China hat sich zum größten Milchimporteur der Welt entwickelt. Im Jahr 2018 importierte China 1,3 Mio. Tonnen verschiedenster Sorten Milchpulver sowie steigende Mengen an Käse, Butter und anderen Milchprodukten. „Gründe dafür sind die steigende Beliebtheit von Milch und Milchprodukten, dies als Folge steigender Kaufkraft breiter Bevölkerungsteile in China, die sich nunmehr ‚westliche' Lebensmittel leisten können, weiters eine zwar steigende eigene Produktion, die aber den stärker steigenden Verbrauchszuwachs nicht bedienen kann”, erklärt Johann Költringer, Geschäftsführer der Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (VÖM), auf Nachfrage von medianet.
Gepanschte Lebensmittel
Das Vertrauen in Importware ist in China groß. Der Hauptgrund hierfür ist der sogenannte Melaminskandal im Jahr 2008, bei dem stickstoffhaltige Kunstharzgrundstoffe, Melamine, in Milchprodukte gemischt wurden, um so trotz verdünnter Milch einen hohen Proteinanteil vorzutäuschen. Die gepanschten Lebensmittel wurden auch in Säuglingsnahrung verwendet und führten zu Nierensteinen und Niervenversagen. Knapp 300.000 Babies erkrankten, sechs Säuglinge starben. Chinesen, die es sich leisten können, setzen daher lieber auf Importware.„Dies führt dazu, dass China der größte Abnehmer am Weltmarkt ist, an dem weltweit kein Milchexporteur vorbeikann”, so Költringer. Zu den traditionellen Exportmärkten der Milchwirtschaft Österreichs zählen vor allem die Nachbarländer Deutschland und Italien. In den letzten Jahren hat aber auch hierzulande das Exportland China stark an Bedeutung gewonnen. Allein im letzten Jahr wurden Milchprodukte im Ausmaß von circa 28 Mio. € exportiert und ein Zuwachs von 51% im Vergleich zum Vorjahr erzielt. Hauptprodukte aus Österreich waren vor allem Milch- und Molkepulver, weiters etwa Käse sowie flüssige und fermentierte Molkereiprodukte. Auch Österreichs größte Molkerei, Berglandmilch, exportiert seit 2014 nach China – sowohl mit Markenprodukten unter der Marke Schärdinger, als auch mit Handelseigenmarkenkonzepten ist man dort präsent. Mittlerweile ist China die siebtgrößte Auslandsdestination beim Milchexport. „Nachdem aber verschiedene Produkte über andere Länder ausgeführt werden und nach diversen Weiterverarbeitungsschritten ebenfalls letztendlich in China landen, ist China mittlerweile nach Deutschland und Italien der drittgrößte Exportmarkt für die österreichische Milchwirtschaft. Für die EU ist China mittlerweile der wichtigste Exportmarkt”, so Költringer. Aufgrund langer Transportwege werden vor allem Milchpulversorten nach China aus Österreich exportiert. „Hier handelt es sich um hochwertige Spezialprodukte, teilweise entmineralisiert oder auch in Bioqualität. Auch sind einige Hersteller mit H-Milch-Produkten in China am Markt, die Transportkosten sind hier entsprechend größer”, weiß Költringer.
Einer dieser Hersteller ist Berglandmilch. Die Schärdinger Formil 1 l-Packung erfreut sich in China großer Beliebtheit, erklärt Josef Braunshofer, Geschäftsführer der Berglandmilch. „Sogar einige milde Käse sind für Liebhaber unter der Marke Schärdinger vertreten”, so Braunshofer.
Berglandmilch setzt auf Partner, die die Produkte der Molkerei sowohl über den stationären Handel als auch online vertreiben. „Online hat im Bereich haltbarer Lebensmittel in China eine spürbar größere Bedeutung als in Europa”, erklärt Braunshofer. Alle Produkte der Molkerei werden über den Seecontainer nach China transportiert. Das hohe Wachstum des Milchmarkts sowie die Größe des chinesischen Markts beeinflussen Logistik, Transport und Vertrieb vor Ort. „Hier geht es darum, aufgrund der Dimensionen des chinesischen Marktes eine exakte Vertriebsstrategie und Fokussierung zu entwickeln, die zumeist nicht ohne Unterstützung von Spezialisten und den österreichischen Außenhandelsstellen möglich ist”, so Költringer.
Gutes Image
Der Wiener Frucht-, Stärke- und Zuckerkonzern Agrana umgeht zumindest die Herausforderungen von Logistik und Transport: In China eröffnete der Konzern im März seinen dritten Produktionsstandort für Fruchtzubereitungen. Damit reagiert man auf den chinesischen Joghurtmarkt, der sich in den letzten fünf Jahren nahezu verdoppelt hat. 2018 betrug der Joghurt-Konsum/Kopf und Jahr in China 6,8 kg (Westeuropa 12,5 kg, USA 5,2 kg).
Doch warum sind die Produkte aus Österreich in China so beliebt? Hierzu erklärt Költringer: „Bezogen auf die chinesischen Importmengen, sind Produkte aus Österreich, wenn auch steigend, nur eine marginale Größe.” Dennoch versucht Österreich, mit hochwertigen Spezialprodukten, sei es mit entmineralisierten Milchpulversorten für Babynahrung oder auch mit hochwertigen konsumfertigen Produkten, am Markt zu reüssieren.” Braunshofer erklärt, besonders die hohe Qualität und die Naturnähe aus dem Alpenraum würden in China geschätzt: „Die Chinesen sind Fans der österreichischen Kultur und Musik – auf ein dementsprechend gutes Image können wir hier aufbauen.” (gs)