Beste Bankengeschäfte in Zentral- und Osteuropa
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FINANCENET Redaktion 12.01.2024

Beste Bankengeschäfte in Zentral- und Osteuropa

Raiffeisen CEE Report: Eigenkapitalrentabilität der Institute höher als in den „Osteuropa-Boomzeiten”.

••• Von Reinhard Krémer

Die aktuelle Ertragslage im CEE-Bankgeschäft hat alle unsere Erwartungen übertroffen”, sagt Raiffeisen Bank International-Chefökonom Gunter Deuber. Derzeit verzeichnet man in allen Bankenmärkten in Zentral- und Südosteuropa (CE/SEE) eine Eigenkapitalrentabilität von über zehn Prozent – so etwas hat es gemäß Deuber selbst in den „Osteuropa-Boomzeiten” vor der globalen Finanzkrise nicht gegeben. Im Schnitt liegt die Eigenkapitalrentabilität in CE/SEE bei 16 bis 17%.

„Die solide und breit angelegte Gewinnsituation in allen CEE-Märkten bestätigt unser Geschäftsmodell als regional fokussierte und breit aufgestellte Universalbank”, sagt Johann Strobl, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen Bank International AG (RBI). Zudem würden gemäß den Raiffeisen Research-Analysten die Bankenmärkte in CE/SEE auch ohne Russland eine hinreichende Größe für breit aufgestellte Akteure aufweisen. Die Bankaktiva in CE/SEE sollten im kommenden Jahr die Marke von 2.000 Mrd. € überschreiten.

Der Gesamtmarkt boomt

Damit wird der CE/SEE-Bankenmarkt bald jene Größe erreichen, die der gesamte CEE-Markt inklusive des russischen Bankensektors vor zehn Jahren hatte. Das Ertragspotenzial in der CE/SEE-Region liegt, gemäß der Schätzung von Raiffeisen Research, heuer bei 19 bis 20 Mrd. €. Tschechien ist nach wie vor der Hauptgewinnbringer (ca. 25% des CE/SEE-Ertragspools), wobei Polen und Ungarn aufgeholt haben (18% bzw. 13%).

Allerdings warnt Raiffeisen Research-Senior-Bankenanalyst Ruslan Gadeev: „Die aktuelle Ertragssituation lässt sich kaum so einfach fortschreiben.” Die Kernbankerträge werden wahrscheinlich durch verschiedene Faktoren unter Druck geraten. RBI-Bankenspezialist Gadeev sieht einen komplexen Mix auf CEE-Banken zukommen: „Der Druck auf die Erträge wird von allen Seiten zunehmen.”

Höhepunkt bereits erreicht

„Sei es die zusätzliche Bankenbesteuerung, der Inflationsdruck auf die Geschäftskosten, die Veränderung der Refinanzierungsseite oder ein teurerer Mix aufgrund des zunehmenden Anteils von Termineinlagen, kostspieligen regulatorisch getriebenen (MREL-)Finanzierungen sowie die Aussicht auf ein geringes Kreditwachstum in Verbindung mit gewissen Risikokosten und Zinsrückgängen – all das spricht für einen Ertragshöhepunkt im Jahr 2023”, sagt der Experte.

Es sollte nicht überraschen, dass Rekordgewinne im Bankenbetrieb steuerliche Begehrlichkeiten geweckt haben – nicht nur in der RBI-Kernregion CE/SEE, meint man bei Raiffeisen Research. Die Praxis der (Über-)Gewinnbesteuerung von vermeintlichen „Zufallsgewinnen” im Bankgeschäft erfasst jedoch immer mehr Länder in Mittel- und Osteuropa.

Neue Abgaben belasten

Die Ukraine, Rumänien, Slowenien und die Slowakei werden dem Beispiel Ungarns und Tschechiens folgen, wo solche Abgaben bereits im Jahr 2022 eingeführt wurden. Gemäß der Raiffeisen Research-Analysten ist es wichtig, dass solche Extra-Belastungen zeitlich begrenzt bleiben. RBI-CEO Johann Strobl unterstreicht: „Die aktuelle, sehr solide Ertragslage spiegelt nicht nur die Leitzinserhöhungen wider, sondern auch massive Optimierungs- und Restrukturierungsanstrengungen der letzten Jahre.”

Der Raiffeisen Research CEE Bankenreport zeigt, dass sich die regionalen Geschäftsaktivitäten westlicher Banken in CEE im Jahr 2023 weiter massiv in Richtung der CE/SEE-Märkte verschoben haben.

Gute Geschäfte in CEE

Auf diese Ländergruppe entfallen mittlerweile fast 94% der Bilanzsumme westlicher Banken in der CEE-Region. Das Russlandgeschäft liegt bei fünf Prozent und damit auf dem Niveau eines Landes wie Kroatien. Zudem zeigt Ruslan Gadeev auf, dass chinesische Banken in einigen Geschäftsfeldern des Transaktionsgeschäfts vor Ort in Russland schon ähnliche Be­deutung haben wie die in Russland vor Ort verbleibenden, sehr vorsichtig agierenden westlichen bzw. westeuropäischen Banken.

Österreicher weit vorne

Die führenden heimischen CEE-Banken (Erste, RBI) weisen weiter einen Marktanteil von gut über einem Drittel am regionalen Bankgeschäft in CEE auf (33%). Gefolgt werden die österreichischen CEE-Großbanken von italienischen Kreditinstituten mit einem Marktanteil von 27%. Damit sieht Gunter Deuber die Rolle des Finanzplatzes Wien als regionale Drehscheibe weiterhin gut abgesichert. Allerdings zeichnet sich gemäß den Raiffeisen Research-Analysten in einigen Märkten wie Ungarn, Rumänien oder Serbien derzeit eine Marktanteilsverschiebung zugunsten von lokalen Akteuren ab. Auf den drei zentralen CE-Bankenmärkten (Tschechien, Slowakei, Ungarn) ist die RBI gemäß Raiffeisen Research die Nummer drei, in Südosteuropa über alle Märkte gerechnet die Nummer vier.

Systemische Rolle in Ukraine

Neben dem Bankenmarkt Russland gibt der Raiffeisen Research Bankensektor Report auch detaillierte Einblicke in den Bankenmarkt der Ukraine. Letzterer ist ein Kernbestandteil der Resilienz der ukrainischen (Dienstleistungs-)Wirtschaft.

In diesem Kontext betont Gunter Deuber: „Österreichische Banken, und vor allem die RBI, stehen für 35 Prozent der internationalen Bankenexposures gegenüber der Ukraine. Das ist ein außerordentlich hoher Wert und unterstreicht die systemische Rolle unser Tochterbank in der Ukraine.”

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