Der Handel konsolidiert sich, aber er spielt auch viel herum
RETAIL Redaktion 13.04.2018

Der Handel konsolidiert sich, aber er spielt auch viel herum

Investitionen ins Ladennetz sind das Gebot der Stunde – das auch Raum für Experimente liefert. Die Industrie drängt stärker in den Export.

Editorial ••• Von Christian Novacek

 

KOMMT DA WAS? Dem Lebensmittelhandel in Österreich geht es bestens. Die geballte Macht der drei Marktführer Rewe, Spar und Hofer bringt nichts ins Wanken. Gröbere Marktanteilsverschiebungen sind de facto unvorstellbar, höchstens dass die eine oder andere Vertriebslinie mal ein bissel auf Vordermann gebracht werden muss. Die Zeit von Wackelkandidaten wie zuletzt Zielpunkt ist ebenfalls vorbei. Und regionale Player wie MPreis in Tirol oder Unimarkt in Oberösterreich sollten durchaus langfristig gut reüssieren können. Ist es also endlich fad im LEH?

Experimente sind angesagt

Mitnichten! Zwar biegt der Handel laut WU-Handelsexperte Peter Schnedlitz eindeutig in die Konsolidierungs- und Refurbishment-Welle ein, aber er nutzt die Investitionen ins bestehende Ladennetz bestens, um mit neuen Vertriebsideen zu experimentieren. So hat Billa gerade den 50sten Pick-up-Store eröffnet, und Spar-Präsident Gerhard Drexel spricht davon, im Spar-Imperium die „Evolution zu stärken”.

Nicht zu vergessen: Lidl hat mit 2017 sein erfolgreichstes Jahr hinter sich und will heuer – im Jubiläumsjahr – gewisslich vorwärtsmarschieren – mit zumindest zehn geplanten Neueröffnungen. Bei Nah&Frisch – der Gruppe mit dem nächsten, 35jährigen Jubiläum – geht es mehr in Richtung Konsolidierung. Das aber auf mittlerweile hohem Niveau – der Nah&Frisch-Kauffrau von heute macht halt keiner mehr ein X für ein U vor.
Unberechenbarkeiten wie die Entwicklung im Digital Retail, die Frage, wie man ein Zurückfahren der Aktionitis dem Kunden schmackhaft verklickert und das ungelöste Rätsel Overstoring – das ist dann das Salz in der Suppe, wo zwischen Rahmenbedingungen und Details Spielraum für neue Trends und Abenteuer entsteht.

Auf und Ab im Milchuniversum

Ähnliches gilt für die Industrie: Die Milchwirtschaft ist volatil aufgestellt, und nach dem Butterengpass gleitet die Branche möglicherweise erneut in eine Überproduktionsproblematik. Fürs frohe Wirtschaften hinterm Butterberg braucht's jedenfalls noch einiges an Kooperationsbereitschaft zwischen Politik, Handel, Wirtschaft und Konsument.

Zünglein an der Waage im Gleichgewicht der Interessen ist naturgemäß der Handel – seine Rolle in Zusammenhang mit hohem Eigenmarken-Output wird einerseits kritisch gesehen. Etwa, wenn aufgrund des Quasi-Bio-Monopols des LEH moniert wird, dass die Industrie ausgerechnet im lukrativen Gefilde nur indirekt Zutritt zum großen Business hat – als mehr oder minder anonymer (und austauschbarer) Produzent für die Bio-Marken der Händler. Andererseits treibt es viele Marken in den Export, wo besonders Fleisch- und Wurst-erzeuger aktuell kräftig punkten.

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