••• Von Chris Radda und Georg Sohler
In den letzten 30 Jahren haben wir die ARA als Role Model der Kreislaufwirtschaft etabliert”, erklärt Vorstand Harald Hauke in den retail conversations mit medianet-Herausgeber Chris Radda. Die Altstoff Recycling Austria AG wurde 1993 gegründet. Das Unternehmen sammelt, transportiert und recycelt Altstoffe. Das Hauptziel ist es, die Recycling- und Wiederverwendungsquoten in Österreich zu erhöhen und gleichzeitig die Umweltauswirkungen zu minimieren.
Ein Vorzeigeprojekt sei die ARA, weil man in drei Bereichen sehr gut aufgestellt ist: „Die meisten unserer Sammel- und Recyclingziele wurden erreicht oder übertroffen – 80 Prozent Recyclingquote bei Glas, Papier, Metall sowie die EU-Ziele 2030 sind bereits heute erreicht und auch alle ARA-Prozesse weisen einen sehr hohen Digitalisierungsgrad auf.” Letzterer beträgt übrigens 100%, sowohl hinsichtlich Kunden, als auch bezüglich Logistik.
Das wichtigste allerdings ist, dass die Bevölkerung die Maßnahmen, die die ARA vorantreibt, auch akzeptiert: „Die Mülltrennung und -sammlung hat eine 93%ige Akzeptanz in der Bevölkerung erreicht. Darum sehen wir uns auch als Consultants, weil wir wissen, wie Kreislaufwirtschaft aufgesetzt werden muss.” Weil es so hohe Erfahrungswerte gibt und das Thema Service großgeschrieben werde, hat die ARA rund 75% Marktanteil – obwohl es 2015 eine Liberalisierung des Marktes und somit einen Wettbewerb gibt.
Starkes Team
Einen Schritt zurück. Es gibt 172 Mitglieder (147 ordentliche, 25 fördernde), die in einem Trägerverein organisiert sind. Darunter finden sich große Namen wie Coca-Cola, Nestlé, P&G sowie der österreichische Handel und die österreichische Industrie. Eingeteilt sind diese in den drei Kurien Verpackungshersteller, Handel und Abfüller/Abpacker/Importeure. Letztere ist mit mehr als der Hälfte die größte Gruppe.
Zusammen sorgen die Unternehmen für rund 80 Mrd. € Umsatz, sie haben ca. 140.000 Beschäftigte. Insgesamt sind gut zwei Mio. Behälter im Umlauf. Hinzu kommt der gelbe Sack. Österreich sammelt 1.620 kg Verpackungen pro Kopf. Als Kunden hat die ARA rund 16.000 Unternehmen.
„Insgesamt gibt es für die neun Millionen Österreicher und Menschen, die hier leben, rund vier Millionen Kontaktpunkte, die Verpackungen zurückzugeben”, so Hauke. Bei Glas, Papier und Metall erreicht man die EU-Ziele für 2025, zum Teil für 2030. Bei Kunststoff liegt die Recyclingquote bei 22,5%, man kommt auf 25%. Bis 2025 muss diese Quote aber verdoppelt werden.
Mehr Sortiertiefe
Gemeinsam mit Bernegger und dem Grünen Punkt hat man deshalb die größte und modernste Kunststoffsortieranlage gebaut, diese nimmt dieser Tage im Ennshafen in Oberösterreich den Betrieb auf.
Geplant ist zudem eine weitere Aufbereitungsanlage. Warum es das braucht? „Wir erreichen in der Kunststoffsortieranlage eine Sortiertiefe von 80 Prozent”, führt er aus, „die restlichen 20 Prozent gehen in die sogenannte Upcycling-Anlage, da können wir noch einmal die Hälfte verwenden. Somit können wir fast alles, was wir in den gelben Säcken finden, wieder dem Recycling zuführen.” Die Umsetzung startet im kommenden Sommer.
