Mit Kreativität und Willen als Erste auf Sendung
© medianet/Katharina Schiffl
MARKETING & MEDIA Redaktion 18.09.2020

Mit Kreativität und Willen als Erste auf Sendung

Antenne Steiermark wird 25: Erinnerungen an einen ­spannenden Start – und ein Ausblick in die Zukunft.

••• Von Georg Sander

Es ist der 22. September 1995, 9 Uhr 55 in der Früh. Auf der Frequenz des neuen Privatradios Antenne Steiermark läuft der Countdown eines Raketenstarts. „Wir spielen die Hits, die größten Hits, Superstars nonstop. Antenne Steiermark!”, ist da zu hören.

Die ersten Live-Worte spricht Gründungsprogrammchef Bernd Sebor: „Hallo, herzlich willkommen, grüß Gott! Hier ist Antenne Steiermark, Österreichs erstes Privatradio. Freut mich, dass Sie mit dabei sind.” Vor dem Studio hatte sich die komplette Programmmannschaft versammelt, es „brandete Riesenjubel auf”, erinnert sich Sebor, „der Sendestart war geschafft.” Doch bis es so weit kommen konnte, war es ein einigermaßen steiniger Weg. Denn während viele andere Länder schon private Radio­lizenzen hatten, war in Österreich einige Anstrengung notwendig, um im September vor 25 Jahren einen Sender wie Antenne Steiermark on Air zu bringen.

Denn Anfang der 90er-Jahre war Österreich eines der letzten Länder in Europa, in dem es kein privates Radio gab – unter vielen Gesichtspunkten ein bedenklicher Zustand. Einerseits, weil staatliche Monopole bei Informationsmedien demokratiepolitisch bedenklich sind, andererseits, weil es eben einige Menschen gab, die gern Privatradio machen würden. Nun war es so, dass Österreich generell seit 1993 ein Privatradiogesetz hatte und somit die legistische Möglichkeit geschaffen wurde, da im Endeffekt die gesamte Zweite Republik bis dahin von der öffentlich-rechtlichen Information abhängig war. Zwar gab es schon zuvor einige Radiosender, die von Italien, Ungarn oder der Slowakei ab Mitte der 80er deutschsprachige Programme nach Österreich sendeten, aber auch nach 1993 war es nicht so leicht, endlich die Lizenzen on Air zu bekommen. Privatradio-Pionier Alfred Grinschgl, Gründungsgeschäftsführer von Antenne Steiermark und von 2001 bis 2017 Mediengeschäftsführer der Rundfunk- und Telekom Regulierungs GmbH (RTR), sollte zu einer prägenden Figur in diesem Kontext werden. Denn kurz bevor der Sender on Air ging, wurden die Lizenzen im Mai 1995 vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben, weil nicht zum Zug gekommene Bewerber Beschwerde dagegen eingelegt hatten. Antenne Steiermark stand zu diesem Zeitpunkt bereits in den Startlöchern für den 1. September. Dementsprechend groß war die Verzweiflung im jungen Team, das Gründungsgeschäftsführer Grinschgl und sein Kollege Kurt Oktabetz um sich geschart hatten.

Genialer Schachzug

Grinschgl galt schon damals als Privatradio-Urgestein. Seit 1979 bei der Styria, hatte er ab Ende der 1980er-Jahre Privatradios in ganz Europa besucht, um „up to date” zu sein, sollte es endlich auch in Österreich losgehen. Um den anfangs komplexen Beschränkungen, was die Beteiligung von bestehenden Medienunternehmen an Privatradios betraf, gerecht zu werden, gewann er ab 1993 eine ganze Reihe weiterer Gesellschafter. Und es sollten nach dem Schock im Mai 1995 noch mehr werden. Bei einem Gespräch mit einem Verfassungsexperten wurde die geniale Idee geboren, die Beschwerdeführer über Beteiligungen beziehungsweise Programmzeiten an Bord zu holen.

Der Schachzug gelang! Weil nun keine Beschwerden mehr gegen die Lizenzvergabe in der Steiermark vorlagen, konnte Antenne Steiermark mit Verspätung, aber doch noch im September 1995 (ganz genau am 22. September um 9.55 Uhr) auf Sendung gehen – als erstes österreichisches Privatradio. Kurz darauf folgte noch ein Salzburger Privatsender, umfassend on Air konnten die privaten Radios in Österreich aber erst im April 1998 gehen – fast drei Jahre nach dem genialen Schachzug von Alfred Grinschgl.

Erinnerungen

Eine bewegte Zeit also, an die sich Alfred Grinschgl gern zurückerinnert: „Wir von der Antenne Steiermark haben damals – es wird wohl Anfang August 1995 gewesen sein – nach einer Ausbildungseinheit alle Mitarbeiter in ein Gasthaus eingeladen, zum Liebminger nach Unterpremstätten. Unsere wohl 40 Kollegen waren gerade beim Mittagessen, als mich ein Anruf erreichte, nämlich in der Küche vom Liebminger. Am Apparat war ein Mitglied aus dem Büro Klima, das mir mitteilte: „Unser Minister Klima ist auf einem Segelturn in der Adria, aber in drei Tagen wird er in Wien sein und dann bekommen Sie Ihren Frequenz-Bescheid.” Ich bin dann zu unseren Mitarbeitern gegangen und habe ihnen diese Botschaft mitgeteilt. Man kann sich vorstellen, was das dann für ein Hallo war!”

