Reisen wie damals: Ein Jahrhundert im Zeitraffer
© IMAGNO/Austrian Archives
Sommerfrische Reisende im Jahr 1925 am Wiener Franz-Josefs-Bahnhof.
DESTINATION sabine bretschneider 26.05.2017

Reisen wie damals: Ein Jahrhundert im Zeitraffer

Die Verkehrsbüro Group gestaltete ihre 100-Jahres-Party als Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft.

••• Von Sabine Bretschneider

Die Verkehrsbüro Group feierte vergangene Woche im Wiener Kunsthistorischen Museum ihren Hunderter – und ließ aus diesem Anlass die wechselvolle Geschichte des Konzerns Revue passieren …

1917: Eine schwierige Geburt

Gegen Kriegsende war das Transportsystem fast zusammengebrochen, dennoch dachte man schon über Maßnahmen nach, um der devastierten Tourismusbranche in Österreich wieder auf die Beine zu helfen. Am 29. Dezember erfolgte die Geburtsstunde des „Österreichischen Verkehrsbureaus”, gegründet vom Verkehrsverband im Auftrag des Eisenbahnministeriums.

Schon voll in Fahrt

Ein paar Jahre später boomte das Geschäft mit der Sommerfrische – 3,7 Mio. Eisenbahn­tickets wurden 1921 ausgestellt. In diesem Jahr ließ sich das Verkehrsbüro auch ein Headquarter in der Wiener City errichten (das heutige Novomatic Forum in der Friedrichstraße). Nach den Turbulenzen in der Weltwirtschaftskrise wurde das Unternehmen im Zweiten Weltkrieg in das „Mitteleuropäische Reisebüro des Großdeutschen Reichs” eingegliedert.

Urlaub für alle

Schon 1946 gab es wieder die ersten Sommerfrische-Annoncen in den Zeitungen. Das neu gegründete Verkehrsbüro – es gehörte der staatlichen Eisenbahn, Stadt Wien, Donau Save AG und weiteren Gesellschaften – peilte ein neues Ziel an: Erholungsurlaub am Mittelmeer für jedermann per Bus oder Zug („Bäderdrahrer”). 1948 reisten 300 Österreicher mit dem Verkehrsbüro nach Italien und Jugoslawien, 1951 waren es schon 13.000. 1954 gründete das Verkehrsbüro dann den „Austropa Express”, internationale Rundreisezüge. Die Übernachtungen im Ausland stiegen 1955 innerhalb eines Jahres um 29,6%. 1961 machte das Verkehrsbüro einen Rekordumsatz von 520 Mio. Schilling – man hatte die Einnahmen innerhalb von zehn Jahren verfünffacht.

Expansion & Krise

In den anschließenden Jahrzehnten expandierte das Verkehrsbüro stark, aber riskant: 1968 etwa war es Mitbegründer des ersten Österreichischen Reiseveranstalters für Flugreisen, Touropa, 1970 folgte die Airtour Austria. 1974 war das Verkehrsbüro, das mittlerweile mehrheitlich der Republik gehörte, ein Großkonzern mit 17 Beteiligungen. Der Ölpreisschock und seine Folgen stürzten das Unternehmen in die größte Krise seiner bisherigen Existenz. Zwischen 1978 und 1980 wurde aus einem Gewinn von 1,6 Mio. Schilling ein Verlust von minus 66,9 Mio. Erst mit neuem Management und einem rigorosen Sanierungsprogramm bekam das Verkehrsbüro das Problem ab 1984 in den Griff.

1980er/90er: Outgoing-Riese

Das Verkehrsbüro kauft das Reisebüro Intropa und steigt 1986 beim Reiseveranstalter Austropa ein. Zwei Jahre später erfolgt die Umwandlung in eine AG mit einem Grundkapital von 120 Mio. Schilling. 1990 wurde der ehemalige Staatskonzern privatisiert und gehörte dann der Girozentrale und Bank der österreichischen Sparkassen AG, Zentralsparkasse und Kommerzialbank AG und dem damaligen Generaldirektor Reinhard Galler.

1997 schuf die Verkehrsbüro-Gruppe mit der Fusion der Austropa Hotels und Austria Trend Hotels den größten Hotelkonzern Österreichs mit 30 Häusern, und 1998 übernahm sie das innovative Incoming-Unternehmen Eurotours. In diesem Jahr stieg der Jahresgewinn von 81 Mio. auf 135 Mio. Schilling.

Hochzeit der Giganten

2004 erwarb das Verkehrsbüro den größten Mitbewerber, die Reisebürokette Ruefa, und wurde damit zum einzigen Big Player in Österreich. 2010 wurden alle Filialen unter der Marke Ruefa zusammengeführt.

2011–2017: In die Zukunft

Mit 9/11 veränderte sich das Reiseverhalten – Sicherheitsbedenken standen im Vordergrund. Auch Sharing Communities machten der Branche Konkurrenz – Stichwort Airbnb. Mit AX Travel Management (Geschäftsreisen), Jumbo Touristik und Palais Events stießen 2011 drei neue Unternehmen zum Konzern. Mit der Eröffnung von Motel One in Salzburg und Wien stieg die Gruppe in den Budget-Design-Hotelmarkt in Form eines Joint-Venture ein. 2016 machte der rund 2.800 Mitarbeiter zählende Konzern mit seinen 27 Aus­tria-Trend-Hotels und über 100 Ruefa-Reisebüros rund 870 Mio. € Umsatz, der Gewinn lag bei 12,3 Mio. €. Auch in den ersten vier Monaten 2017 verzeichnet das Verkehrsbüro ein Umsatzplus. Der langjährige Generaldirektor Harald Nograsek wird im Herbst abgelöst; ab 1. Oktober 2017 wird der Konzern von einem Dreier-Vorstand unter Vorsitz von Vorstandssprecher Martin Winkler geführt werden. Winkler ist seit 2015 Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung und verantwortet den Bereich Konzernfinanzen.

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