Neue Wege
Die ARA tritt also, recht atypisch, als Investor auf. Aber eine höhere Sortiertiefe und kompetitivere Lizenztarife für die eigenen Kunden sind eine Investition in die Zukunft, da die Verpackungen dann sehr hohe Recyclingquoten aufweisen müssen. Aus dem Material, das in den gelben Säcken gesammelt wird, lässt sich dieser Rohstoff der Zukunft sammeln. Bei PET funktioniere das schon recht gut, bei anderen Kunststoffen muss noch nachgeschärft werden. Konkret handelt es sich hier bei um Polyolefine (Anm.: Polymere, also gesättigte Kohlenwasserstoffe, welche die mengenmäßig größte Gruppe der Kunststoffe stellen.) „Wir können das Material dann so aufbereiten, dass unsere Kunden das Recyclat für ihre Verpackungen verwenden können”, sagt er.
Letztlich schafft dies Mehrwert für die Umwelt, wie eine laufende B2B-Kampagne aufzeigen soll. Der Claim lautet „Wir wollen deine Verpackung zurück”, wobei „Verpackung” durchgestrichen ist und durch das Wort „Rohstoffe” ersetzt. Von der U-Bahn, über Social Media bis hin zu einer geplanten Plakatkampagne gibt es nun Sujets der ARA gemeinsam mit deren Partnern: „Wir bringen die Power unserer Kunden mit unserer zusammen. So zeigen wir der Bevölkerung, dass eine Verpackung nicht irgendein Mist ist, sondern ein wertvoller Rohstoff, den wir brauchen.” Übrigens: Die ARA hat für die Plakatflächen einen guten Tarif für die Kunden ausgehandelt.
Bei der Jugend ansetzen
Im Fokus stehen zudem Kinder und Jugendliche. Denn: Verliere man diese, würde man in einigen Jahren wieder bei null anfangen. So gibt es bereits Angebote für Kindergärten, um über Recycling aufzuklären; das erstreckt sich über die gesamte Schullaufbahn bis in die Oberstufe. Die Unterrichtsmaterialien kommen dabei direkt und aufs Alter zugeschnitten von der ARA. „Es geht immer darum, wie einfach und wertvoll es ist, die Verpackungen zu sammeln”, erklärt er.
Vermutlich ist dieser frühe Ansatz mit ein Grund, warum die Österreicher so zufrieden sind mit der ARA: „Wenn die Bevölkerung nicht mitmacht, nutzt uns die beste Anlage nichts.”
Damit das so bleibt, denkt man in alle Richtungen. Es gibt eine eigene App („Digi-Cycle”), mit der das Unternehmen mit den Menschen in Kontakt bleiben kann. Interessierte können in der App nachsehen, welche Materialien wie recycelt werden müssen.
Eine weitere Initiative ist beispielsweise auch das Recycling der seit einigen Jahren trendigen Kaffeekapseln: „Wir haben hier europaweit hohe Sammelquoten, wollen das aber noch weiter nach oben bringen. Egal ob Kunststoff oder Aluminium – es wäre schade, wenn das einfach im Restmüll landet.”
Reduce, Reuse, Recycle
Mülltrennung wird immer wichtiger – nicht zuletzt deshalb, weil von EU bis hin zu den Unternehmen vermehrt auf Reduzierung von Abfall gesetzt wird, der anfallende wieder verwendet bzw. weitgehend recycelt werden soll. „Es gibt klare Vorgaben, dass die Verpackungsmenge in Europa bis 2030 gegenüber 2018 um fünf Prozent reduziert werden muss. Das klingt nicht nach viel, ist es aber”, führt er aus. „Es gibt Mehrwegquoten, gewisse Verpackungsanteile müssen eine Mindestrecyclatquote haben.” Durchaus eine Herausforderung, wie er klarstellt.
Wie wirken sich die Krisen der letzten Jahre aus? Wie bewertet die Wirtschaft all das? Diese Einschätzungen von ARA-Vorstand Harald Hauke gibt es online:
Den gesamten retail conversations-Beitrag sehen Sie hier:
https://tv.medianet.at/video/retail-30-jahre-ara-system
Redaktion TV: Willy Bauer