Die Insolvenz-Welle rollt – aber es ist kein Tsunami
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FINANCENET Redaktion 23.02.2024

Die Insolvenz-Welle rollt – aber es ist kein Tsunami

2023 stieg die Zahl der Insolvenzen laut Statistik Austria im Vergleich zu 2022 um rund 13 Prozent auf 5.338.

••• Von Reinhard Krémer

Im Jahr 2023 ist die Zahl der Insolvenzen laut vorläufigen Daten von Statistik Austria im Vergleich zu 2022 gleich zweistellig gestiegen. Die Registrierungen rechtlicher Einheiten sanken im gleichen Zeitraum um rund sieben Prozent auf 60.956.

„Zu Jahresende 2023 haben die Firmenpleiten im Vergleich zum vierten Quartal des Vorjahres um knapp ein Fünftel auf 1.431 zugelegt. Insgesamt gab es 2023 in Österreich 5.338 Unternehmensinsolvenzen, das sind etwa 13 Prozent mehr als 2022. Besonders betroffen war der Dienstleistungsbereich, gefolgt vom Handel und der Baubranche. Die konjunkturelle Lage schmälert auch die Absichten, Unternehmen zu gründen: 2023 gab es etwa 5.000 Registrierungen weniger als im Jahr davor”, so Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas. Die Zahl der Insolvenzen lag im 4. Quartal 2023 mit 1.431 leicht über dem Niveau des Vorquartals (+9,6%; 3. Quartal 2023: 1.306 Insolvenzen) und um etwa 19% höher als im gleichen Quartal des Vorjahres (4. Quartal 2022: 1.198 Insolvenzen).

Zuwachs auf breiter Front

Im Vergleich zum Vorjahresquartal nahmen Insolvenzen in beinahe allen Wirtschaftsbereichen zu, wobei der Anstieg im Handel, in der Informations- und Kommunikationsbranche, bei den Finanzdienstleistungen/sonstigen Dienstleistungen und der Baubranche am stärksten war.

Im Vergleich zum Vorquartal, dem 3. Quartal 2023, wurde das stärkste Plus bei Insolvenzen in den Bereichen Sachgütererzeugung, Bau, Beherbergung und Gastronomie und bei den persönlichen Dienstleistungen verzeichnet.
Im Jahr 2022 lag die Summe der Pleiten in Österreich noch bei 4.725. Im Zeitraum Oktober bis Dezember 2023 wurden 13.166 Registrierungen rechtlicher Einheiten verzeichnet. Das sind um rund 13% weniger als im 4. Quartal des Vorjahres (15.126 Registrierungen) und etwa neun Prozent weniger als im Vorquartal (3. Quartal 2023: 14.436).

Frühindikator beunruhigend

Im Jahr 2023 wurden insgesamt 60.956 Registrierungen ermittelt – rund 5.000 oder sieben Prozent weniger als im Vorjahr (2022: 65.215).

Im Unterschied zu einer Unternehmensgründung ist die Registrierung einer rechtlichen Einheit Teil eines Verwaltungsverfahrens und als Absichtserklärung zu verstehen. Sie bedeutet nicht in jedem Fall, dass auch tatsächlich eine wirtschaftliche Tätigkeit aufgenommen wird. Dennoch sind Registrierungen ein wichtiger Frühindikator für die Wirtschaftsentwicklung.

Insolvenzen nach Branchen

Die meisten Insolvenzen nach Branchen wurden im 4. Quartal 2023 bei den Finanzdienstleistungen/sonstigen Dienstleistungen (329), im Bau (278), im Handel (240) sowie im Bereich Beherbergung und Gastronomie (203) ermittelt, wobei diese Zahlen auch stark von der Anzahl der in den einzelnen Wirtschaftsbereichen aktiven Unternehmen abhängig sind.

Vergleichsweise wenige Insolvenzfälle wiesen die Branchen Information und Kommunikation (51) und Sachgütererzeugung (90) auf. Im Vergleich zum 4. Quartal 2022 hat der Handel hier den Bereich Beherbergung und Gastronomie überholt.
Die meisten Registrierungen gab es im 4. Quartal 2023 in den Wirtschaftsbereichen Finanzdienstleistungen/sonstige Dienstleistungen (3.661), persönliche Dienstleistungen (3.151) und Handel (2.595). Die wenigsten Registrierungen verzeichneten der Verkehr (484), der Bau (696) sowie die Informations- und Kommunikationsbranche (743).

Die meisten Pleiten in Wien

Auch die Experten von Dun & Bradstreet haben die östereichische Insolvenzentwicklung unter die Lupe genommen und liefern detaillierte Zahlen für das Gesamtjahr 2023.

Im vergangenen Jahr kletterte die Zahl der Konkursanmeldungen in fast allen Bundesländern. Die meisten Insolvenzen von protokollierten Unternehmen gab es mit 1.302 in Wien; das entspricht einem Plus von 13%. Danach folgen Niederösterreich mit 430 Insolvenzen und Oberösterreich mit 294.

Plus 70 Prozent in Kärnten

Den stärksten prozentualen Anstieg bei den gemeldeten Konkursen gab es im Bundesland Kärnten mit 70%, gefolgt von Oberösterreich mit einem Anstieg um 30%. Lediglich im Bundesland Vorarlberg nahm die Zahl der Konkurse gegenüber dem Vorjahr leicht ab, nämlich um vier Prozent.

Erhebliche Unterschiede zeigen sich bei der Branchenbetrachtung – im Vergleich zum Vorjahr musste der Immobilienbereich mit 79% den stärksten prozentualen Zuwachs bei den gemeldeten Konkursen hinnehmen.

Immos schwächelten 2023

Absolut betrachtet, stieg die Zahl der Unternehmensinsolvenzen dort von 102 auf 183. Dahinter folgen der Bereich der persönlichen Dienstleistungen mit einem Anstieg um 41%, Gastronomie und Hotellerie mit einer Zunahme um 36% und der Bereich Finanz, Holdings und Investmentgesellschaften mit plus 27%.

Spiegelbildlich zum Anstieg der Firmeninsolvenzen ging die Zahl der Firmengründungen deutlich zurück. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr zwar 20.017 Unternehmen neu angemeldet; gegenüber 2022 entspricht dies jedoch einem Rückgang um zwölf Prozent.
Nach Branchen betrachtet, konnte der Handel im vergangenen Jahr mit 3.090 die meisten Neugründungen verzeichnen. Danach folgen juristische, kommerzielle und technische Dienstleistungen mit 2.934 sowie Finanz, Holdings und Investmentgesellschaften mit 1.854 neuen Firmen.

Nur Film und Kino legen zu

Dagegen mussten medizinische und soziale Dienste, die Immobilienbranche sowie die Land- und Forstwirtschaft die stärksten Rückgänge bei den Neugründungen hinnehmen. Einen Zuwachs gab es lediglich im Bereich Filmproduktion und Kinos um insgesamt zehn Prozent.

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