Wie die Branche die Geschäftslage beurteilt
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RETAIL Redaktion 03.11.2023

Wie die Branche die Geschäftslage beurteilt

Die Bäckerei-Branche hat derzeit mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Ein Rundruf zeigt: 2024 wird besser.

••• Von Georg Sohler

Österreich mag sein ­Frühstückssemmerl und das Brot zur Jausn. Vergangenes Jahr kaufte ein Haushalt laut RollAMA im Schnitt 63 kg Brot, Gebäck und Feinbackwaren. Elf Prozent der Frischeausgaben entfallen auf diese Warengruppe. Das ergibt einen Gesamtumsatz von 1,35 Mrd. €. 81% dieses Umsatzes entfallen auf den LEH, 14% auf Bäckereien und Konditoreien.

Die Rahmenbedingungen sind herausfordernd, das produzierende Gewerbe ist aufgrund von Corona, Fachkräftemangel sowie hohen Energiepreisen in der Branche nicht einfach. medianet hat einen Rundruf gestartet, um zu eruieren, wie Zulieferer und große wie kleine Ketten das Jahr 2023 bilanzieren und wie der Ausblick auf 2024 aussieht.

Einige To-Dos

Welche Themen beschäftigten die Branche nun konkret? Der Wiener Bäcker Felzl etwa ortet bezüglich Fachkräftemangel Probleme. „Ein besonders herausforderndes Thema ist für uns tatsächlich der Fachkräftemangel – vor allem für unsere Backstube, in der noch alles traditionell von Hand produziert wird, ist es aktuell sehr schwer, geeignetes Personal zu finden”, erklärt Georg Oelschlägel, der das Unternehmen seit Jahresbeginn als Alleingeschäftsführer führt. Felzl bildet allerdings durchaus Lehrlinge selbst aus, um den Nachwuchs zu sichern. Darüber hinaus ist man kreativ. So ist seit September mit Backstubenleiter Christoph Blamauer ein Quereinsteiger in Amt und Würden. Der 43-Jährige kommt eigentlich aus dem medizinischen Bereich und hat erst später die Ausbildung zum Bäcker- und Konditormeister gemacht.

Bei Anker spricht Geschäftsführer Walter Karger wiederum die Teuerung an: „Durch die Coronakrise im vierten Jahr und die bekannten weltpolitischen Ereignisse haben wir uns mit explodierenden Energiekosten konfrontiert gesehen – Das war eine Herausforderung, wie sie die Bäckerbranche noch nie erlebt hat.”
Bei Ja! Natürlich wiederum sieht man sich im konsequenten Bioweg bestätigt, man wurde von den gestiegenen Preisen in der Produktion auch nicht so hart getroffen, wie Geschäftsführerin Klaudia Atzmüller wissen lässt: „Das liegt einerseits an unserem Bekenntnis zur Regionalität bzw. österreichischen Herkunft – also den geringen Transportwegen. Und andererseits daran, dass sich die enormen Preissteigerungen im Bio-Bereich weniger stark auswirken, weil wir ohne fossile Rohstoffe, Kunstdünger und chemisch-synthetische Spritzmittel auskommen.”

Die guten Nachrichten

Eine der wichtigsten Aufgaben ist für sie in dem Zusammenhang, Innovationen voranzutreiben und neue Produkte zu entwickeln. Sie liefert ein Beispiel: „Im Bereich Brot und Gebäck möchte ich an dieser Stelle, neben unserer großen Vielfalt, unsere neuen Bio-Spezialmehle hervorheben, die zu 100 Prozent aus Österreich stammen.”

2023 ist für die Ankerbrot-Gruppe aus einem anderen, viel größer dimensionierten Grund besonders, der ebenfalls mit Innovation zu tun hat: Der Ausbau des Standorts in Lichtenwörth geht zügig voran und „wir stehen in den Startlöchern, um gegen Ende des Jahres die modernste Bäckerei Österreichs in Vollbetrieb zu nehmen”, freut sich Karger: „Nach 130 Jahren diesen Schritt als Geschäftsführer zu begleiten, zählt definitiv zu meinen persönlichen Highlights.” Er freut sich zudem, dass die Personalabteilung am 11. Oktober den HR-Award in Gold beim HR-Summit in der Wiener Hofburg in der Kategorie „Diversity, Equity & Inclusion” für ein innovatives Recruiting-Projekt entgegennehmen durfte.
Oelschlägel hat aus diesem Bereich ebenfalls Positives zu verkünden: „Wir konnten ein wichtiges Projekt in Zusammenarbeit mit Menschen mit Behinderungen verwirklichen. Es war ein voller Erfolg, und wir sind sehr dankbar für diese tolle Hilfe in unserer Backstube.”
Oelschlägel kündigt zudem auch umfangreiche Neuerungen an: „Wir freuen uns, die Planung einer neuen Produktionsstätte in Angriff zu nehmen und hoffen, dass wir hierfür 2024 den Grundstein legen können.”

Ab in die Zukunft

Schwieriges Umfeld, gute Nachrichten – Was wird 2024 überwiegen? Oelschlägel meint: „Gefühlt werden die Zeiten insgesamt schwieriger, und die globalen Veränderungen und Krisen wirken sich spürbar auf die Kauffreudigkeit der Kunden aus. Wir halten aber daran fest, dass Felzl eine Handwerksbäckerei mit sehr guter Qualität und ehrlichen Preisen ist und auch bleiben wird.” Gerade den Stammkunden sei man in dieser Zeit deshalb besonders dankbar. Der Ausblick ist im Großen und Ganzen also sehr positiv.

Bei Ja! Natürlich wird sich im nächsten Jahr alles um etwas anderes drehen: „Ich freue mich bei all den Herausforderungen auf ein Jahr voller Innovation, Bio-Pioniergeist und nicht zuletzt auf unser 30-jähriges Ja! Natürlich Jubiläum.” Das spielt auch für Anker eine Rolle: „Bei den Kaufentscheidungen der Konsumenten wird regionale Herkunft in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen. Für uns bei Ankerbrot war und ist der Fokus auf Regionalität immer schon eine Selbstverständlichkeit. Wir verarbeiten ausschließlich österreichisches Mehl, Hefe, Salz und setzen auch bei den restlichen Rohstoffen – wann immer es möglich ist – auf österreichische Herkunft.” Das Schlusswort kommt von Walter Karger: „Nach den vielfältigen Herausforderungen blicke ich mit viel Optimismus in Richtung 2024.”

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