Kommentar ••• Von Dinko Fejzuli
GEFÜHLSLAGE. Vor vielen Jahren meinte mal ein auch noch heute wichtiger Agentur-Chef, als es um das Verhältnis Auftraggeber und Auftragnehmer ging, zu mir: „Ein sehr wichtiger Auftraggeber kann seine Agentur so schlecht behandeln, wie er will – er wird dann aber nie die beste Leistung der Agentur bekommen. Nicht, weil diese absichtlich sabotieren würden, sondern allein aus dem Gefühl heraus, schlecht behandelt zu werden, werden sie unbewusst schlechtere Leistungen liefern.”
Gehalt je nach Umsatz
Ähnliches dürfte sich der Züricher Gastronom Michel Péclard gedacht haben und er führte kürzlich in seinem Betrieb den Umsatzlohn für das Servicepersonal ein. Und so verdienten seine Kellner bei einem Branchenmindestlohn von ca. 3.800 Franken (3.900 €) plötzlich im Extremfall bis zu 16.000 Schweizer Franken, umgerechnet also über 17.000 Euro.
Seine Erklärung für den plötzlichen Mehrumsatz seiner Servicekräfte: Diese würden nun wie Unternehmer denken, so Péclard.
Ein durchaus wünschenswerter Zustand, doch was sagen eigentlich die Mitarbeiter, die vorne im Gastraum nicht zu sehen sind und zum Teil gar keinen Einfluss darauf haben, ob und wie viel der Kellner dem Gast an teurem Wein und anderen Dingen extra verkauft und so selbst auch mehr verdient. Die Abwäscherin mit ihrem Mindestlohn hat keine Möglichkeit, mehr zu waschen oder anders zum Umsatz beizutragen, außer ihren Job möglichst sorgfältig zu tun.
Und so wird es vermutlich ein faires Verteilungssystem nach hinten in die Küche geben müssen, denn ansonsten werden einige Kolleginnen und Kollegen das Fünffache dessen verdienen wie andere, und schlechte Stimmung wird sich breit machen – und das ist pures Gift für jedes Unternehmen.
Grundsätzlich ist aber nichts Schlechtes daran, wenn sich Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen identifizieren – die Frage ist nur, wie man das erreicht. Geld allein wird es nicht sein.