WIEN. Am Freitag vergangener Woche wurde beim Österreichischen Gewerbeverein im Wiener Palais Eschenbach die neue Ausgabe von „Weltmeister Österreich 2024 – Das Jahrbuch zum Wirtschaftsstandort” präsentiert. Dafür hatte Autor Alexander Haide 36 CEOs österreichischer Hidden Champions zum Interview getroffen. Der thematische Bogen reicht von Biotech-Unternehmen über die Salzburger Festspiele bis zum Logistik-Riesen Rail Cargo. Gespräche mit Wirtschaftsexperten und Politikerinnen ergänzen das Spektrum – ein Gesamtbild der wirtschaftlichen Situation österreichischer Unternehmen, von Start-up bis Großkonzern.
Gekommen, um zu bleiben
Der Fokus der anschließenden Podiumsdiskussion lag auf der Fragestellung, wie stark Künstliche Intelligenz (KI) die österreichische Industrie verändern wird. Die Diskussionsrunde umfasste Bettina Resl, Country Public Affairs Head Novartis Österreich, Roland Fleischhacker, Gründer und CEO von Deepsearch, Maximilian Scherr, Strategieberater und Partner bei Arthur D. Little, und Walter Huemer, Geschäftsführer der Huemer Group.
Roland Fleischhacker eröffnete die Diskussion mit einer Definition von KI. ChatGPT etwa sei rein statistisch aufgebaut und habe keine tiefgreifende Verständnisfähigkeit. Technologische Entwicklungen würden anfänglich oft überschätzt – und später unterschätzt werden.
Maximilian Scherr äußerte die Sorge, der Wirtschaftsstandort Österreich drohe den Anschluss zu verlieren. Der Spezialist auf dem Gebiet der Cybersecurity warnte vor Gefahren des Einsatzes von KI in der Cyberkriminalität. Seiner Ansicht nach fehlt es Österreich an Entschlossenheit, sich mit diesen neuen Technologien ernsthaft zu beschäftigen.
Bei Novartis Österreich sind laut Bettina Resl etwa 3.000 Mitarbeiter täglich mit KI in Berührung. Die Verarbeitung großer Datensätze ermögliche es unter anderem, Medikamente schneller auf den Markt zu bringen. Sie unterstrich die Bedeutung digitaler Bildung, sowohl in Schulen und Universitäten als auch im betrieblichen Umfeld.
Förderung und Bildung
Walter Huemer wies darauf hin, dass erfolgreiches Arbeiten heutzutage stark von Teamarbeit abhinge; KI sei ein weiteres Mitglied in diesem Team. Wir sähen heute lediglich die Spitze des Eisbergs neuer Technologien; daraus folge, dass wir künftig weitere, andere Fähigkeiten brauchen werden. Resl ergänzte, dass KI keine Arbeitsplätze gefährde, sondern vielmehr den Mangel an Arbeitskräften offenbare: Robotik etwa verlange nach Menschen, die sie auch bedienen können.
Scherr forderte mehr Investitionen in die digitale Ausbildung und wies darauf hin, dass Länder wie Saudi-Arabien hier Mittel in Milliardenhöhe aufbringen. In Österreich seien es lediglich ein paar Millionen. Hierzulande werde die Agrarwirtschaft immer noch höher gefördert als die KI. Die Diskussion schloss mit der Forderung nach fünf wesentlichen Punkten für die Ausbildung: Neugier, Mut zu Transparenz und Vergleich – um abzuschätzen, wo wir stehen –, Ausdauer und der Umgang mit der „Kunst” des Scheiterns. Unumgänglich sei ein Umdenken in Bildungsinstitutionen und Unternehmen. Denn der Wettbewerb sitze längst in anderen Ländern. Österreich sei gefordert, die Challenge anzunehmen. (red)