Im Osten strahlt für Banken die Sonne heller
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FINANCENET Redaktion 20.11.2020

Im Osten strahlt für Banken die Sonne heller

Raiffeisen Research ortet beste Chancen für Institute in CEE – Österreicher liegen in der Region ganz vorn.

••• Von Reinhard Krémer

Raiffeisen Research hat erneut die Bankenmärkte Zentral- und Osteuropas im CEEBankenreport unter die Lupe genommen. Nach einem rekordverdächtigen Jahr 2019 sind die Markttrends im Lichte der Covid-Krise noch respektabel. Die notleidenden Kredite in Zentraleuropa (CE) und Südosteuropa (SEE) verharren auch 2020 nahe an den Tiefständen des vergangenen Jahres von zwei bis fünf Prozent.

Die Eigenkapitalrentabilität in den osteuropäischen Märkten Russland und Ukraine betrug im ersten Halbjahr rund 15%. Die Raiffeisen-Analysten bleiben für den CEE-Bankenmarktausblick zuversichtlich.

Solide und widerstandsfähig

„Die Bankensektoren in Zentral- und Osteuropa befinden sich in einer soliden Verfassung, um den vor ihnen liegenden Herausforderungen zu begegnen. Wir sehen im Vergleich zu früheren Krisen ein hohes Maß an akkumulierter Widerstandsfähigkeit, die nicht zuletzt auf der angemessenen Risikodisziplin der vergangenen Jahre basiert”, sagt Gunter Deuber, Studienautor und Leiter der Abteilung Volkswirtschaft, Zinsen und Währungen bei Raiffeisen Research. „Eine solide lokale Finanzierungsbasis ist ein zusätzlicher risikomindernder Faktor. Daher können die Geschäftsbanken einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung des externen Schocks der Covid-Krise leisten. Das Kreditvolumen in CEE wird 2020 im Jahresvergleich deutlich zulegen und damit die Wachstumsraten der vergangenen Krisen übertreffen”, so Johann Strobl, CEO der Raiffeisen Bank International (RBI).

Corona und kein Ende

Insgesamt werden die Nachwirkungen der Covid-Krise die CEE-Bankensektoren in den nächsten zwölf bis 24 Monaten beschäftigen. Raiffeisen Research erwartet eine deutliche und schleichende Verschlechterung der Qualität der Vermögenswerte im Jahr 2021 und möglicherweise darüber hinaus.

Die aktuelle zweite Covid-Welle bringt zusätzliche Risiken für Privatkunden- und KMU-Portfolios. In Summe wird ein Anstieg der NPL-Quoten (non-performing loan – fauler Kredit; Anm.) auf vier bis acht Prozent in der CE-Region und sieben bis zehn Prozent in SEE erwartet. Das würde bedeuten, dass insbesondere die Steigerungen in SEE weit weniger dramatisch ausfallen werden als vor zehn Jahren.

Osteuropa als Cashcow

Im Krisenjahr 2020 sind neue Niedrigzinssätze in CE und SEE erreicht worden, die zumindest noch bis 2022 erhalten bleiben könnten. Das lastet auf der Ertragslage, zumal Sparer nun zunehmend von Spar- auf Sichteinlagen umschichten. Insofern könnte Osteuropa (EE) 2020 und danach wieder zu einem wichtigen Ertragsbringer für einige führende CEE-Banken werden, so wie es 2011 bis 2013 der Fall war.

Damals litten die Bankensektoren der CE/SEE-Region unter der Double-Dip-Rezession im Zusammenhang mit der Eurozonen-Krise, während Osteuropa starke Rentabilitätskennzahlen aufwies. Gerade der russische Bankenmarkt könnte damit weiter als wichtiger Rentabilitäts- und Innovationsmotor für das Bankwesen in CEE fungieren.

Wettbewerb wird stärker

Allerdings nimmt hier der Wettbewerbsdruck aus Sicht der Raiffeisen Research-Analysten deutlich zu, etwa durch die steigende Marktkonzentration oder das Zusammenwachsen von Banken- und Onlineservices. Davon sind auch die westlichen Auslandsbanken mit ihren Nischengeschäftsmodellen erfasst, und natürlich auch von den nach wie vor vorhandenen (US-)Sanktionsrisiken.

Dennoch bleiben die russischen Einheiten der führenden westlichen Banken in CEE ein wertvolles Asset. Ruslan Gadeev, Raiffeisen-Spezialist für den russischen Bankenmarkt, macht das an mehreren Indikatoren fest: „Wir sehen überproportional hohe Marktanteile der westlichen Banken in Russland bei Deviseneinlagen oder dem Umsatz auf Firmengirokonten. Das unterstreicht die Servicequalität, Markenbekanntheit und systemische Bedeutung der westlichen Banken in Russland.”

Ertragsdruck könnte sinken

Mittelfristig erwartet Gunter Deuber etwas Entspannung an der Zinsfront in CE und SEE: „Der Ertragsdruck durch die nun sehr niedrigen Zinssätze in Zentral- und Osteuropa könnte ab 2022 geringfügig nachlassen. Diese Annahme beruht auf der Überlegung, dass entschiedene geld- und fiskalpolitische Stimuli auf nationaler und supranationaler Ebene 2021 und 2022 in den kleineren und offenen Volkswirtschaften in CE und SEE zu einer fassbaren Reflationierung führen könnten. Positiv zu vermerken ist zudem, dass unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen in CE und SEE noch nicht so marktverzerrende Effekte wie in Westeuropa zur Folge haben.”

Rot-weiß-rot ganz vorn

Für die führenden österreichischen CEE-Banken bleibt die Entwicklung der CE/SEE-Bankenmärkte ein entschiedener Treiber – sie repräsentieren knapp 90% ihrer Vermögenswerte. Gemäß Raiffeisen Bankenreport bleiben österreichische Banken Marktführer in CEE. „Ohne Berücksichtigung der großen Staatsbanken in Russland und Polen haben Erste Group und RBI als regionale Nummer eins und drei Marktanteile von 7,4 bzw. sechs Prozent nach CEE-Aktiva gerechnet; dazwischen liegt UniCredit mit sieben Prozent”, so Deuber.

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