••• Von Daniela Prugger
Sepp Eisl hat einen Preis bekommen, und zwar einen deutschen. Das will etwas heißen, schließlich stellt der 53-jährige Salzburger zum ersten Mal auf der Nürnberger Biofach-Messe aus. Dort hat er für seinen Schafkäse die ‚Goldene Käseharfe' erhalten. Er lächelt stolz hinter seinem Messestand hervor und rückt den grauen Trachtenjanker zurecht. Dann fährt er mit dem Portionierer in die rote Eismasse, Heidelbeer-Rosmarin, formt eine kleine Kugel und serviert sie in einem Pappbecher. „Außerdem bekannt sind wir für unser Schafmilcheis”, sagt er und überreicht das Eis einer Messebesucherin. „Lecker oder?” Sie nickt und verschwindet in einer Gasse zwischen den rot-weiß-roten Produktständen. Den volksnahen Umgang hat er in der Salzburger Landesregierung gelernt; 16 Jahre war er für die ÖVP aktiv. Seit 2013 ist Eisl hauptberuflich Bauer und nun einer von 56 österreichischen Bio-Ausstellern in Nürnberg. Die Biofach findet mit der Vivaness jährlich als Messe-Duo statt. 3.200 Aussteller aus 93 Ländern waren Mitte Februar am Start.
Markt in Österreich wächst
Die hohe Präsenz österreichischer Unternehmen auf der weltweit größten Bio-Fach-Messe spiegelt die starke Entwicklung des heimischen Biomarkts wider. „Vor Jahren dachten wir, wir hätten den Zenit erreicht, aber da ist noch viel Platz nach oben”, sagt Barbara Köcher-Schulz, Bio-Marketing-Managerin der AMA.
Das Wachstum der letzten Jahre wurde vor allem durch Innovationen und Neueinführungen im Handel unterstützt. Im österreichischen LEH wurden im Jahr 2017 biologische Lebensmittel (ohne Brot und Gebäck) im Wert von 508 Mio. € gekauft (siehe Grafik 1+2). Jeder Österreicher kauft mindestens einmal im Jahr ein biologisches Lebensmittel. Sowohl die Einkaufshäufigkeit als auch die eingekaufte Menge an Bio-Produkten stiegen in den letzten Jahren an (siehe Grafik 3). Dazu Köcher-Schulz: „Die Verbraucher haben sich verändert von der Einstellung her. Viele beschäftigen sich gern mit Ernährung. Früher war es Luxus, sich einen Champagner zu leisten, heute ist es Luxus, zu sagen: Ich kenne die Geschichte meines Lebensmittels.” Deshalb ist Transparenz das wichtigste Gut im Bio-Segment. Auch eine geringere Anzahl an Zeichen, Logos und Marken könnte dabei helfen, sagt die AMA-Sprecherin.
Lange Tradition
Dass die positive Entwicklung von Bio anhalten wird, das lässt sich auch aus der jüngsten Motivanalyse der AMA schließen. 52% der Befragten denken, dass Lebensmittel aus biologischer Produktion weiterhin an Bedeutung gewinnen werden.
„Es gibt keine Handelskette in Österreich, die es sich leisten kann, keine Biomarke zu führen. Bio ist ein gewaltiges Segment geworden – auch von der Produktionsseite her”, so Köcher-Schulz.
Im internationalen Vergleich sei Österreich ganz vorn dabei und neben der Schweiz und Dänemark ein Vorreiter für Bio-Konsum und Erzeugung in Europa. „Das liegt daran, dass die Bio-Tradition bei uns sehr lang ist. Mittlerweile ist Bio im Alltag der Konsumenten angekommen”, sagt Köcher-Schulz. Über diesen Umstand wisse man auch im Ausland Bescheid.
