„In diesem Job kann man viel bewegen”
© Pamela Russmann
DESTINATION Redaktion 01.09.2023

„In diesem Job kann man viel bewegen”

Die neue Chefin der Österreich Werbung, Astrid Steharnig-Staudinger, im ausführlichen Interview.

••• Von Alexander Haide

Seit Mai dieses Jahres ist Astrid Steharnig-Staudinger, gebürtige Kärntnerin und Mutter von Zwillingen, die neue Chefin der Österreich Werbung. Sie trat ihren neuen Job in turbulenten Zeiten an. Dennoch blickt sie sehr zuversichtlich in Österreichs Tourismuszukunft. Im großen medianet-Interview analysiert Steharnig-Staudinger aktuelle Krisen und stellt ihre Philosophie vor, mit der sie das Land internationalen Gästen in schwierigen Zeiten schmackhaft machen möchte.


medianet:
Fachkräftemangel, Klimawandel, Inflation – hätten Sie sich ein ruhigeres Fahrwasser zu Ihrem Amtsantritt gewünscht oder brauchen Sie die Herausforderung?
Astrid Steharnig-Staudinger: Die von Ihnen beschriebene Situation ist nicht erst heuer aufgetreten. Tourismus lebt von Veränderungen und von Herausforderungen. Die Branche zeichnet sich dadurch aus, sich gerade darauf einstellen zu können und sich neu zu erfinden. Dadurch entstehen auch Innovationen. Das haben wir auch während der Coronapandemie gesehen.

Und ja, ich bin begeisterte Österreich-Werberin und freue mich auf diese schöne Aufgabe und die Herausforderung. Ansonsten hätte ich vor 15 Jahren nicht den Weg in die Selbstständigkeit gewagt. Ich habe an mich geglaubt und war erfolgreich. Und mit dieser Sichtweise gehe ich auch die Geschäftsführung der Österreich Werbung an.


medianet:
Weshalb hat Sie der Job als Chefin der Österreich Werbung gereizt?
Steharnig-Staudinger: Was gibt es Schöneres, als die eigene Heimat zu vermarkten? In diesem Job kann man so viel bewegen. Gemeinsam mit der gesamten Branche kann man das Bild des Tourismusstandorts Österreich im Ausland prägen, Menschen für dieses großartige Land begeistern. Ich denke, es ist notwendig, die ganze Vielfalt Österreichs vor den Vorhang zu holen. Denn es gibt so viele unterschiedliche Zielgruppen mit unterschiedlichen Ansprüchen in den verschiedenen Märkten, die wir bearbeiten. Mit zeitgemäßer Kommunikation den Tourismus in Österreich auf seinem Erfolgsweg zu unterstützen, das ist eine großartige Aufgabe, die mich sehr reizt.

medianet:
Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler bezeichnete Sie als strategische Vordenkerin. Würden Sie das unterschreiben und was sind hier Ihre Stärken?
Steharnig-Staudinger: Ich bin eine Visionärin mit weiser Voraussicht und blicke stets über den Tellerrand. Ich bin überzeugt, dass in der heutigen Arbeitswelt und gerade im Tourismus drei Aspekte wesentliche Bedeutung haben: Anpassungsfähigkeit, ein offenes Mindset und Empathie. Das sind drei Eigenschaften, die ich mir bei aller Bescheidenheit zuschreiben würde. Und ich bin eine gute Brückenbauerin.

Unser Alltag wird immer technologisierter, die Veränderungen passieren inzwischen im Wochentakt. Deshalb ist es wichtig, sich die Fähigkeit zu bewahren, Veränderungen nicht als eine Bedrohung wahrzunehmen, sondern sie in seinen Alltag zu integrieren und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Daneben ist es vor allem für unsere Branche zentral, das Menschliche in den Vordergrund zu stellen. Technologische Neuerungen mögen uns effizienter machen, aber das persönliche Erlebnis, das Gespräch mit dem Gastgeber oder der Schmäh vom sympathischen Service-Mitarbeiter, das lässt sich nicht maschinell ersetzen.


