Macht Alexander Wrabetz noch das Quadrupel voll?
© ORF/Thomas Ramstorfer
MARKETING & MEDIA Redaktion 14.05.2021

Macht Alexander Wrabetz noch das Quadrupel voll?

Am 10. August will der ORF-Generaldirektor in seine vierte Amtsperiode gehen. Interview und ausführliche Analyse.

••• Von Dinko Fejzuli

WIEN. Stichtag ist der 10. August 2021 – dann wissen wir, ob Alexander Wrabetz den ORF in eine vierte Geschäftsführungsperiode führen wird. Vor wenigen Tagen gab er seine neuerliche Kandidatur bekannt und zeigt sich optimistisch, auch wenn die ÖVP mit ihren und den ihnen nahestehenden Stiftungsräten eine eigene Mehrheit hat, und damit einen eigenen Kandidaten wählen könnte. medianet bat den Generaldirektor um einige Antworten zur Wahl.

medianet: Sie haben vor wenigen Tagen Ihre Kandidatur für eine weitere Periode angekündigt. Die Wahl erfolgt durch den ORF-Stiftungsrat. Dort hat die ÖVP seit langer Zeit wieder mal die Mehrheit und könnte somit auch einen ‚eigenen' Kandidaten vorschlagen. Haben Sie Bedenken, dass dies passiert?
Alexander Wrabetz: Ich habe den ORF in den vergangenen 15 Jahren erfolgreich durch sehr schwierige Zeiten geführt – von der Finanzkrise bis zur Corona-Pandemie. Gleichzeitig haben wir es geschafft, die Marktführerschaft unserer Programme in Radio, Fernsehen, Online und den Landesstudios zu verteidigen bzw. sogar wieder auszubauen und den ORF durch ein nachhaltiges Einsparungs- und Restrukturierungsprogramm wirtschaftlich fit zu machen. Und wir sind dabei, den ORF mit Zukunftsprojekten wie dem ORF-Player und dem ORF-Mediencampus weiter zu modernisieren. Ich habe also gezeigt, dass ich diesen Job beherrsche und wichtige Projekte fortführen will. Ich gehe davon aus, dass der ORF-Stiftungsrat nach sachlichen und qualitativen Kriterien entscheiden wird. Ob und welche weiteren Bewerberinnen und Bewerber antreten, darüber spekuliere ich nicht.

medianet:
Für Ihre Wiederwahl könnte die Performance in 2020 sprechen. Nicht nur, aber vor allem die Info-Sendungen scheinen sich als – sehr erfolgreiche – Kernbereiche eines öffentlich- rechtlichen ORF bewiesen zu haben. Welchen Nutzen bzw. welche Konsequenzen könnte man künftig programmlich aus dieser Erfahrung ziehen?
Wrabetz: Die Pandemie hat uns alle vor große Herausforderungen gestellt, und der ORF hat seinen Beitrag geleistet, diese so gut wie möglich zu bewältigen. Ich denke, die Bedeutung eines starken öffentlich-rechtlichen Mediums, das die Österreicherinnen und Österreicher auf breiter Basis rasch, aktuell und unabhängig informiert und mit Programm versorgt, steht weitgehend außer Streit – in Krisenzeiten wird das noch klarer und bewusster als sonst. Nun geht es darum, den ORF vom klassischen Public Service-Broadcaster zur Public Service-Plattform weiterzuentwickeln. Die Leit­linien dafür habe ich in der ‚ORF Strategie 2025' dargelegt.

