Fairtrade erhöht den Kakaomindestpreis
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RETAIL Redaktion 18.10.2019

Fairtrade erhöht den Kakaomindestpreis

Kakaobauern leben in extremer Armut. Fairtrade setzt ein Zeichen – und zahlt ihnen ab sofort deutlich mehr.

••• Von Paul Hafner

Im Vorjahr wurden 25 Jahre Fairtrade Österreich und das Knacken der 300 Mio. €-Marke beim Umsatz mit Fairtrade-Produkten in Österreich gefeiert. Und es geht munter weiter: Auch 2018 habe man „wieder deutlich zugelegt”, so Fairtrade Österreich-Geschäftsführer Hartwig Kirner; ein sattes Umsatzplus von neun Prozent auf rund 333 Mio. € steht zu Buche, 49 Mio. € davon fließen als Direkteinnahmen in die Produzentenorganisationen.

Vom Gesamtumsatz, der sich seit 2011 verdreifacht hat, entfallen beträchtliche 42% auf Schokolade und Süßwaren. Seit 1996 wurden mehr als 15.000 t Fairtrade-Kakao in Österreich verarbeitet und konsumiert.
Umso mutiger erscheint da eine Maßnahme, die Fairtrade im Dezember des letzten Jahres beschlossen und nun mit der neuen Ernte vollzogen hat: Der Kakao-Mindestpreis pro Tonne, der weltweit an die Kooperativen gezahlt wird, ist um 20% erhöht worden.

Armut bei Kakaobauern

In den letzten Jahren war der Kakaopreis starken Schwankungen ausgesetzt. Laut einer Fairtrade-Studie lag das Haushaltseinkommen von 58% der befragten 3.200 Kakaobauern aus der Elfenbeinküste unterhalb der absoluten Armutsgrenze. „Wir reden hier vom Leben mit weniger als zwei Dollar pro Tag”, verdeutlicht Kirner – ein untragbarer Zustand, auf den man nun mit der Erhöhung des Mindestpreises von 2.000 auf 2.400 USD pro Tonne (rd. 2.180 €) reagierte. Darüber hinaus wurde auch die Zusatzprämie um ein Fünftel auf 240 USD (rd. 218 €) angehoben.

Kakaopreis könnte steigen

Vor wenigen Monaten haben die politischen Entscheidungsträger der Elfenbeinküste und Ghanas – die bedeutendsten Produzentenländer, die gemeinsam 60% der weltweiten Kakaoernte verantworten – ihrerseits eine Erhöhung der Mindestpreise angekündigt.

Ein Schritt, den Kirner „sehr positiv” sieht. Es bleibe noch abzuwarten, was nun tatsächlich in die Realität umgesetzt sowie vertraglich verpflichtend werde – und ab wann. Sollten Ghana und die Elfenbeinküste 2020 oder 2021 nachziehen, sei dies äußerst erfreulich und „nur positiv für die Einkommen der Kakaobauernfamilien”; es sei aber wichtig, dass Fairtrade schon jetzt reagiert habe.

Fokus auf „Living Income”

Einen Rückgang Fairtrade-lizensierter Produkte erwartet Kirner indes nicht, wiewohl Preiserhöhungen ein heikles Thema sind. Wie die heimischen Süßwarenhersteller mit Fairtrade-Lizensierungen – darunter Berger, Heindl und Manner – mit der Erhöhung umgehen werden, wird sich noch zeigen.

Dennoch führe kein Weg an ihr vorbei. Die Erhöhung des „Living Income” für Bauern, ein Einkommen, das mehr als das bloße Überleben sichert, steht im Fokus von Fairtrade.
Es ist davon auszugehen, dass das Kostenplus zum Teil von Unternehmen geschluckt und zum Teil auf die Konsumenten zurückfallen wird. Faire Waren haben ihren Preis, so Kirner. Die Preissensibiliät ist bei Fairtrade-Konsumenten generell weniger ausgeprägt; dazu komme ein gesteigertes Nachhaltigkeitsbewusstsein.
Kirner: „In den letzten vier, fünf Jahren ist Nachhaltigkeit von einem exotischen zu einem heißen Thema geworden, das in den Köpfen der Menschen absolut präsent ist.”

Fairtrade im LEH

Schon 2014 hat mit Heindl ein führendes Unternehmen sein gesamtes Sortiment (Heindl und Pischinger) auf 100% fair gehandelten Kakao umgestellt („Hut ab vor der Entscheidung der Familie”). Generell findet Kirner für die kooperierenden Marken und Handelsketten nur Worte der Anerkennung. Spar, Rewe, Lidl, Hofer – bei allen Ketten gebe es große und wachsende Fairtrade-Sortimente, die Zusammenarbeit laufe sehr professionell und gut.

Bis der faire Handel Standard und Fairtrade als Organisation obsolet wird, ist es noch ein weiter Weg – mit der Erhöhung der Mindestpreise ist jedenfalls ein weiterer wichtiger Schritt getan.

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