Rotgold steigt seit mehreren Jahren und macht heute in etwa 20% aus. Dass der Brillantschliff mit über 90% der klare Favorit ist, liegt daran, dass seine optimalen Proportionen dem Edelstein in jedem Fall das stärkste Feuer verleihen. Der Anteil der Fancy Cuts ist in den letzten Jahren in etwa gleich geblieben. Was sich ändert, ist die Verlagerung z.B. vom Cushion- zum Smaragdschliff und dann zur Tropfenform.” Dass Diamanten in der Krise wieder vermehrt als Anlageobjekt gekauft werden, sieht Rossier auch dadurch bestätigt, dass der Absatz von losen Edelsteinen gestiegen ist.

Klassiker & Bestseller

Anton Heldwein, Chef des traditionsreichen Schmuckhauses am Graben, bestätigt den Trend zum Verlobungsring: „Sein Anteil in unserem Sortiment steigt kontinuierlich. Wir variieren immer wieder unsere Modelle und bieten zusätzlich unseren Klassiker aus der Atelier-Kollektion, ‚1902', nicht nur mit Farbedelsteinen an, die beim Verlobungsring leider kaum eine Rolle spielen, sondern auch mit Brillanten. Der ist bei unseren Kunden der uneingeschränkte Bestseller. Der an sich klassische, österreichische Verlobungsring mit drei Edelsteinen wurde in den letzten Jahrzehnten durch den Diamantsolitär stark verdrängt.” Was das Edelmetall betrifft, bevorzugt die Heldwein-Klientel eindeutig Weißgold und Platin: „Diese Materialien heben das Strahlen der Diamanten am schönsten hervor.”

Etwas experimentierfreudiger ist die Kundschaft von Juwelier Nadler in Salzburg, wo man bei Diamantschmuck vor allem auf die eigenen Kollektionen setzt. „Ein beliebter Farbtrend ist derzeit Roségold, oft wird der zentrale Solitär noch mit seitlichen Brillanten kombiniert”, sagt Geschäftsführerin Annalisa Nadler und bestätigt, dass durch den Wunsch nach Beständigkeit eher in hochwertige Schmuckstücke investiert wird. „Bei Trauringen ist derzeit Platin sehr gefragt, da die Preisentwicklung für den Kunden sehr gut ist. Dennoch ist es vor allem wichtig, dass sich der Kunde wohlfühlt mit dem Schmuckstück – unabhängig von Trends.”

Erlaubt? Was gefällt!

Das Motto „erlaubt ist, was gefällt” steht bei der Wiener Goldschmiedin Katie Gruber noch deutlicher im Zentrum: „Viele Ringe werden heutzutage als Verlobungsringe verwendet, nicht nur klassische Diamant-Solitär. Wir ermutigen unsere Kunden, hier immer an die Persönlichkeit der Partnerin bzw. des Partners zu denken, und den Ring in Anbetracht der individuellen Vorlieben auszuwählen. Hier geht es um ein Symbol, das die einzigartige Verbindung zweier Menschen repräsentiert, nicht um ein Statussymbol.”

Sie schätzt, dass Verlobungsringe zwischen 20 und 30% ihres Sortiments ausmachen. „Wir haben zwar auch fertige Modelle, jedoch wird der Großteil der Verlobungsringe personalisiert oder komplett nach Kundenwunsch entworfen und gefertigt.” Am beliebtesten sei derzeit das Modell aus der Hammered-Kollektion mit einem oder drei Brillanten. „Tragespuren fügen sich in die unregelmäßige Oberfläche ein, wodurch der Ring über die Jahre nur noch persönlicher wird. Ein weiterer Vorteil ist, dass man im Lauf der Zeit noch weitere Steine hinzufügen lassen kann, etwa, um einen besonderen Anlass, wie die Geburt eines Kindes, im Ring zu verewigen.”

