Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
SPEZIELL. Die „Modern Monetary Theory” (MMT), die in den USA längst prominente Vertreter gefunden hat, kursiert jetzt auch im deutschen Sprachraum. Der Grundgedanke der auch als postkeynesianisch beschriebenen Theorie ist, dass der Staat seine Ausgaben nicht über eingetriebene Steuern finanziert – sondern sich sein Budget selbst aus dem Hut zaubert, indem er so viel davon druckt, wie er braucht.
„Druck” ist in diesem Zusammenhang natürlich falsch, weil deswegen keine Notenpresse angeworfen wird. Eine Zeile in der Staatsbuchhaltungssoftware reicht. Die Notenbank versorgt die Banken mit Geld. Die wiederum kaufen Staatsanleihen und scheffeln Geld retour. Jetzt möge man, vereinfacht dargestellt, die Banken aus diesem Kreislauf entfernen …
Der Staat, so die Verfechter der MMT, bediene sich des Instruments der Steuern nicht zur Finanzierung, sondern um die Inflation in gewissen Grenzen zu halten – und je nach wirtschaftspolitischer Ausrichtung die Verteilung des Geldes zu steuern. Deshalb ist die Theorie trotz ihrer unorthodoxen Anmutung spannend für konservative wie für liberale Staatenlenker. Welche Gruppe mit dem Füllhorn begossen wird, kann man sich je nach Ausrichtung im Endeffekt aussuchen. Damit Arbeitslosigkeit und Klimawandel zu bekämpfen, wie einer der Gründerväter der Theorie, Warren Mosler, meint, ist eine exzellente Idee, aber nicht zwingend.
Das Konzept, es sei vollkommen egal, wenn ein Staat sich verschuldet, solange er es gefälligst in der eigenen Währung macht, klingt dennoch verstörend …Wer an die rauchenden Gelddruckmaschinen der EZB denkt, fragt sich allerdings, ob die revolutionäre Theorie nicht ohnehin längst im Mainstream angekommen ist.
Wie sagte doch der ehemalige Fed-Chef Alan Greenspan schon im Jahr 2011: „Die Vereinigten Staaten können alle Schulden tilgen, die sie haben, weil wir jederzeit Geld drucken können, um das zu tun. Deshalb beträgt die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls null Prozent.”