Gastkommentar ••• Von Wilfried Reiter
WIEN. In Agenturen bzw. Marketing-Abteilungen geht es oft richtig rund. Wir leben und arbeiten in einer schnelllebigen Zeit, und der Alltag in Agenturen ist besonders agil. Wer in dieser Branche tätig ist, weiß: Kunden wollen in Höchstgeschwindigkeit mit Leistungen bis zur letzten Sekunde versorgt werden, und Stress ist „part of the game”. Hinzu kommt, dass Kreativagenturen ständig die Ohren am Puls der Zeit haben müssen – sich selbst vermarkten, Trends beobachten, Konkurrenz im Auge behalten, Medien im Griff haben, Posten, Re-posten, teilen, kommentieren. Und vor allem „nur nichts versäumen”. Eine hohe Personalfluktuation scheint somit logisch.
Es gilt, zu motivieren
Für Menschen in Leitungspositionen liegt die Herausforderung darin, ihr Team aus „Kreativlingen” mit diversen Lebens- und Arbeitsstilen nicht nur zu motivieren, sondern in positiver Schwingung zu halten. Die folgenden sieben Praxis-Tipps sind essenziell:
1. Agile Kommunikation: Am Anfang steht eine Kultur des offenen Austauschs, gefolgt von achtsamen und strukturierten Frage-Formaten. Diese helfen, die Bedürfnisse des Gegenübers zu erkennen und gemeinsam Lösungen zu entwickeln, ohne die Rollen zu verwischen.
2. Führung auf Augenhöhe: Ein kollaborativer Führungsstil, der Eigenverantwortung und Kreativität unterstützt, ist unerlässlich. Dies bedeutet, starre Hierarchien aufzubrechen und damit Mitarbeitenden mehr Verantwortung und Autonomie zu geben. Achtung: Augenhöhe bedeutet nicht antiautoritär.
3. Mannigfaltige Arbeitsstile fördern: Die Königsdisziplin des Führens. Unterschiedliche Menschen haben individuelle Bedürfnisse nach Flexibilität und Lebensrealitäten. Early Birds, Spätaufsteher, Teilzeit, Vollzeit, Überstunden, Home-office, Pflegefreistellung – hier schlummern erfahrungsgemäß die meisten Konflikte im Team. Wertschätzende Gespräche funktionieren, wenn alle Bedürfnisse gehört werden und jeder sich einbringen kann. Das steigert die Mitarbeiter- und Arbeitgeberzufriedenheit enorm – insbesondere, wenn die Beteiligten merken, dass die Vielfalt zum Reichtum wird statt zum Hindernis.
4. Innovationskultur fördern: Nirgends wird so innovativ gedacht, nirgends werden alte Muster und Traditionen so konsequent durchbrochen wie in der Kreativbranche. Genauso sollte es „nach innen”, also unternehmensintern, funktionieren. Mein Ansatz des „Make-it-yours” garantiert, dass überkommene Denkweisen hinterfragt werden und jedes Teammitglied beginnt, unternehmerisch zu denken.
5. Erfolgreiche Rückmeldung etablieren: Das Thema Feedback ist besonders kritisch, denn hier wird meiner Erfahrung nach die größte Zerstörung angerichtet. Feedback-Regeln sollten Sie daher besser „in die Tonne treten” und besser durch „gemeinsames Hinschauen” ersetzen. Dann wird es ein Beitrag für die persönliche Entwicklung der Mitarbeiter und fördert ein Gefühl der Zugehörigkeit.
6. Orientierung sichern: Ein Team, das gemeinsam Ziele formuliert, entwickelt einen starken Teamgeist und identifiziert sich viel stärker mit dem Unternehmen und den Projekten als eines, in dem Vorgaben ständig „von oben kommen”. Hier geht es um gegenseitige Achtsamkeit und Vertrauen.
7. Wertschätzung und Anerkennung: Eine Kultur, in der Leistung und Engagement anerkannt werden, steigert die Motivation. Wertschätzung für individuelle Beiträge fördert ein positives Arbeitsumfeld. Wertschätzung schafft Wertschöpfung.
Fazit
Mit diesen Strategien bieten Agenturen und Marketing-Abteilungen ihrem Team einen Rahmen für effektive und motivierende Kommunikation. Dies steigert nicht nur die Mitarbeitermotivation, sondern fördert auch Innovation, Kreativität und am Ende die Produktivität.
Wilfried Reiter, Unternehmensberater seit 1990, Gründer der Akademie Duralogie und Autor diverser Bücher wie etwa „Projektmanagement für Einzelkämpfer: Kein Team, kaum Budget und trotzdem erfolgreich”, „Die nackte Wahrheit über Projektmanagement”, „Alte Wunden heilen” oder auch „Speed-Management – die optimale Geschwindigkeit finden: Das Leben gelassen und effektiv gestalten”.