„Brunners volle Kassen”
© Georg Wilke
Eugen Schmidt
MARKETING & MEDIA Redaktion 19.01.2024

„Brunners volle Kassen”

Aus Sicht des Online-Vermarkterkreises lässt sich aus dem guten Modell der Digitalsteuer ein besseres Modell der Standortentwicklung machen.

Gastbeitrag ••• Von Eugen Schmidt

Für Finanzminister Magnus Brunner mag es ein Grund zur Freude sein, dass sich der Fiskus für 2023 über Einnahmen aus der Digitalsteuer in der Höhe von beachtlichen 103 Millionen Euro freuen darf. In trockenen Zahlen betrachtet, bedeutet der Geldsegen aus der fünfprozentigen Abgabe, dass sich über 2,06 Milliarden Euro an digitalen Werbespendings auf die Reise überwiegend nach Übersee begeben haben.

Kaum Spuren von Google & Co.

Hierzulande haben sie wenig Spuren hinterlassen, wenn man in Dimensionen wie Arbeitsplätzen, Forschung und Entwicklung oder Wertschöpfung denkt. Dem gegenüber stehen beispielsweise 23 Prozent Körperschaftssteuer (ab 2024), die österreichische Unternehmen jährlich zu entrichten haben. Ganz zu schweigen von den Lohnnebenkosten, die sie für ihre Mitarbeiter entrichten und damit das heimische Sozialsystem am Laufen halten. Für den rot-weiß-roten Digitalwerbemarkt liegen noch keine abschließenden Zahlen vor. Die „Momentum Spendingstudie 2022 und Prognose 2023” schätzte ihn Mitte letzten Jahres auf rund 2,63 Milliarden Euro ein. Die erste bittere Erkenntnis: Knapp 80 Prozent aller Digitalspendings landen bei den globalen Plattformen.

In der Österreichischen Web Analyse sind aktuell 119 Digitalangebote gelistet, auf die überschlagsmäßig also Werbeeinnahmen von 570 Millionen Euro entfallen könnten. In der einfachsten Milchmädchenrechnung wären das knappe 4,8 Millionen Euro, die jedes der gelisteten Online-Angebote in seine Taschen stecken könnten. Österreichs größter Zeitungsverlagskonzern weist jährlich einen Umsatz von rund 400 Millionen Euro aus.
Um bei den theoretischen Rechenspielen zu bleiben: Würden die Einnahmen aus der Digitalsteuer als Förderung auf die in der ÖWA gelisteten Angebote aufgeteilt werden, könnte sich jedes Angebot noch immer über rund 865.000 Euro freuen. Weit gefehlt – so ist es nicht! Von den aus der Digitalsteuer eingenommenen 103 Millionen Euro wird nur ein knappes Fünftel wieder in den Medienstandort reinvestiert. Die zweite bittere Erkenntnis: Die Förderung für digitale Transformation ist mit 20 Millionen Euro jährlich gedeckelt und wird trotz enormer Inflation auch nicht valorisiert.

Zu wenig Förderung

Das führt direkt zur dritten bitteren Erkenntnis: Diese Förderung ist nicht auf die nachhaltige Entwicklung eines robusten und vielseitigen digitalen Medienmarkts ausgerichtet. Im fortgeschrittenen 21. Jahrhundert unterstützt sie traditionelle Medien bei der digitalen Transformation.

Mit teils sehr spannenden Auswüchsen wie Online-TV-Experimenten, die nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Dem Vernehmen nach sollen sogar Newsletter förderungswürdig sein, wenn sie denn als innovatives Digitalprojekt richtig eingereicht werden.
Durch die Digitalsteuer werden keine Digitalmedien gefördert.
Als nicht förderungswürdig gelten hingegen reine Digitalmedien oder Neugründungen – also exakt jene Unternehmen, die künftig zur Wahrung des Medienpluralismus unabdingbar sind. Ihre Importanz wird sich schon im Superwahljahr 2024 manifestieren. Nicht nur, dass jene Medien demokratiepolitisch essenziell sind – sie bieten der werbetreibenden Wirtschaft die sicheren und vertrauenswürdigen Umfelder. Um diese Aufgaben wahrnehmen und sich im globalen Wettbewerb behaupten zu können, müssen sie in ihre Redaktionen, Technologien sowie Forschung und Entwicklung investieren. Damit leisten sie wiederum Wertschöpfung in Österreich und sichern den vitalen Digitalstandort langfristig ab. Können sie das nicht tun, wird noch mehr Werbegeld zu den globalen Plattformen abfließen.

Digitales Hintertreffen droht

So lange die Forderungen des Online-Vermarkterkreises unbeachtet bleiben, wird sich die Katze also weiter in den Schwanz beißen. Das Konzept der Interessenvertretung der österreichischen Medien und Digitalvermarkter ist ebenso simpel wie logisch – es müsste nur schnell umgesetzt werden, damit Österreich nicht ins digitale Hintertreffen gerät.

Steuer in Markt investieren

Der Online-Vermarkterkreis setzt sich konsequent dafür ein, die Einnahmen aus der Digitalsteuer zur Gänze in den heimischen Markt zu investieren. Priorität müssen dabei Digitalmedien als großteils kostenlos zugängliche Informationsquelle für die Menschen in diesem Land genießen.

Ebenso müssen Digitalvermarkter berücksichtigt werden. Sie schaffen die Basis für die Monetarisierung der Digitalmedien und stellen langfristig sicher, dass qualitativer Journalismus durch den Werbemarkt finanziert wird und unabhängig bleibt.
Mit der Einführung der Digitalsteuer ist Österreich 2020 mit Gewissheit ein großer Schritt geglückt. Jetzt muss der zweite folgen, um in Richtung digitale Zukunft zu gehen.

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