Langes Warten auf notwendige Entlastungen
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RETAIL Redaktion 17.05.2024

Langes Warten auf notwendige Entlastungen

Die Situation der Kaufleute bessert sich langsam, zwei Drittel der Gelder vom EKZ II sind aber noch ausständig.

••• Von Paul Hafner

Hinter Österreichs selbstständigen Kaufleuten liegen nervenaufreibende Jahre. Mit dem allmählichen Abklingen der finanziell lukrativen, aber viel Mehrarbeit mit sich bringenden Pandemie begann bekanntlich die Energiekrise, die sich infolge des russischen Überfalls auf die Ukraine dramatisch zuspitzte – und sich für Österreichs Kaufleute rasch zur existenziellen Bedrohung auswuchs. In einer eilig einberufenen Pressekonferenz der Wirtschaftskammer im Oktober 2022 warnten Lebensmittelhandel-Bundesobmann Christian Prauchner und sein Stellvertreter Wolfgang Benischko anhand persönlicher Kalkulationen vor einem umfassenden Nahversorgersterben – die Energiepreise seien ohne entsprechende, rasche Unterstützung des Staats, „unmöglich verdienbar”.

Die Hilfen kamen schließlich in Form zweier Energiekostenzuschüsse, doch sie kamen für viele zu spät – wenn man inoffiziellen Zahlen Glauben schenken darf, schlossen in den letzten Jahren um die 200 selbstständig geführte Lebensmittelgeschäfte. Wie es nun um die österreichische Nahversorgerlandschaft steht, dazu bereitet die WKÖ aktuell eine Studie vor; grundsätzlich scheint jedenfalls das Schlimmste überstanden, wiewohl Prauchner von einem „immer noch sehr großen Druck” spricht, unter dem insbesondere die „Nahversorger in den kleinen Orten” immer noch stünden.

Ärger über EKZ II

„Es hat ja sehr lange gedauert, bis man die Ansuchen für den Energiekostenzuschuss II stellen hat können, und dazu ist die bis heute schwierige Personalsituation gekommen – da haben einige den Hut draufgeschmissen und gesagt, das tu ich mir einfach nicht mehr an”, blickt Prauchner zurück. Die „ungemein kurze Einreichfrist”, die den übrig gebliebenen Kaufleuten nun für den EKZ II im zweiten Halbjahr zur Verfügung stehe, werde wiederum gerade „jene Betriebe, die das Geld am notwendigsten brauchen”, vor Probleme stellen: „Die haben keine eigene Abteilung, kein eigenes Büro dahinter, das nur darauf wartet, sich um den EKZ II zu kümmern, und die sind jetzt außerdem alle mit ihren Bilanzen beschäftigt”, betont Prauchner.

Auch Benischko lässt Ärger über den EKZ II anklingen: Dieser sei den Kaufleuten „wie eine Karotte vor die Nase gehalten” worden, doch letztlich habe man ihnen – entgegen den ursprünglichen Plänen – Ende 2023 nur ein Drittel der in Aussicht gestellten Hilfsgelder ausbezahlt. Was den „größeren Brocken, die übrigen zwei Drittel” betrifft, so werde jetzt „erst einmal eingereicht, dann wird wieder geprüft, und bis das Geld dann ausgezahlt ist, ist sicher wieder Herbst”, gibt sich das Nah&Frisch-Urgestein keinen Illusionen hin.

Preise gehen wieder runter

Gleichwohl, räumt Prauchner ein, sei der EKZ II aller bürokratischen Hürden zum Trotz der Branche natürlich „sehr zu begrüßen” – und auch die zurückgehenden Energiepreise würden eine lange ersehnte, „notwendige Entlastung” darstellen. Es zeige sich außerdem, dass der Wettbewerb in Österreich sehr gut funktioniere, da „auch ohne die angekündigte Preistransparenzdatenbank ersichtlich wird, dass die Preise spürbar nach unten gehen”.

Das merke man im Speziellen bei den Milch- und Molkereiprodukten, ein „signifikantes Beispiel” stelle die Butter dar: „250 Gramm hatten einen Spitzenpreis von 3,49 Euro und einen Aktionspreis von um die 2,69 Euro. Wenn man sich jetzt die Flugblätter anschaut, liegt der Aktionspreis bei 1,79 Euro – da sind wir beim Preisniveau vor der Energiekrise”, rechnet Prauchner vor.
Gleichzeitig seien flächendeckende Preissenkungen „in einem Ausmaß, wie sich manche vielleicht erwartet hätten”, allein aufgrund des zusätzlichen Kostendrucks insbesondere infolge der höheren KV-Abschlüsse („Personalkosten, Versicherungen, Wartungsverträge, Instandhaltungen – die sind ja alle indexiert”) nicht möglich.
Neben Prauchner (Eurospar Pöchlarn, Spar Ybbsitz, Spar Gresten) hat auch Benischko seine beiden Märkte (in Ottensheim und St. Agatha, beide Oberösterreich) durch die Krise gebracht. Entgegen zeitweiliger Befürchtungen, seine Geschäfte per Jahresende 2022 schließen und seine Pension unfreiwillig frühzeitig antreten zu müssen, konnte Benischko letztlich eine geordnete Übergabe beider Märkte zum ursprünglich intendierten Zeitpunkt bewältigen – und wird, nach den Wirtschaftskammer-Wahlen, mit März 2025 „endgültig in Pension gehen”.

Energie immer noch teuer

Wiewohl Benischko den Kaufmannsberuf „nach wie vor sehr anstrebenswert” nennt und ihm ob seiner verstärkt ins Bewusstsein getretenen Rolle als sozialen Treffpunkt eine positive Zukunftsperspektive bescheinigt, sei es noch zu früh für Entwarnung: „Die Energiekosten sind zwar gesunken, aber noch weit entfernt von dem Niveau vor der Krise. Man darf nicht vergessen, es werden ja selbst von den Lebensmittelketten laufend Filialen mangels Rentabilität geschlossen.”

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