medianet: Welche Akzente in der Bewerbung Österreichs werden Sie für den Winter 2023/24 und für den Sommer setzen?
Steharnig-Staudinger: Die Winterkampagne ist ein Fortschreiben der Sommerkampagne ‚Urlaub auf Österreichisch'. Das war bereits vor meinem Antritt klar. Wir werden aber im Winter einige auffallende Flagships mit PR-Relevanz umsetzen. Da dürfen Sie gespannt sein. 2024 wird es eine komplett neue Kommunikationslinie für Urlaub in Österreich geben. Diese wird im Zuge der ITB in Berlin präsentiert.

medianet: Einer der aktuellen Trends ist der Radtourismus. Gibt es hier eine landesweite Strategie oder ist das Aufgabe der regionalen Tourismusbüros?
Steharnig-Staudinger: Die Österreich Werbung hat heuer zum fünften Mal die Themenkooperation Rad lanciert. Hier arbeiten wir gemeinsam mit den Landestourismusorganisationen, heuer zum ersten Mal mit acht von ihnen, an Gestaltung und Umsetzung der Kampagnen. Die Radexperten der Bundesländer bringen dabei ihr Wissen aus der alltäglichen Praxis ein, was ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist. Heuer haben wir erstmals den Trendsport Gravel-Biking aufgegriffen, der schon eine große und wachsende Community hinter sich vereint. Mit den Landestourismusorganisationen wurde eine österreichweite Gravel-Tour, ‚Gravel Austria', gestaltet, die auf einer eigenen Landingpage vorgestellt wird. Das ist ein schönes Beispiel dafür, wie wir uns mit den aktuellen Trends beschäftigen und diese in unsere Kampagnen integrieren, vor allem aber auch weiterentwickeln.

medianet:
Macht Ihnen die aktuelle Inflation Sorgen, die höher ist als in anderen Ländern, aus denen die Mehrzahl der Incoming-Touristen stammt? Wird sich das auf die kommende Wintersaison auswirken?
Steharnig-Staudinger: Wir führen dieses Interview im Sommer, da ist der kommende Winter ehrlicherweise noch zu weit weg für belastbare Aussagen. Aus unseren Umfragen wissen wir grundsätzlich, dass sich die Menschen nach Urlaub sehnen. Urlaub ist eine Top-Konsumpriorität, man verzichtet lieber auf andere Dinge. Österreich ist ein Wintersportland, da sind wir weltweit führend. Das schätzen die Gäste. Schon in der letzten Wintersaison war die Inflation hoch, wir haben uns im Vorfeld Gedanken gemacht, wie sich die hohen Energie- und Lebensmittelkosten auf die Buchungen auswirken werden. Die Bilanz der Branche fiel dann äußerst positiv aus und man war mit der Wintersaison sehr zufrieden. Die Österreich Werbung wird den Winter in Österreich jedenfalls mit aller Kraft bewerben, um aus den dann herrschenden Rahmenbedingungen das beste Ergebnis für Urlaub in Österreich herauszuholen.

medianet:
Viele Zielmärkte sind in Übersee. Sehen Sie Probleme aufgrund des ‚Flight-Shamings' und der Energiekosten?
Steharnig-Staudinger: Grundsätzlich reisen ca. zehn Prozent unserer Gäste mit dem Flugzeug an. Die zuletzt gestiegenen Flugpreise haben noch zu keinem sichtbaren Effekt geführt. Die zahlungskräftige Zielgruppe, die etwa aus den USA oder Asien mit dem Flugzeug anreist, leistet sich Urlaub weiterhin. Das ist derselbe Effekt, den wir auch in unseren Nahmärkten sehen. Reisen ist ein hohes Gut, den man sich auch in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld nicht nehmen lassen möchte. Was den Nachhaltigkeitsgedanken angeht, tut sich in der Luftfahrt-industrie sehr viel. Die Flugzeuge verbrauchen weniger Treibstoff, und der beginnende Einsatz von sogenannten Sustainable Aviation Fuels, die CO2-neutrales Fliegen ermöglichen sollen, führen insgesamt zu weniger Energieverbrauch im Flugverkehr.

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