Auch für Bernd Sebor war dieser September-Tag im Jahr 1995 ein besonderes Erlebnis. Er war von 1995 bis 1997 Programmchef. „Der 22. September 1995 hat mein Leben entscheidend verändert. Und ich saß als Programmchef höchstpersönlich im Studio und durfte den Sendestart moderieren. Eine neue Ära hatte begonnen! Die Telefone läuteten wie wild – ausschließlich begeisterte Hörerreaktionen! Fast schien es, als wollte die ganze Steiermark bei der Geburt ihres Privatradios live dabei sein und mitfeiern”, erzählt er.
Luis Haas, vom Sendestart bis zu seinem Pensionsantritt 2017 in verschiedensten Funktionen für Antenne Steiermark tätig, blickt zurück: „Ich erinnere mich, als ob es gestern gewesen wäre. Gefühlte 100 Menschen und die EAV waren während der Live-Sendung bei mir im Studio, als ich die ersten ‚Classic Hits' moderieren durfte. Den verzweifelten Aufschrei eines Radio-Beraters (‚Schickt doch um Himmels Willen die Leute aus dem Studio, die machen den Mann ja verrückt!') ignorierte ich gern. Es sind für mich schließlich 22 ‚verrückte' Jahre mit der Antenne geworden.”

Mehr als ein Sender

Die Öffentlichkeit hatte offenbar Lust auf Privatradio, wie Bernd Sebor weiter ausführt: „Bereits wenige Wochen nach dem Sendestart hatte die Antenne aus dem Stand den Platzhirschen Ö3 überholt. In den folgenden Wochen konnten wir den Vorsprung weiter ausbauen, und zwar auf sensationelle 40 Prozent Marktanteil (gegenüber 17 Prozent von Ö3) in der Kernzielgruppe (14 bis 49 Jahre). Man hatte fast den Eindruck, dass die halbe Steiermark zur Antenne wechselt. Und wirklich – 1996 lag unser Marktanteil im Radiotest sogar bei über 50 Prozent – eine bis heute unerreichte Rekordmarke für Privatsender!” Seit dem Umzug 2015 von Dobl nach Graz ins Styria Media Center senden rund 50 Antenne-Mitarbeiter aus dem modernen Newsroom. Der Radiosender zeichnet sich seit mehr als 20 Jahren durch Regionalität, Modernität und Kreativität aus. Auch die Antenne-Studiokonzerte sind heiß begehrt, denn nirgendwo anders kann man heimische Stars so hautnah erleben. Auf antenne.at und über die App kann rund um die Uhr und überall gehört werden. Doch nicht nur das Live-Programm, auch drei Web-Streams werden online und in der App angeboten: etwa der Antenne Partyhitmix mit DJ Enrico Ostendort aus Berlin.

Doch auch um die Kinder ist die Antenne bemüht. Events wie der Antenne SchulSkiTag und der SchulGolfTag sind Highlights in jedem Schülerkalender. Mit Gewinnspielen wie der Schlüsseljagd, Antenne zahlt Ihre Rechnung oder dem Weihnachtsbutler wendet sich der Sender an große und kleine Hörer. Mit der erfolgreichen Aktion Antenne macht Schule ermöglicht der Sender einen Blick hinter die Kulissen und hatten seit 2008 mehrere Zehntausend Schüler zu Gast. Und wie geht es dem Sender nun im Jahr 2020? Wie kann es weitergehen? Das erklärt Geschäftsführer Gottfried Bichler im Gespräch mit medianet.


medianet:
Herr Bichler, Sie waren von Anfang an dabei. Was sind Ihrer Meinung nach die bedeutendsten Meilensteine und persönlichen Highlights aus den letzten 25 Jahren?
Gottfried Bichler: Der Start am 22. September 1995 hat ja an sich schon Geschichte geschrieben. Unsere Innovationen von damals, die Blitzmeldungen für Autofahrer zum Beispiel und Nachrichten immer fünf Minuten früher, sind heute Standard. Damals war das alles eine Revolution, die für den dementsprechenden Wirbel gesorgt hat. In 25 Jahren habe ich einiges erlebt. Alle Anekdoten zu erzählen, würde den Rahmen sprengen. Deshalb haben wir versucht, viele dieser Yellow Moments für alle verfügbar zu machen: on Air, digital und in Form eines Booklets, das man auf antenne.at nachlesen kann. Unvergessen bleibt natürlich für mich der Moment, als die Regler um Punkt 9.55 Uhr hochgefahren wurden und ‚Hallo, herzlich willkommen, grüß Gott!' ertönte – eine medienpolitische Sternstunde, die als Highlight nur schwer zu toppen ist.