medianet: Insbesondere die Jugend wendet sich seit vergangenem Jahr verstärkt dem ORF zu – er gilt als verlässliche Nachrichtenquelle in Zeiten von Fake News. Wie werden Sie diese Seher der Zukunft post Corona bei der Stange halten?
Wrabetz: Indem wir vor allem auf das junge Publikum im digitalen Raum zugehen werden und unsere öffentlich-rechtlichen Inhalte dort anbieten, wo sie die jungen Menschen auch nachfragen. Unser zentrales Zukunftsprojekt ist hier der ORF-Player, der den ORF-Content für die digitale, nonlineare Nutzung verfügbar machen wird. Wir arbeiten mit Hochdruck daran und werden umsetzen, was im Rahmen der engen gesetzlichen Möglichkeiten geht. Zur vollen Entfaltung ist aber auch ein Update der teilweise überkommenen rechtlichen Schranken nötig. Gleichzeitig geht es aber auch darum, die klassischen linearen Programme in Radio, Fernsehen und Online weiterzuentwickeln; selbstverständlich werden wir auch hier weiterhin das Angebot für jüngere Zielgruppen weiterentwickeln. Wir müssen also eine Hybrid-Strategie fahren und unserem Publikum das Beste aus beiden Welten bieten. Und wir wollen auch die nächste Generation von Programmgestalterinnen und Programmgestaltern binden, die verstärkt Angebote für ihre eigene Altersgruppe entwickeln.

medianet: Es gab auch Kritik am Programm, etwa, dass vor allem die Info-Sendungen wie die ‚ZIB1' zu ‚regierungslastig' bzw. zu unkritisch seien. Kritisiert wurde auch die ‚ZIB'-Sondersendung zu Corona, in der nur der Bundeskanzler auftreten durfte, die Opposition nicht zu Wort kam – und auch der ressortzuständige grüne Minister nicht beigezogen wurde. Können Sie diese Kritik nachvollziehen?
Wrabetz: Ich lege größten Wert auf die Unabhängigkeit und die Ausgewogenheit der ORF-Information und denke, dass der ORF dies insgesamt sehr gut hinbekommt. Das große Publikumsvertrauen zeigt, dass das auch die Österreicherinnen und Österreicher so sehen. Wenn man die ORF-Berichterstattung in ihrer Gesamtheit beurteilt, dann sieht man, dass wir insgesamt bestmöglich ein objektives Bild der Realität geben. Die Unabhängigkeit und Ausgewogenheit der Berichterstattung zeigt sich an 365 Tagen in allen Programmen.

medianet:
Ihre Mitbewerber bringen sich gerüchtehalber schon in Stellung. Sie sind längstdienender ORF-Chef, haben Routine, fertige Zukunftspläne in der Schublade, ein Gespür für Trends und gelten als sehr geschickter Taktierer. Wären Sie Sportler, könnte man jetzt fragen: Ist Ihnen der Sieg noch zu nehmen? Sie sind allerdings ORF-GD: Dürfen wir noch mit im einem überraschenden ‚Wahlkampfversprechen' rechnen?
Wrabetz: Es geht nicht um Überraschungen oder irgendwelche Versprechungen. Es geht darum, den ORF in eine gute Zukunft zu führen. Das ist wichtig für das Land und seine Menschen. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Der ORF steht programmlich und wirtschaftlich sehr gut da und wir haben ein engagiertes Zukunftsprogramm, mit dessen Umsetzung wir, soweit es möglich ist, begonnen haben. Alle weiteren Details werde ich dem Stiftungsrat in meiner Bewerbung darlegen.

medianet:
Wenn im August die neue ORF-Führung gewählt sein wird, gibt es noch immer kein neues ORF-Gesetz, in dem etwa auch die Finanzierungsfrage und etliche Fragen aus dem Digitalbereich geregelt sind. Wäre es nicht wünschenswert gewesen, etwa für Pläne wie den neuen ORF-Player schon eine passende Gesetzesgrundlage zu haben?
Wrabetz: Aus Sicht des ORF ist das Wichtigste, mehr digitalen Spielraum zu bekommen. Wir können unserem Publikum einfach nicht mehr erklären, warum Sendungen nach sieben Tagen aus der TVthek ins Archiv verschwinden müssen oder warum der ORF nicht online-only und online-first produzieren darf. Ich denke, hier könnte man auch rasch zu einer für alle Seiten gangbaren Lösung kommen, die man vielleicht noch diesen Herbst umsetzen könnte. Den weiteren Fragen, wie einer nachhaltigen Finanzierung zum Beispiel, muss man sich natürlich auch widmen. Das wird allerdings sicher mehr Zeit in Anspruch nehmen.

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