Cybercrime das Handwerk legen oder gar verhindern
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DOSSIERS Redaktion 25.03.2022

Cybercrime das Handwerk legen oder gar verhindern

Die Kriminalität im Internet steigt weiter an, in den unterschiedlichsten Formen. Größter Posten: der Internetbetrug. Besonders betroffen: der eCommerce.

WIEN. Die Digitalisierung öffnet uns weltweit viele Türen, zuweilen leider mit einem bitteren Beigeschmack. Denn egal, ob es sich um Schadsoftware, Datendiebstahl oder digitale Erpressung handelt, die Möglichkeiten von Cyberkriminellen nehmen rasant zu – auch im Onlinehandel.

eCommerce boomt, im Corona-Jahr 2021 ist die Branche in Österreich um 20% gewachsen. Mit steigendem Umsatz wächst aber auch das Risiko für ­Betrug, so die zentrale Erkenntnis der Sicherheitsstudie 2021, die vom Handelsverband in Kooperation mit dem Innenministerium und dem Bundes­kriminalamt (BK) durchgeführt wurde.
Das Internet gilt leider weiterhin als Nährboden für verschiedenste Formen von Kriminalität. Covid-19 zeigt auch hier seine Tücken und befeuert Cybercrime noch zusätzlich – aber, Online-Händlerinnen und Händler aufgemerkt: Die Aufklärungsquote bleibt konstant hoch. Das besagt unter anderem der Lagebericht des Bundes­kriminalamts über die Kriminalitätsentwicklung im Internet.

Trauriger Anstieg

Betrug im Netz ist allerdings keine Einbahnstraße: Bereits ein Fünftel der Konsumentinnen und Konsumenten haben laut der Sicherheitsstudie schon Erfahrungen mit Fake-Webshops gemacht.

„2021 sind Cybercrime-Delikte im Vergleich zu 2020 um 26 Prozent angestiegen. Ein Grund dafür ist gewiss die Covid-19-Pandemie, die Auswirkungen auf unterschiedlichste Bereiche unseres Zusammenlebens hat. Auffallend ist, dass sich Kriminalität von traditionellen Formen hin zu neuen Phänomenen wendet”, sagt Gerhard Karner, Bundesminister für Inneres. Die Kriminalität verlagere sich zusehends ins World Wide Web – vom Bestellbetrug bis hin zum Suchtmittelhandel.
Aber was fällt eigentlich alles unter Cybercrime? Cybercrime im engeren Sinne umfasst kriminelle Handlungen, bei denen Angriffe auf Daten oder Computersysteme unter Verwendung der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) begangen werden. Die Straftaten sind gegen die Netzwerke selbst oder aber gegen Geräte, Dienste oder Daten in diesen Netzwerken gerichtet, wie bei der Datenbeschädigung, dem Hacking oder DDoS-Angriffen. Betrügerischer Datenverarbeitungsmissbrauch gehört auch dazu – hier verzeichnete das BK 2020 massive Anstiege. Hauptgrund hierfür sind die zunehmende Verlagerung des täglichen Lebens in das Internet sowie die Schaffung neuer internetbasierter Zahlungsmöglichkeiten. Die betrügerische Verwendung von Near Field Communication (NFC) bei Bankomat- und Kreditkarten mache hierbei den größten Anteil der Anzeigen aus. Auch die Fälle von Phishing seien angestiegen, heißt es im Cybercrime-Report 2020 des BMI.
Wo es einen engeren Sinn gibt, da ist der weitere nicht fern: Unter Cybercrime im weiteren Sinne werden Straftaten verstanden, bei denen die Informations- und Kommunikationstechnik als Tatmittel zur Planung, Vorbereitung und Ausführung von herkömmlichen Kriminaldelikten eingesetzt wird, wie Betrugsdelikte, Drogenhandel im Darknet, Online-Kindesmissbrauch, Cybergrooming oder Cyber­mobbing. „Es gibt also nur mehr wenige Bereiche, auch in der traditionellen Kriminalität, in denen Digitalisierung und IT keine Rolle mehr spielen”, sagt Karner.

