„Konjunkturtief des Handels durchschritten”
© APA/Florian Wieser
RETAIL Redaktion 23.02.2024

„Konjunkturtief des Handels durchschritten”

Nach einem schwachen Handelsjahr sieht die WKÖ für 2024 einige Silberstreifen am Horizont.

••• Von Paul Hafner

Jetzt sind die Dezemberzahlen da, jetzt können wir ein Resümee ziehen”, leitet Handelsspartenobmann Rainer Trefelik die Handelsjahresbilanz der WKÖ ein – und ist dabei sichtlich entspannter als zu Zeiten der „extrem schwierigen KV-Runde im Herbst”. Das hat seinen Grund: „Auch wenn es über 2023 wenig Positives zu berichten gibt, haben wir erste Anzeichen, die uns vorsichtig optimistisch auf 2024 blicken lassen.”

Konkret sehe man nach dem „schwarzen Jahr 2023”, das dem Handel einen realen Rückgang von –3,4% einbrachte, erste Signale, die andeuten, „dass sich das Konsumklima bessert und der Handel das Konjunkturtief durchschritten hat”.
Der von Wirtschaftsforschern prognostizierte gesamtwirtschaftliche Aufschwung dürfte sich zwar etwas verzögern, und jede Verzögerung stelle in Anbetracht der „hohen Lohnsteigerungen” für viele Betriebe eine „massive Belastung dar”. Doch lasse die Inflationsdynamik von Monat zu Monat nach, die gesunkenen Energiepreise kämen nun zeitverzögert bei den Unternehmen an, und es sei – nicht zuletzt aufgrund ebenjener Lohnsteigerungen – wieder mit höheren Konsumausgaben zu rechnen. „Wir hoffen, dass sich das Konsumentenvertrauen weiter verbessert und wir 2024 endlich wieder ein normales Handelsjahr erleben”, so Trefelik.

Dickes Minus für Möbelhandel

Auch die Präsentationsfolien, vor denen Trefelik bilanziert, implizieren eine Gegenüberstellung des positiven Ausblicks mit einem negativ ausfallenden Rückblick. Wie schlecht das Jahr 2023 für den Handel im Detail war, das variiert naturgemäß nach Branche: „Die Konjunkturverläufe der einzelnen Handelssektoren waren höchst unterschiedlich, sowohl was die Umsätze als auch was die Preisentwicklung anbelangt”, erklärt Peter Voithofer, Handelsforscher vom Institut für Österreichs Wirtschaft (iföw).

Mit Ausnahme des Bekleidungshandels, der als einziger Branchenzweig ein reales Absatzplus (von immerhin einem Prozent) erreichen konnte und sich nun umsatzmäßig erstmals wieder auf Vor-Corona-Niveau befindet, gingen die Absätze in sämtlichen Sparten zurück. Besonders stark erwischt hat es den Möbelhandel, (–15,8%), den Elektrohandel (–9,8%) und den Bau- und Heimwerkerbedarf (–7,4%); beim Kurzfristbedarf (LEH –1,0%, DFH und Apotheken –3,1%) sowie im Spielzeughandel (–2,5%) hielten sich die Rückgänge 2023 in Grenzen.
Durchaus überraschend: Das Umsatzplus des Onlinehandels gegenüber dem Vorkrisenniveau von 2019 hat sich 2023 auf 13% zusammengeschrumpft, beim Absatz liegt man nur noch um 1,7% darüber. Der schon im Herbst 2020 ausgerufene „Corona-Boost” hat sich somit als nicht besonders nachhaltig erwiesen, was sich nicht zuletzt auch an der abnehmenden Dynamik im Online-LEH einschließlich Marktaustritten (Flink) und massivem Personalabbau (gurkerl.at) zeigt.

Über 900 Konkurse

Apropos Personal: Während sich die Zahl der Beschäftigten im Handel (inkl. Groß- und Kfz-Handel) insgesamt 2023 prozentuell über das Jahr gesehen nicht verändert hat, weist sie im Einzelhandel ein Minus von 0,9% auf. Gleichzeitig ist die Zahl der offenen Stellen im Einzelhandel 2022 um 11,3% gesunken – für Trefelik nicht zuletzt auch eine Folge der Lohnkostensteigerungen.

Dazu passt die Entwicklungslinie bei den Insolvenzen: 944 Handelsunternehmen schlitterten 2023 in den Konkurs, ein Plus von 14,3% gegenüber dem Vorjahr. Voithofer: „Bei den Schließungen sehen wir gegenüber 2022 eine rückläufige Tendenz, jedoch auf sehr hohem Niveau.”
Gleichwohl sei und bleibe der Einzelhandel aus Sicht der Beschäftigten „ein attraktiver Arbeitgeber. In etwa vier Fünftel der Beschäftigten im Einzelhandel – so die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung der JKU in Linz – finden die Tätigkeit interessant und wollen im Einzelhandel bleiben.” Für eine neuerliche Verschärfung der Personalsituation gäbe es aktuell keine Indikatoren.

Weichenstellungen nötig

Für 2024 ist auch für Voithofer Optimismus angezeigt: Der Wendepunkt sei „erreicht, und zwar schon vor Längerem”; die Stimmung seitens der Händler sei „noch nicht gut, wird aber besser”, parallel dazu gehe auch das „ganz wichtige Verbrauchervertrauen” weiter in die Höhe. Zudem seien „Herr und Frau Österreicher keine Berufsoptimisten, so gesehen bin ich auch durchaus optimistischer als es die nackten Zahlen anzeigen”.

Damit 2024 „endlich wieder ein normales Handelsjahr werden kann”, sind laut Trefelik jedenfalls Weichenstellungen nötig: Neben „Energiesicherheit zu wettbewerbsfähigen Preisen” und einer Senkung der Lohnnebenkosten müsse es wieder attraktiver werden, Vollzeit zu arbeiten; einen Entfall der 150-Euro-Zollfreigrenze befürwortet Trefelik, zur Durchsetzung bedürfe es aber entsprechender Kontrollen.

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