Immo-Wetterbericht
© EY Law/Philipp Tomsich
DiskrepanzStephan Größ, Leiter des Immobiliensektors bei EY Österreich: „In Erwartung sinkender Preise warten potenzielle Käufer lieber ab, während Verkäufer auf dem gewohnten Preisniveau bestehen. Dieses Phänomen lähmt den Transaktionsmarkt in Krisenzeiten seit jeher, es ist jedoch erfahrungsgemäß vorübergehend.”
FINANCENET REAL:ESTATE Redaktion 03.02.2023

Immo-Wetterbericht

Das EY Trendbarometer Immobilien-Investmentmarkt 2023 für Österreich prognostiziert Schauer und nur wenig Sonne.

WIEN. Die Energiekrise und die damit einhergehende hohe Inflation wirken sich auch deutlich auf den österreichischen Immobilienmarkt aus, wie eine aktuelle Studie von EY Österreich zeigt. Speziell im zweiten Halbjahr 2022 wurde ein Rückgang des Transaktionsvolumens beobachtet. Im gesamten Jahr lag das Transaktionsvolumen bei etwa 4 Mrd. €, ein Rückgang um rund zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr und deutlich unter den ursprünglichen Prognosen zu Jahresbeginn. Nach Einschätzung von Marktteilnehmenden am österreichischen Immobilienmarkt – dazu zählen u.a. Banken, Fonds, Projektentwickler und institutionelle Investoren – dürfte es nach Jahren des stetigen Preisanstiegs nun eine deutliche Eintrübung der Preisentwicklungen geben.

Über alle Immobilienklassen hinweg gehen sie von stagnierenden bzw. sinkenden Preisentwicklungen aus – einzig bei Logistikimmobilien in Bestlage werden noch tendenziell steigende Preise erwartet. Sogar in der bewährten Anlageklasse Wohnen sind die Erwartungen verhaltener als in den Vorjahren: In 1a- und 1b-Lagen sollen die Preise gleich bleiben, in der Peripherie könnten sie sogar sinken.

Interessante Möglichkeiten

Stephan Größ, Leiter des Immobiliensektors bei EY Österreich, dazu: „Der Zinswandel, die hohe Inflation und die Angst vor einer drohenden Rezession führen am Immobilienmarkt zu einer Trendwende. Wer aktuell kaufen will, sollte einen detaillierten Blick auf die Immobilie werfen. Angesichts der bestehenden Zurückhaltung vieler Investoren können sich aber auch interessante Opportunitäten ergeben.”

Trotz aller Unsicherheiten: Der Immobilienmarkt in Österreich wird auch für 2023 als attraktiv eingeschätzt – wenn es auch deutliche Einbußen in den Detailbewertungen gibt: Waren 2022 noch mehr als die Hälfte (52%) der Befragten der Meinung, dass der Immobilienstandort Österreich „sehr attraktiv” ist, so glaubt das für das Jahr 2023 nur mehr jeder Fünfte (20%). 70% schätzen den heimischen Immobilienmarkt heuer aber trotzdem als attraktiv ein (Vorjahr 41%), nur jeder zehnte Befragte befindet den Markt für weniger attraktiv (Vorjahr: 7%).
Prekärer sei laut Größ die Lage in Deutschland: „Dort schätzt mehr als ein Drittel der Befragten den Markt für weniger attraktiv ein, nur etwa die Hälfte hält den Markt für attraktiv.”

Wohnen vor Büro

Obwohl die Prognosen hinsichtlich der Preisentwicklungen über alle Assetklassen hinweg verhalten sind, wird sich im Jahr 2023 wenig in Bezug auf den Investmentfokus ändern. Wie bereits in den letzten drei Jahren ist das Wohnsegment bei 88% der Befragten ungebrochen das beliebteste.

Bei Büroliegenschaften ist das Investmentinteresse gestiegen – 60% der Studienteilnehmenden stehen einem Investment positiv gegenüber (Vorjahr 49%).
Der Gesundheitsbereich hat im Vergleich zum Vorjahr etwas an Investment-Attraktivität verloren: 2023 erwägt nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten (58%) ein Investment in diesem Bereich (Vorjahr 67%).

Zinsen im Fokus

Neun von zehn Befragten (92%) gehen davon aus, dass die Zinsentwicklungen den österreichischen Immobilienmarkt in den nächsten fünf bis zehn Jahren am meisten beeinflussen werden. Genauso viele beurteilen den demografischen Wandel und den Klimawandel als die prägendsten Einflussfaktoren auf den Immobilienmarkt; dicht dahinter mit 84% Zustimmung folgt der Dauerbrenner Digitalisierung.

„Klar, die Zinswende beeinflusst das Geschehen am Markt zurzeit am intensivsten. Wichtig ist aber, dass auch die langfristigen Themen wie die Erfüllung von ESG-Kriterien bei Gebäuden oder auch der demografische Wandel nicht aus den Augen verloren gehen”, so Größ. (hk)

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