Zwei Drittel müssen knapsen
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Zu wenig Arbeiterkammer-Präsident Johann Kalliauer sieht das Problem in den zu niedrigen Stundenlöhnen; er fordert eine Erhöhung der Mindestlöhne.
RETAIL Redaktion 10.11.2017

Zwei Drittel müssen knapsen

Der aktuelle Arbeitsklima Index zeigt: Das Gehalt der Angestellten im Handel reicht für 62% nicht aus.

WIEN. Das Geld reicht hinten und vorn nicht – fast zwei Drittel (62%) der Handelsangestellten kommen mit ihrem Einkommen nicht aus. Das war im Wesentlichen das Ergebnis der neuesten Auswertung des Österreichischen Arbeitsklima Index der AK Oberösterreich. Im Handel seien vorwiegend Frauen mit Teilzeitverträgen beschäftigt, so AK-Präsident Johann Kalliauer, aber: „Es liegt auch an zu niedrigen Stundenlöhnen.” Er fordert daher eine kräftige Lohn- und Gehaltserhöhung.

Junge tun sich am schwersten

Im Vergleich mit anderen Branchen fällt die Einkommenszufriedenheit der Handelsangestellten sehr tief aus. „Umso wichtiger ist die Sozialpartnereinigung auf einen Mindestlohn von 1.500 Euro. Dieser kommt vor allem Beschäftigten in Niedriglohnbranchen wie dem Handel zugute. Ziel der Gewerkschaften bleibt aber weiterhin ein Mindestlohn von 1.700 Euro”, sagt Johann Kalliauer. Angesichts des wirtschaftlichen Aufschwungs in Österreich sollte dies laut Kalliauer auch möglich sein.

Generell zeigt sich, dass Beschäftigte aller Branchen im Alter zwischen 21 und 30 am meisten mit dem Geld knapsen müssen; diese Altersgruppe repräsentiert dabei vor allem die Berufseinsteiger. Neben dem Alter spielen aber auch andere Faktoren eine Rolle, nämlich der Bildungsgrad, die Herkunft, das Bundesland und das Geschlecht. Wer eine hohe Bildung und keinen Migrationshintergrund hat, in Vorarlberg, Tirol, Oberösterreich oder Kärnten wohnt und männlich ist, kommt demnach eher mit dem Einkommen aus als Frauen.
Frauen verdienen im Schnitt deutlich weniger als Männer und kommen schwerer mit ihrem Einkommen aus, da sie ­öfter im Beruf zurückstecken und sich um die Kindeserziehung kümmern. Viele arbeiten in Teilzeitverträgen. Aber auch Niedrigqualifizierte, Personen mit Migrationshintergrund oder Beschäftigte, die in Salzburg, im Burgenland oder in Wien wohnen, sind in ihrem Einkommen benachteiligt.

Hohe Belastung im Handel

Ein positiver Trend ist allerdings, dass die Einkommenszufriedenheit insgesamt gestiegen ist. Nach der Wirtschaftskrise im Jahr 2008 und 2009 lag diese nämlich auf einem Tiefpunkt, nun verzeichnet man im ersten Halbjahr 2017 wieder eine positive Entwicklung des Index nach oben.

Als Belastung empfinden Angestellte im Handel mehr den ständigen Kundenkontakt; rund jeder Fünfte klagt über hohe Konzentration, hohe Verantwortung oder langes Stehen. Überdurchschnittlich belastet sind die Handelsbeschäftigten durch ständige Überwachung und Kontrolle, künstliches Licht und mangelnde Rückzugsmöglichkeiten. Zwei Drittel müssen am Samstag arbeiten, fast 30% sogar häufig. (red/APA)

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