••• Von Georg Sohler
Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der letzten Jahre waren für die allermeisten Unternehmen eine Herausforderung. So ist das auch bei Ströck gewesen. Doch für das Wiener Traditionsunternehmen geht es um viel mehr, wie Gabriele Ströck im Gespräch mit medianet festhält. Man denkt in vielerlei Hinsicht an morgen.
Auch wenn derzeit Krapfensaison ist (siehe Foto) und man sich zuletzt auf den „Feierabend” (dazu später mehr) konzentrierte, suchen viele Menschen eine Bäckerei für einen Snack oder einen Kaffee auf. „Individualisierung ist seit Jahren ein großer Trend”, weiß Ströck. Kaffeekreationen werden dabei mit allen Milch- und Ersatzvariationen genossen. Auch hier setzt man auf einen schonenden Umgang mit Ressourcen, sei es Bohnen oder Menschen: „Unser Fokus auf Bio und Fairtrade wird von den Kunden geschätzt.”
Mit einer eigenen Barista-Akademie legt Ströck auch großen Wert auf „die Kaffeekompetenz der Mitarbeiter und bietet damit eine beliebte Zusatzqualifikation”. Kulinarisch wiederum gehen die Vorlieben von vegan bis deftig, wobei „saisonale und regionale Produkte weiterhin hoch im Kurs stehen. Die Veränderung der Arbeitswelt zeigt sich nach den Pandemiejahren in einem wieder wachsenden Außer-Haus-Konsum, der das Vor-Pandemie-Niveau erreicht hat.” Auch Trends wie aktuell der Veganuary würden sich großer Beliebtheit erfreuen.
Heute für morgen
Der Jänner, in dem für vegane Produkte geworben wird, passt zum Nachhaltigkeitsengagement des Unternehmens. Und das unter erwähnt schwierigen Bedingungen: „Wir konnten im vergangenen Jahr dennoch geplante Investitionen in der Produktion, im Ausbau des Filialnetzes sowie weitere Nachhaltigkeitsprojekte wie beispielsweise Photovoltaikanlage umsetzen.”
Seit 2024 werden die Backstuben und Teile des Filialnetzes mit Strom aus leistungsstarken Photovoltaikanlagen auf den Dächern von drei Ströck-Standorten versorgt. Die Zusammenarbeit mit der Energie Burgenland bringt jährlich 800.000 kWh und spart etwa 180 t CO2. Dazu kommen noch weitere Nachhaltigkeitsprojekte wie das neue vielseitige Gründach in der Lexergasse – es kühlt die Umgebung, entlastet die Kanalisation, bietet Platz für (Bio-)Kräuter aus dem Gewächshaus, das im Winter mit Restwärme aus den Backöfen beheizt wird. In Sachen Nachhaltigkeit ebenfalls wichtig: Der Anteil des verwendeten Biomehls liegt bei Ströck bereits bei 70%, und das Getreide stammt zur Gänze aus Österreich. Mit dem „Bio-Wiederbrot” kämpft man zudem gegen Lebensmittelverschwendung.
Von den Besten lernen
Dieses Brot besteht zu einem Teil aus Brot vom Vortag. Zwar stammt die Idee aus England, in Österreich war Ströck aber die erste Bäckerei, die das machte. Nicht nur, aber auch um bei Innovation stets vorne mit dabei zu sein, setzt man auf den „Ströck-Feierabend”, die „Innovationsbäckerei”, wie es die Geschäftsführerin ausdrückt. In den Restaurants und Bäckereien können neue Kreationen nah am Kunden getestet werden; somit gibt es schnell Feedback. Der Fokus auf Kulinarik rund ums Brot ist in dieser Form in Wien ein Alleinstellungsmerkmal. Pop-ups am Standort in der Burggasse, beispielsweise mit Parvin Razavi, Magnificent Dinner oder Karmafood, sind für die Gäste und das Team eine Abwechslung.
Letzteres könne von den Spitzenköchen lernen. Und: „Aus diesen kulinarischen Akzenten entstehen unter anderem spannende Kooperationen wie jüngst mit ‚XO Burger'. Das vielfach ausgezeichnete Lokal wird von Ströck mit Buns beliefert.” So verbinde man Tradition und Innovation, all das zahlt auf die Marke ein.
Das wird auch an höherer Stelle registriert. Gabriele und Irene Ströck bekamen im Herbst das Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien verliehen. Sie nehmen es mit Demut an: „Die Auszeichnung ist eine Würdigung für alle rund 1.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den gemeinsamen Erfolg der Ströck-Familie. Sie unterstreicht die wichtige Rolle von Familienunternehmen in der Bundeshauptstadt. Vor allem macht sie Frauen, die an der Spitze von Unternehmen stehen, sichtbar. Als Familie sehen wir diese Auszeichnung als Auftrag, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen und uns relevanter gesellschaftlicher Themen anzunehmen.”
Großer Einsatz
Ströck nimmt beispielsweise durch Sport-Sponsoring oder kulturelles Engagement diesen Teil der gesellschaftlichen Verantwortung wahr. Das tut man auch bei weitaus ernsteren Thematiken, wie ME/CFS, dem chronischen Erschöpfungssyndrom, von dem man auch innerfamiliär betroffen ist – zwei von drei Söhnen, Philipp und Christoph, leiden daran.
Die von Ströck initiierte WE&ME Foundation konnte 2024 Erfolge vorweisen: Eine groß angelegte Studie zeigte erstmals auf, dass viele von länger anhaltenden Gesundheitsproblemen nach Infektionen betroffen sind und der Umgang damit stark verbesserungswürdig sei: „Bis zu 80.000 Betroffene verdeutlichten die Probleme dieser wenig erforschten Krankheit und zeigten gravierende Lücken in der Behandlung und Patientenversorgung auf.” In Wien wird ein eigenes Referenzzentrum für ME/CFS eingerichtet und die MedUni nimmt die Erkrankung in den Lehrplan auf. „Wir fokussieren uns darauf, die Grundlagenforschung voranzubringen, dafür brauchen wir neben Eigeninitiativen natürlich auch Spenden”, so Gabriele Ströck weiter. Das wichtigste Projekt in Österreich ist die Zusammenarbeit mit dem WWTF (Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds), hier konnten bereits sieben Studien mit fast 700.000 € gefördert werden, die alle im Frühjahr starten: „Das sind erste wichtige Schritte, jedoch nur ein Anfang.”
Aufmerksamkeit schaffen
Derzeit gibt es noch keine Heilung für die erwähnte Krankheit. Ein Kunstprojekt mit dem renommierten Fotografen Brent Stirton habe durch seine mediale Rezeption zur öffentlichen Wahrnehmung beigetragen und das Thema verstärkt in den Fokus der medialen Berichterstattung gerückt.Dieses Projekt wird im laufenden Jahr fortgesetzt und international ausgeweitet: „2025 wird Ströck sein Sortiment unter anderem am Weltfrauentag und Nationalfeiertag sowie beim Frauenlauf für die WE&ME Foundation ins Rennen schicken.” Das restliche Jahr sei von Investitionen in das Filialnetz und kulinarischen Akzenten geprägt. Erfolg bei allem sei dem Traditionsunternehmen vergönnt.