Da der Verlobungsring immer häufiger gemeinsam mit dem Trauring getragen werde, stehe die Alltagstauglichkeit und der Tragekomfort des Schmuckstücks stärker im Fokus. „Daher werden zum Beispiel die Brillanten oft tiefer gefasst, damit sie weniger im Weg stehen und nicht an Kleidungsstücken hängenbleiben.” Dass sich die Nachfrage nach Verlobungsringen durch Corona erhöht habe, kann sie nicht bestätigen. „Die Zahl der Verlobungen ist meiner Einschätzung nach ungefähr gleich geblieben, aber man sieht, dass in Zeiten wie diesen gerne in hochwertige Dinge investiert wird, die ein Leben lang Freude bereiten.”

Hauptsache individuell

Das sieht die Wiener Gold­schmiedin Lena Kris ebenso. „Außerdem kann man beobachten, dass das Interesse, lokale, kleinere Betriebe zu unterstützen, in gewissen Kreisen durch die Coronakrise größer geworden ist und auch das Handwerk insgesamt wieder mehr geschätzt wird.” Was ihre Kunden sonst noch besonders schätzen, ist Individualität. „Allerdings soll der Verlobungsring trotzdem eindeutig als solcher erkennbar sein und ein klares Zentrum haben. Das muss aber nicht zwangsläufig ein Brillant oder überhaupt ein Edelstein sein. Ein beliebtes Modell aus meinem Sortiment ist ein Ring mit einer Schlaufe in der Mitte.” Auch der neue Narcissus Ring mit gel­bem Saphir aus der Serie „Collection of Fragments” wird gern als Verlobungsring genommen. „Wie alle meine Schmuckstücke ist das Design aus einer speziellen Idee entstanden. Angelehnt an die mythologische Geschichte von Narziss, soll der Ring ein Symbol dafür sein, dass wir einander gegenseitig brauchen, um unsere eigene Schönheit erkennen zu können.”

Fancy Cuts

Eine große Herausforderung für alle Juweliere und Goldschmiede waren natürlich die Lockdowns, manche, wie z.B. Kopf, haben im Vorjahr einen Onlineshop gestartet, andere wie Kröpfl über die Sozialen Medien Kontakt zu ihren Kunden gehalten.

Zu den wenigen, die schon vor Corona auf den auch für Schmuck immer wichtigeren E-Commerce und daneben ganz auf den Verlobungsring gesetzt haben und davon jetzt profitieren, zählt Lukas E. Schullin, Mitglied der bekannten Wiener Juweliersfamilie. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Oriane hat er schon 2019 mit „My Diamond Ring” eine Marke an den Start gebracht, die den klassischen Solitärring einer vorwiegend jungen und internet-affinen Kundschaft schmackhaft und leicht zugänglich macht. „Unsere Kunden genießen den Umstand, dass sie während des Lockdowns von Zuhause aus das Sortiment begutachten, verschiedene Konfigurationsmöglichkeiten ausprobieren, sich umfassend informieren und dann auch online bestellen können, umso mehr”, erklärt er und sieht durchaus auch eine Tendenz zu höherpreisigen Modellen. Am liebs­ten werden die eher klassischen Designs gekauft, doch Fancy Cuts gewinnen an Bedeutung. „Irrsinnig gefragt sind momentan Tropfen-Schliffe, in Weiß- und Gelbgold gefasst. Farbedelsteine spielen in Europa noch keine allzu große Rolle, aber der Trend kommt, und hier werden vor allem Saphir, Rubin und Smaragd wichtig sein.” Dass Schullin auch für schwarze Diamanten eine steigende Nachfrage sieht, ist kein Hinweis darauf, dass dem Verlobungsring düstere Zeiten bevorstehen. Ganz im Gegenteil: Immerhin hat er in einer der größten Krisen bewiesen, wie wichtig er ist – als dekoratives Schmuckstück und als Liebessymbol.

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