Konstante Aufklärung

Cybercrime in all seinen vielfältigen Erscheinungsformen stieg von 28.439 angezeigten Delikten im Jahr 2019 auf 35.915 im Jahr 2020 – dies bedeutet ein Plus von 26,3%. Trotz des beachtlichen Zuwachses konnte die prozentuelle Aufklärungsquote mit 33,4% nahezu konstant gehalten werden. Den größten Posten nimmt der Internetbetrug ein, er hat mit 18.780 Anzeigen einen neuen Höchststand erreicht.

„Fast jeder, der einen Computer oder ein Smartphone hat, war schon einmal von Cybercrime betroffen. In den besten Fällen ist es bei einer versuchten Straftat geblieben und daher werden viele Delikte gar nicht zur Anzeige gebracht. Kriminelle stellen sich rasch auf neue Gegebenheiten ein und passen ihr Vorgehen an. Das haben wir auch während der Covid-19-Pandemie beobachtet”, berichtet Andreas Holzer, Direktor des BK. „Unser Ziel als Kriminalpolizei ist, die Kriminellen strategisch zu überholen. Szenarien und Phänomene erkennen, bevor sie auftreten, warnen, ermitteln und Verbrecher schließlich dingfest machen.”

Warnende Worte

Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands, bringt das pandemiebedingte Wachstum an Webshops und Onlinebestellungen mit den häufigeren Delikten, neuen Betrugsmaschen und deutlich höheren Schäden in Zusammenhang und warnt: „Handlungsbedarf ist gegeben. 2021 waren bereits fast zwei Drittel der heimischen Händler Opfer von Betrug im Netz, ein Viertel sogar schon mehrmals. Damit steht Internetbetrug weit oben auf der Liste potenzieller Bedrohungen für den Handel. Die Schäden nehmen zu und gehen teilweise in die Millionen.” Ähnlich sei die Situation auf Konsumentenseite: Jeder Zweite schätze die Gefahren im eCommerce als hoch ein. Für Online-Shopper zähle Sicherheit mittlerweile zu den wichtigsten Kaufkriterien.

Der eCommerce-Boom sei auch den Kriminellen nicht entgangen, mahnt Manuel Scherscher, stellvertretender Direktor des BK und Leiter der Initiative „Gemeinsam. Sicher”: „Sie nutzen die vermeintlichen Schwachstellen im Bestellprozess von Webshops für ihre Machenschaften. Die missbräuchliche Verwendung real existierender Identitäten beim Kauf auf Rechnung stellt den Großteil der angezeigten Delikte im Jahr 2021 dar.”

Sicherheitsaspekte

Eines zeige die Sicherheitsstudie 2021 deutlich: „Es ist aus Sicht der Polizei unumgänglich, ein besonderes Augenmerk auf den Faktor Sicherheit im Onlinehandel zu werfen”, betont Scherscher. Die Polizei forciere neben der Repression, der Verfolgung der Täter, verstärkt auch den präventiven Aspekt.

„Mit dem Programm ‚Gemeinsam. Sicher' im Onlinehandel haben das Bundeskriminalamt und der Handelsverband eine Plattform geschaffen, die es den heimischen Händlern ermöglicht, Sicherheitsaspekte bei der Etablierung ihres Webshops stets mitzudenken. Die Kooperation zwischen Polizei und Privatsektor stellt ein wesentliches Element dar, die Sicherheit im Onlinehandel zu verbessern”, erklärt Scherscher das Ziel der Kooperation.
Kriminalität im Internet sei eine Straftat, die nicht hingenommen werde, sagt Karner: „Daher werden wir den Kampf gegen Cybercrime noch stärker forcieren und den Fokus auf die Präventionsarbeit richten.”

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