••• Von Laura Schott
WIEN. Corona hat viele Unternehmen in den letzten Wochen zu einer raschen Adaption ihres Kommunikationsauftritts gezwungen – und das unter erschwerten Bedingungen. Denn für Dinge wie aufwendig produzierte Imagespots fehlen im Moment nicht nur Zeit und Geld, sondern sind durch Ausgangsbeschränkungen, Social Distancing und andere Vorsichtsmaßnahmen auch die notwendigen Rahmenbedingungen schlichtweg nicht gegeben.
Dass es für einen Werbespot mit echten Menschen als Akteuren nicht zwingend ein Set mit einer Ansammlung ebendieser braucht, zeigen die Werbespots der Ersten Bank und Sparkasse, für die sich Jung von Matt/Donau eine Social Distancing-konforme Produktionsform überlegt hat – ganz einfach über die Aufzeichnung von Videocalls.
Wenige Vorgaben, viel Offenheit
Für die Kampagne habe man einen redaktionellen Ansatz gewählt, erklärt Gerd Schulte-Döinghaus, Creative Director bei Jung von Matt: „Wir haben nach Geschichten gesucht, die die aktuelle Situation widerspiegeln. Normalerweise versucht Werbung ja, ‚große Gefühle' zu erzeugen, dieses Mal ging es mehr darum, sie zu finden.”
Die Sicherheit aller Beteiligten stand dabei immer im Vordergrund, und so wurde etwa der Spot mit Krankenpflegerin Michaela über einen Video-Call aufgezeichnet. Anweisungen habe es dabei kaum gegeben, sagt Schulte-Döinghaus: „Michaela hat einfach begonnen zu erzählen. Die Aufnahme für den Spot mit unserer Urgroßmutter war ähnlich: Wir hatten dazu einen WhatsApp-Call mit ihrem Enkelsohn organisiert. Sie wusste zu Beginn gar nicht, dass der Call aufgezeichnet wird, um sie nicht unnötig nervös oder verlegen zu machen.” Dieser Zugang habe sich ausgesprochen positiv auf das Ergebnis ausgewirkt und zudem auch noch die Authentizität unterstrichen.
„Es war sehr spannend, zu sehen, wie sehr sich Menschen öffnen, wenn sie nicht vor einer großen Filmkamera stehen.” Dass die Bild- und Tonqualität natürlich nicht an jene klassisch produzierter Spots herankommt, tritt dabei schnell in den Hintergrund. Schulte-Döinghaus: „Dieser authentische Zugang braucht keine klassische Werbeästhetik – ganz im Gegenteil.”
Ein ungewisses Ergebnis
Der gewählte Ansatz sei nicht nur der Sicherheit der Beteiligten und der Authentizität des Endprodukts zugutegekommen, sondern habe auch die im aktuellen Ausahmezustand erforderte hohe Geschwindigkeit zugelassen. Vom Entdecken einer Geschichte bis zur Abgabe der Sendebänder waren nur wenige Tage vergangen, die Abstimmung zwischen Produktion, Kunde und Agentur musste digital erfolgen. Kein Problem, erzählt Schulte-Döinghaus – vor allem aus einem Grund: „Das Wichtigste war das Vertrauen, das uns der Kunde entgegengebracht hat und das so ein Format einfach braucht. Es gibt dabei kein Script, kein Casting – die Geschichten entwickelten sich und man weiß bis zum Ende nie, was man wirklich bekommt. Und dazu braucht es von Seiten des Kunden vor allem eines: Mut.”
Jeder Zeit ihre Werbung
Die Krise habe neue Wege und viel Kreativität hervorgebracht, ist Schulte-Döinghaus überzeugt. Dass unter den herrschenden Umständen eine solche Produktion möglich ist und die neuen Ideen auch umgesetzt werden können, ist einerseits natürlich dem heutigen Stand der Technik zu verdanken. Maja Kölich, Werbeleiterin der Erste Bank, weist aber auf eine weitere wichtige Voraussetzung hin: die Fähigkeit von Menschen, umzudenken und sich auf diese neuen Rahmenbedingungen einzulassen.
Viele Kampagnen, die während der Krise entstanden sind, vermitteln gerade einen sehr bodenständigen Eindruck. Simple Produktionen, viel Information, kein Schnickschnack. Die Frage, ob die Krise die Produktion von Werbemitteln nachhaltig verändern wird, beantwortet Kölich so: „Die Art und Weise, wie Werbung gestaltet wird, ist einem laufenden Wandel unterzogen. Und sie ist immer auch ein sehr guter Spiegel der Zeit. Das ist nichts Neues. Daher denke ich: Ändern sich die Zeiten, ändert sich auch die Werbung. Das ist ein stetiger Prozess der Weiterentwicklung.”