Gastkommentar ••• Von Bettina Schuckert
WIEN. Lässt man die letzten Jahre Revue passieren, springen uns einige Themen sofort ins Auge: Der Arbeitsmarkt hat sich grundlegend verändert, und verantwortungsbewusstes Marketing – also Marketing mit möglichst wenig bis keinen negativen Auswirkungen auf das Umfeld – ist von einem Nischenthema zum Chefinnen-Thema geworden.
Dabei liegt der Fokus bis jetzt fast ausschließlich darauf, den nachhaltigen Aktivitäten und Werten von Marken Sichtbarkeit zu bieten, wenn ein Unternehmen beispielsweise CO2-Kompensation betreibt. Mit dem steigenden Anteil von Fake News und Greenwashing-Kampagnen hat sich die allgemeine Skepsis gegenüber derartigen Messages jedoch erhöht. Es geht seit einiger Zeit mehr darum, wie, weniger was kommuniziert wird.
Gemeint sind damit die Produktion und Planung von Werbung. In einer Studie, die dentsu und Microsoft 2021 unter dem Titel „The rise of sustainable media” durchgeführt hat, befinden bereits 64 Prozent der Befragten Werbung als teilweise schädlich für die Umwelt. Wer glaubt, nachhaltige Mediaplanung hat keinen Einfluss auf das Konsumverhalten, irrt. Jede siebente Person hat damals bereits die Interaktionen mit Marken verändert oder reduziert, wenn die Werbung als negativ für die Umwelt wahrgenommen wurde. Für 25 Prozent hängt die Markenauswahl bereits mit verantwortungsbewusster Werbeproduktion und Mediaplanung zusammen. Das gilt für Werbetreibende wie Plattformen, auf denen Unternehmen werben.
Nachhaltige Suchmaschinen
Jeder Fünfte weltweit würde auf eine nachhaltige Suchmaschine als Alternative zu Google & Co. wechseln. Für 59 Prozent kommen sogar Services mit Abo-Modell infrage, sofern nur Werbung von Marken gezeigt wird, die nachhaltig produziert wurden. In den nächsten Jahren wird es immer wichtiger, sich nicht nur inhaltlich mit der eigenen Werbung auseinanderzusetzen, sondern auch mit verantwortungsvoller Mediaplanung und Produktion und welchen Wert diese für unseren Planeten hat. Das muss eher früher als später der Fall sein, denn 77 Prozent der Befragten gaben an, in fünf Jahren nur noch von Marken zu kaufen, die nachhaltige Werbung machen. Zwei Jahre sind bereits vergangen.
Einige Unternehmen sind hier schon die ersten Schritte gegangen und haben in Systeme zur Messung von CO2-Emissionen von Kampagnen investiert. Für Konsumentinnen ist diese Information aber nur schwer greifbar und wird voraussichtlich nicht kaufentscheidend sein. Wie kann man nachhaltige Mediaplanung also sichtbarer machen? Was verstehen wir konkret unter dem Begriff „nachhaltig geplante” Werbung?
Auftrag ist zu definieren
Hierzu gibt es bereits Ideen und Konzepte. Man könnte beispielsweise ein allgemeingültiges Zertifikat etablieren – einen Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstandard für die Werbewelt –, das Werbetreibende unter bestimmten Kriterien erhalten. Bei Konsumentinnen dürfte das gut angenommen werden, denn 88 Prozent setzen mehr Vertrauen in Marken, die von einer unabhängigen Stelle zertifiziert wurden. Bleibt noch die Frage nach der zertifizierenden Stelle und welche Parameter herangezogen werden können.
Für die Medienbranche ergibt sich dadurch ein klarer Auftrag: Es gilt zu definieren, was nachhaltige und verantwortungsbewusste Mediaplanung ist. Wenn wir diese Aufgabe in die Zukunft verschieben, werden die Standards zwangsläufig nicht mit, sondern für uns definiert, und zwar von Konsumentinnen, ihren Erfahrungen und ihrem Verständnis von Verantwortungsbewusstsein.