WIEN. Die Schule hat wieder begonnen – und somit auch die Schulpflicht. Seit einem Jahr haben Jugendliche – trotz absolvierter Pflichtschule – bis zum vollendeten 18. Lebensjahr „Ausbildungsmaßnahmen zu ergreifen”, wie es heißt. Die Eltern sind also verpflichtet, für die Ausbildung ihrer Kinder zu sorgen oder sich bei der zuständigen Koordinierungsstelle zu melden.
Kopf: „Jobchancen erhöhen”
„Die Ausbildungspflicht wurde eingeführt, um die Jobchancen am Arbeitsmarkt zu erhöhen”, sagt Johannes Loinger, Vorstandsvorsitzender der D.A.S. Österreich. „Jedes Jahr hatten nämlich mehrere Tausend Jugendliche das Ausbildungssystem nur mit einem Abschluss der Pflichtschule verlassen.”
Die Ausbildungspflicht kann auf viele Arten erfüllt werden. So genügt beispielsweise der Besuch einer weiterführenden Schule oder eine Ausbildung nach gesundheitsrechtlichen Vorschriften (z.B. Gesundheits- und Krankenpflegeschule). Zulässig ist auch ein Lehr- oder Ausbildungsvertrag, der dem Berufsausbildungsgesetz entspricht. Schulische Externistenprüfungen oder Kurse, die auf die Ausbildung vorbereiten, sind ebenfalls erlaubt. Eine Liste aller Möglichkeiten für die Erfüllung der Ausbildungspflicht findet sich online unter www.help.gv.at.
Zahlreiche Ausnahmen
Es gibt jedoch Ausnahmen, bei denen die Ausbildungspflicht nicht zur Anwendung kommt. So kann die Pflicht zur Ausbildung so lange ruhen, wie der Jugendliche Kinderbetreuungsgeld bezieht. Auch die Teilnahme an einem freiwilligen Sozial-, Umwelt- oder Integrationsjahr entbindet davon.
Genau das Gleiche gilt für die Zeit, in der Präsenz- oder Zivildienst geleistet wird oder eine akute Krankheit vorliegt. „Während Ferienzeiten sowie während man auf einen Ausbildungsplatz wartet, muss etwa keine Ausbildung absolviert werden”, so Loinger.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Ausbildungspflicht auch bereits vor dem 18. Geburtstag enden: „Dazu zählen etwa der Besuch einer mindestens zweijährigen berufsbildenden Schule, eine Lehrausbildung oder eine gesundheitsberufliche Ausbildung von mindestens 2.500 Stunden.” Strafen für die Nichterfüllung der Ausbildungspflicht sind seit 1. Juli 2018 möglich. Sie sind aber nur als letztes Mittel vorgesehen. Davor gibt es viele Bemühungen, Eltern und Jugendliche zu unterstützen und zu beraten.
„Es wird niemand bestraft, der die Ausbildungspflicht erfüllen möchte, aber nicht kann”, beruhigt Loinger. „Gegen Eltern wird aber Anzeige erstattet, wenn sie nachweislich keine Verantwortung übernehmen und sich nicht im Sinne ihres Kindes bemühen.” Die Strafhöhe beträgt zwischen 100 bis 500 €, im Wiederholungsfall bis zu 1.000 €.
Koordinierungsstellen
Wenn sich Jugendliche aber weigern, eine Ausbildung zu machen, sind die Eltern innerhalb von vier Monaten nach Abschluss der Pflichtschulausbildung dazu verpflichtet, die Koordinierungsstelle ihres Bundeslandes zu kontaktieren. Auch öffentliche Einrichtungen wie Arbeitsmarktservice, Schulen oder Sozialministeriumsservice sind dazu aufgefordert, Verstöße zu melden.
Die Koordinierungsstelle ist unter 0800 700 118 kostenlos erreichbar.