Es braucht mehr Medienverträglichkeit
© Johannes Brunnbauer
IAA-Präsident Walter Zinggl und Claus Grewenig, Bereichsleiter Medienpolitik RTL Deutschland.
MARKETING & MEDIA Redaktion 24.09.2021

Es braucht mehr Medienverträglichkeit

Die IAA lud zum Talk: Wer sind die Big Player und welche europäischen Vorhaben sind medienpolitisch relevant.

••• Von Dinko Fejzuli

WIEN. Ob Coronakrise, Brexitchaos oder Polittheater – wir leben in bewegten Zeiten, wo den Medien in der Orientierung und Meinungsbildung eine immer größere Bedeutung zukommt. Unterstützt europäische Medienpolitik europäische Medien oder kocht hier jedes Mitgliedsland sein „eigenes Süppchen”? Wer sind die Big Player, welche europäischen Vorhaben sind medienpolitisch relevant und wie wird der Beitrag Österreichs international wahrgenommen?

Zu diesen Themen diskutierten IAA-Präsident Walter Zinggl und Claus Grewenig, Bereichsleiter Medienpolitik RTL Deutschland.

Weg von der EU-Richtlinie

Ein wesentlicher Unterschied zu früher, so Grewenig, sei, dass im Verhältnis Europa und nationale Entscheidungen früher Medienpolitik zu 80% eine nationale Angelegenheit war und nun gut 60% der Themenfindung auf EU-Ebene stattfinden. Auch sei das Thema „Medien” viel breiter geworden und betreffe heute Dinge wie Telekommunikation, Datenschutz oder das Urheberrecht.

Und was den Entscheidungsfindungsprozess betrifft, so Grewenig, gäbe es einen Swift weg von EU-Richtlinien hin zu mehr Verordnungen. Der Hintergrund: Bis eine EU-Richtlinie steht, brauche es drei bis vier Jahre und bis diese dann auch in nationales Recht umgesetzt sei nochmals zwei, womit der Gesetzgebungsprozess bis zu sieben Jahre dauern könne, was gerade aktuellen Themen im internationalen Wettbewerb ein großer Nachteil sei.
Gefragt nach einem Beispiel, wie sich in der Medienindustrie bestimmte Nischenthemen zu harten ökonomischen Themen herausgebildet hätten, nennt Grewenig das Thema Urheberrecht. Das sei schon lange kein klassisches „Medienthema”, sondern reiche längst in die Bereiche Wirtschaftsrecht und Industrie hinein.

EU versus USA

Spätestens seit dem Aufkommen der großen US-Digitalplattformen, wo man über lange Strecken den Eindruck gewinnen konnte, dass seitens der US-Regierung kein großes Verlangen bestehe, diese dort national all zu sehr zu regulieren, sei die Rolle der EU wichtig gewesen, und durch etliche Verfahren, die in Europa in puncto Regulierung angestoßen wurden, sei eine Art „Welle” auch in die USA geschwappt, womit es auch dort nun deutlich mehr Aktivitäten bei dieser Frage gäbe, so Grewenig.

Die „Falschen” reguliert

Apropos Regulierung: Dass diese auch überschießend sein könne, zeige das Beispiel der drohenden Werbeverbote in der EU, wo es eigentlich nur um die Frage ging, lediglich Werbung für gesundheitsschädliche Produkte für bestimmte Zielgruppen, etwa Kinder, einzuschränken und am Ende viel mehr Produkte und die ganze Medienbranche an sich betroffen gewesen wären. Hier schlagen IAA-Präsident Walter Zinggl und Grewenig eine Art Medienverträglichkeitsprüfung vor, wo, bevor solche Dinge angedacht werden, auch berücksichtigt wird, in welcher Art und Weise Medien im wirtschaftlich negativen Sinne von solchen Ideen betroffen wären.

Zinggl dazu: „Wir sprechen von den Medien als die vierte Kraft in der Demokratie, nur muss diese vierte Kraft auch von etwas leben können; daher wäre so eine Medienverträglichkeitsprüfung, die verhindert, dass durch gut gemeinte, aber zu kurz gedachte Initiativen den Medien die wirtschaftliche Grundlage entzogen wird, sehr zu begrüßen.”

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