Coronavirus wütet auch in Wirtschaft und Börse
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FINANCENET Redaktion 20.03.2020

Coronavirus wütet auch in Wirtschaft und Börse

Noch hat die Lungenkrankheit Österreich im Griff – doch Experten sehen trotzdem bereits Hoffnungsschimmer.

••• Von Reinhard Krémer

Die Gefahr dräute aus dem fernen China – und in wenigen Wochen bedrohte sie die ganze Welt: Das Coronavirus breitet sich unaufhaltsam aus und machte, nachdem es auch Italien ins Chaos gestürzt hatte, vor Österreich nicht halt. Doch hier war man bestens vorbereitet; die Regierung hatte bereits seit Wochen an einem Notfallplan gefeilt, der vor wenigen Tagen schrittweise ausgerollt wurde. Der Tenor: Soziale Kontakte einschränken, zu Hause bleiben, Schulen, Theater, Kinos, Restaurants und viele Geschäfte werden geschlossen – nur so kann man die Gefahr unter Kontrolle bekommen. Die Umsicht der alpenrepublikanischen Führung fand Beachtung: „So einen brauchen wir auch”, titelte die deutsche Bild Zeitung in Bezug auf Kanzler Kurz.

Der Preis fürs Überleben

Die heimische Wirtschaft steht vor der größten Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg, meinte dieser. Der Stillstand wird Wachstum kosten; wie viel, lässt sich noch nicht abschätzen. „Wir werden die Konjunkturprognose Ende März nach unten revidieren”, sagte Wifo-Chef Christoph Badelt.

„Wenn die ganze Epidemie in zwei Monaten vorüber ist, dann kommen wir mit einer Wachstumsdelle davon”, wenn es länger dauert, drohe eine Rezession. „Ökonomisch gesehen, ist die Angst vor Corona mindestens so gefährlich wie Corona selbst”, so Badelt. Unternehmen brauchen eine Kompensation für den wegbrechenden Umsatz.
Kurzarbeit sei da ein wichtiges Instrument; und sonst alles, was die Liquidität sichert – von Steuerstundungen bis zu Kreditgarantien. „Da rate ich der Politik, nicht kleinlich zu sein, sondern alles zu tun, was notwendig ist”, so der Wifo-Chef.
„Wir können uns jetzt locker Staatsausgaben leisten”, so Badelt, „wir machen es nicht gern, aber es ist eben notwendig und es wird keine nachhaltigen ökonomischen Probleme nach sich ziehen.”

Die Bazooka der Regierung

Da kommt das 38 Mrd. €-Hilfspaket der Regierung, die dafür mit Recht auf´s Nulldefizit pfeift, gerade recht. Die Hilfe soll allen Betrieben, aber vor allem den KMU und Ein-Personen-Unternehmen, zukommen.

„Das größte Thema ist die Liquidität”, sagte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck.
Für Selbstständige ist es seit letztem Donnerstag möglich, die Sozialversicherungsbeiträge zu stunden, ohne dass Verzugszinsen anfallen. Für größere Betriebe gibt es Kredithaftungen und Kurzarbeit. Wer Mitarbeitern mit Betreuungspflichten eine Freistellung gewährt, bekommt ein Drittel der Lohnkosten ersetzt. „Das gibt es sonst nirgends in Europa”, so Schramböck.

Kurzarbeit auch für „Kleine”

Das Mittel der Kurzarbeit will Schramböck auch kleineren Unternehmen zugänglich machen und die Antragsfrist von derzeit sechs Wochen deutlich verkürzen.

„Wir machen eine klare Zusage: Jedes Unternehmen, das in Kurzarbeit gehen muss, kann in Kurzarbeit gehen.” Für den schwer getroffenen Tourismus – einige Urlaubsgebiete sind mittlerweile unter Quarantäne – kündigte die Ministerin ein umfassendes Hilfspaket an.

Börsen tauchten ab

Die Börsen gingen in der Vorwoche weltweit auf Tauchstation; einige, darunter auch der heimische ATX (er fiel am 12. März um 314,73 Punkte oder 13,65 Prozent auf 1.991,22 Einheiten) mussten den größten prozentuellen Verlust ihrer Geschichte hinnehmen. In Frankfurt brach der DAX um mehr als zwölf Prozent ein und rutschte erstmals seit dem Sommer 2016 unter die Marke von 10.000 Punkten.

In New York sackte der Dow Jones an diesem Tag um beachtliche 9,1% ab und lieferte damit den schwächsten Handelstag seit dem Jahr 1987. Der Euro-Stoxx-50 büßte fast 13% an Wert ein. Der Euro stieg kurzfristig bis auf mehr als 1,14 zum US-Dollar, gab dann aber wieder auf 1,11 nach.

Ölpreis tief unten

Der Ölpreis ging dramatisch in die Knie: Er verlor innerhalb eines Monats fast die Hälfte seines Werts und lag zuletzt bei 32 USD pro Fass. Der Freitag, der 13., zeigte sich dann an den Börsen bereits etwas freundlicher – unterm Strich blieb trotzdem an fast allen Märkten ein Wochenminus von 20%. Zur Klimaverbesserung hatten auch die Maßnahmen der Europäischen Zentralbank beigetragen: Um die Folgen der Ausbreitung des Coronavirus abzumildern, hat die EZB nämlich die vorüber­gehende Lockerung von Eigenkapitalanforderungen angekündigt.

Gelegenheit zum Aktienkauf

Die Zentralbänker hoffen, dass die aus den genannten Maßnahmen resultierenden Eigenkapitalerleichterungen den Banken helfen werden, die Wirtschaft durch Bereitstellung von Krediten weiter zu unterstützen.

Der Abverkauf nimmt zunehmend Ausmaße an, die sich historisch als ausgezeichnete längerfristige Kaufgelegenheiten bewährt haben, meinen die Experten von Raiffeisen Research. „Inzwischen wird das aktuelle Niveau des ‚Panik-Indikators' nur noch von den Spitzen während der globalen Bankenkrise 2008/09 übertroffen”, meint ­Valentin Hofstätter von der Raiffeisenbank International.
„Der derzeitige Abverkauf an den Börsen dürfte sich aus unserer Sicht aber selbst bereits auf sechs- bis zwölf-Monatssicht als ausgezeichnete Kaufgelegenheit herausstellen – längerfristig umso mehr”, so der Raiffeisen-Experte. Auch in den USA sollte man die Aktienquote bald deutlich anheben.

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