••• Von Britta Biron
Missverständisse aufgrund mangelnder Fremdsprachenkenntnisse sind im Privatleben peinlich, in Wirtschaft oder Politik können sie einem dagegen teuer zu stehen kommen.
medianet hat mit Michaela Leithner, Inhaberin des renommierten Dolmetsch- und Übersetzungsbüro Smile Translations, über Trends und Zukunftsperspektiven der Branche gesprochen, die in jeder Sprache für klare Verhältnisse sorgt.
medianet: Hat die Globalisierung zu einer steigenden Nachfrage nach Übersetzungs- und Dolmetschdienstleistungen geführt?
Michaela Leithner: Ganz im Gegenteil. Abgesehen vom politischen Bereich rund um die EU, wo der Dolmetschbedarf gestiegen ist und wohl weiter steigen wird, sind Dolmetscher mittlerweile in der Privatwirtschaft ein Luxusgut. Die Konzernsprache ist meist Englisch und daher wird bei Veranstaltungen sehr oft auf die professionelle Sprachmittlung verzichtet, auch wenn das Ergebnis dann suboptimal ist. Im Bereich Übersetzung, also der schriftlichen Übertragung von einer in eine andere Sprache, gibt es dagegen schon einen wachsenden Bedarf, da sich viele Unternehmen juristisch lieber absichern wollen und wichtige Unterlagen wie Produktbeschreibungen, Bedienungsanleitungen, etc. in die jeweilige Landessprache übersetzen lassen.
medianet: Worauf müssen Unternehmen bei der Buchung von Übersetzungs- und/oder Dolmetschdiensten achten?
Leithner: Sicherheit kann man als Kunde nur haben, wenn man sich an professionelle Übersetzer und Dolmetscher hält bzw. an Büros, die ausschließlich mit solchen Experten arbeiten.
medianet: Trifft das denn nicht auf alle zu?
Leithner: Übersetzer und Dolmetscher sind beides freie Gewerbe, die ohne Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden können. Aber eine Sprache sehr gut oder gar fließend zu beherrschen, bedeutet längst nicht, dass man in diese oder aus dieser Sprache auch professionell übersetzen oder dolmetschen kann. Dafür benötigt man auch theoretisches Hintergrundwissen. Zudem unterliegen Übersetzer und Dolmetscher – ähnlich wie Rechtsanwälte und Ärzte – einer strengen Verschwiegenheitspflicht, was Laien eventuell gar nicht bewusst ist.
medianet: Woran erkennt man professionelle Anbieter noch?
Leithner: Daran, dass sie beraten und nicht einfach ein Angebot schicken, ohne vorher wesentliche Punkte abzufragen. Etwa das Thema – auch qualifizierte Kräfte können nicht alle Fachgebiete gleich gut abdecken –, die Art der Veranstaltung und der Zielgruppe – international oder Muttersprachler –, für die übersetzt oder gedolmetscht werden soll. Gerade beim Dolmetschen wird ein seriöser Anbieter auch beraten, ob und welche Technik notwendig ist und wie viele Dolmetscher zum Einsatz kommen müssen. Wenn man zum Beispiel einen Dolmetscher für den ganzen Tag anfragt und ein Angebot für wirklich nur einem Dolmetscher bekommt, dann ist man an eine unseriöse Agentur geraten. Dolmetscher arbeiten immer zu zweit, um einander in 30-Minuten-Intervallen abzuwechseln.
medianet: Sind Zertifizierungen eine Hilfe bei der Auswahl?
Leithner: Zum Teil, denn leider wird die ISO-Zertifizierung, die in Wahrheit nur für Übersetzungsdienstleistungen gilt, von einigen Anbietern fälschlicherweise auch für Dolmetschleistungen gleich mitverwendet. Bisher ist mein Unternehmen das einzige in Österreich, das für beide Bereiche zertifiziert ist.
medianet: Wie schätzen Sie die Ausbildung von Übersetzern und Dolmetschern ein?
Leithner: Aufgrund von Einsparungen an den Unis kann die Ausbildung nicht mehr all das bieten, was sie sollte. Leider wurde der Lehrplan am Zentrum für Translationswissenschaften meines Wissen sehr gekürzt und verändert. Die Praxis, die noch vor ein paar Jahren im Studium vermittelt wurde, wird jetzt durch Theorie ersetzt bzw. durch Zusammenlegung von Sprachen innerhalb einer Übung verhindert.
medianet: Wie schätzen Sie Automatisierung und künstliche Intelligenz in Ihrer Branche ein?
Leithner: Es gibt mittlerweile sehr gute Übersetzungsprogramme, und ich denke, der Beruf des Übersetzers wird eher in die Richtung des Texteditors gehen. Beim Dolmetschen werden künftig Videoübertragungen mit Sicherheit an Bedeutung gewinnen. Heute werden Gespräche zwischen Arzt und Patient, die eine der höchsten Datenschutzstufen erfordern, häufig schon häufig per Videodolmetschung gemacht.
Ich kann mir für die Zukunft durchaus auch künstliche Intelligenz vorstellen, die ohne menschliche Beteiligung dolmetscht. Ich bin jedenfalls sehr gespannt, wie sich die Technik weiterentwickelt, und sehe es als meine Verpflichtung, so gut es geht am Laufenden zu bleiben. Wenn es etwas Besseres, Schnelleres und Kostengünstigeres gibt, dann wollen wir das unseren Kunden auf keinen Fall vorenthalten. Wir setzen neue Technologien aber immer erst dann ein, wenn wir sie selbst vorab getestet haben und uns gut genug informiert fühlen.