medianet:
Gibt es Dinge, die Sie im Rückblick anders gemacht hätten?
Bichler: Unser Kurs ist richtig. Aber aus heutiger Sicht würde ich viel früher auf die eigenen Stärken und Ideen vertrauen und sie noch konsequenter umsetzen und durchziehen. Ich würde mir heute nicht mehr so sehr den Kopf über den finanziell übermächtig ausgestatteten öffentlich-rechtlichen Mitbewerber zerbrechen. Als wir das abgelegt hatten, sind wir richtig in die Erfolgsspur gekommen. Essenziell: ‚Trial and Error', Dinge ausprobieren, wieder sein lassen, wenn sie nicht den gewünschten Erfolgt haben, oder beibehalten und schärfen, wenn sie funktionieren. Erst auf dieser Entdeckungsreise ist es uns gelungen, eine Zukunftsgestaltung in den Blick zu nehmen. Dieser Pioniergeist ist bis heute in unserer DNA fest verankert.

medianet:
Radio wird weiterhin gern gehört. Was ist aber der Unterschied zwischen dem Radiomachen Mitte der 90er-Jahre und heute?
Bichler: Radio ist moderner denn je! Die Antenne hat sich im Lauf der Zeit zum individuellen Tagesbegleiter entwickelt, der weder orts-, zeit- noch geräteabhängig ist. Zeiten mit erhöhtem Informationsbedarf verdeutlichen zudem die Notwendigkeit der ständigen Verfügbarkeit. Als innovativer Sender mit Vorreiterrolle setzen wir auf alle wirtschaftlich sinnvollen Verbreitungswege und stellen uns dabei der Herausforderung, die große Palette an Möglichkeiten erfolgreich zu bespielen: technisch digital – inhaltlich regional! An unserer inhaltlichen DNA hat sich nie etwas geändert. Die Antenne spielt die Lieblingsmusik und bietet zudem das beste regionale Service: Verkehr, Blitzer, Wetter, Nachrichten. Der Nutzen ist auch für die Werbekunden groß – ihnen wird es dadurch ermöglicht, Werbung noch gezielter zu platzieren und auf die jeweilige Zielgruppe abzustimmen.

medianet:
Wie steht die Antenne heute da? Was sind die Herausforderungen in der aktuellen Situation – auch in Hinblick auf Corona?
Bichler: Antenne Steiermark hat als Flaggschiff der österreichischen Privatradios Pionierarbeit geleistet. Eine Herausforderung ist und bleibt, dass wir uns in unserer Kontinuität täglich neu erfinden. Das ist nur möglich, weil wir ein Team haben, das aus leidenschaftlichen Radiomachern mit Ecken und Kanten besteht. Sie waren und sind die Wegbereiter dieser permanenten Vorreiterrolle. Einer Unsicherheit im Land, wie sie Corona mit sich bringt, kann man nur mit Verlässlichkeit und Beständigkeit begegnen. Der Informationsbedarf ist riesig.

medianet:
Sie sind auch im Vorstand im Verband österreichischer Privatsender. Wie geht es der Branche insgesamt?
Bichler: Wir haben unsere Startvorteile gut nutzen können. Die regulatorischen Rahmenbedingungen erschweren Privatradio und erlauben dem ORF eine dominante Marktposition. Das beginnt bei der fast unbeschränkten Vermarktung und endet bei den Programmvorgaben, die absurderweise für Private strenger sind als für den ORF, dessen öffentlich-rechtlicher Auftrag kaum objektiv überprüfbar ist. Ein Reagieren auf Veränderungen im Markt ist kaum möglich. Auch bei den Übertragungskapazitäten ist die Dominanz des ORF ungebrochen. Von einem echten dualen Rundfunksystem sind wir noch immer weit entfernt.

medianet:
Wie blickt man in die Zukunft? Viele klassische Medien wurden schon totgesagt und es gibt sie noch immer – werden wir in 25 Jahren auch noch Radio hören und vor allem Antenne Steiermark?
Bichler: Ich habe ein gutes Gefühl für die Zukunft, die ja längst begonnen hat. Die Antenne Steiermark wird auf alle Fälle datengetriebener und über alle relevanten Ausspielwege zu empfangen sein. Begonnen haben wir mit drei Sendestandorten, heute sind es 20. Der größte Sprung ist durch die Digitalisierung gelungen. Auf Höhe der Zeit werden weitere Kanäle hinzukommen. Unser Erfolg kommt vor allem durch die Hörernähe zustande. Und die wiederum ist nur möglich, weil Menschen das Programm machen und nicht Maschinen. Viele Menschen sind mit uns aufgewachsen, der Sender ist für seine Hörer ein Tages-, aber auch Lebensbegleiter. Die Privaten sind die Wendigeren, die Innovativeren – das ist systembedingt. Nähe und Regionalität, das unterscheidet uns und stiftet Sinn. Jetzt und in 25 Jahren.

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