Der Export rot-weiß-roter Agrarwaren erzielte im vergangenen Jahr ein Rekordhoch, Lebensmittel aus biologischer Produktion profitieren von diesem Aufschwung. Wichtigster Exportmarkt ist Deutschland – das gilt auch für Bio-Produkte. „Deutsche Konsumenten assoziieren mit österreichischen Lebensmitteln vor allem hohe Qualität und Natürlichkeit – zwei Aspekte, die bei Bio-Lebensmitteln zusammentreffen. Die Vielfalt unserer Bio-Lebensmittel erfreut sich in Deutschland steigender Beliebtheit”, erklärt Köcher-Schulz.
Ein deutsches Plus
Deutschland ist umsatzmäßig der größte Markt für Bio-Lebensmittel in Europa. Nach einem Plus im vergangenen Jahr rechnen Branchenexperten heuer ebenso mit einem kräftigen Wachstum bei ökologisch erzeugten Lebensmitteln und Getränken. Im Jahr 2017 habe der Bio-Umsatz mit einem Anstieg von 5,9 Prozent erstmals 10 Mrd. € überschritten, berichtete der Vorsitzende des Bundes Ökologischer Landwirtschaft (BÖLW), Felix Prinz zu Löwenstein, zum Auftakt der Naturkostmesse Biofach in Nürnberg.
Inzwischen hält nach Einschätzung des Verbandschefs auch die Ausweitung der Öko-Anbaufläche mit der stark steigenden Nachfrage nach Bioprodukten Schritt. So sei der Umfang der ökologisch bewirtschafteten Äcker und Weiden im Vorjahr um zehn Prozent auf 1,375 Mio. ha gestiegen.
„8,2 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche bewirtschaften damit Deutschlands Biobauern. Jeder zehnte Hof macht Bio”, stellte zu Löwenstein am Mittwoch auf der Messe fest. Deutschland erlebe endlich eine „starke Umstellungsdynamik”.
Starke Discounter
Von dem anhaltenden Bio-Boom profitieren nach den Branchenzahlen vor allem Supermärkte und Discounter. Mit einem Umsatz von 5,93 Mrd. € lag der Anteil des Lebensmitteleinzelhandels am Bio-Markt 2017 bei 59%, der des Naturkosthandels – der Wiege der Bio-Bewegung – mit 2,91 Mrd. € dagegen bei 29%, berichtetet der BÖLW. Dabei haben sich die Gewichte weiterhin zugunsten der Supermärkte und Discounter verschoben: Während der Lebensmitteleinzelhandel um 8,8 Prozent zulegte, musste sich der Naturkostfachhandel mit einem Plus von 2,2 Prozent zufriedengeben. Anders sieht es in der Naturkosmetik-Branche aus.
Zwar haben die deutschen Verbraucher 2017 deutlich mehr zu Naturkosmetik gegriffen und damit für einen um 7,9 Prozent steigenden Absatz gesorgt. Doch die Schnäppchen-Angebote der Drogeriemärkte und der Lebensmittel-Diskonter haben im vergangenen Jahr aus Branchensicht einen Schatten auf den Naturkosmetik-Boom geworfen.
Preiswettbewerb bei Kosmetik
Der von den Handelsketten ausgelöste Preiswettbewerb habe aber das Umsatzwachstum von Salben und Körperlotionen aus natürlichen Substanzen deutlich gebremst, teilten Marktforscher auf der Naturkosmetik-Fachmesse Vivaness in Nürnberg am Donnerstag mit.
Der Umsatz für diese Produktgruppe sei 2017 lediglich um drei Prozent auf rund 1,2 Mrd. € gewachsen. Neben ihrer Rolle als Informationsquelle ist die Vivaness ein wichtiges Trendbarometer in der Naturkosmetik-Branche.
Dabei zählen natürliche Pflanzenhaarfarben, Anti-Pollution-Pflege, asiatische Naturkosmetik, Spezial-Produkte für die Hautpflege, innovative Wirkstoffkonzepte aus der Biotechnologie und Sonnenschutz ohne hormonaktive Substanzen zu den diesjährigen Messetrends.