VBV-Generaldirektor Andreas Zakostelskyim Gespräch mitmedianet-Herausgeber Oliver Jonke über die Betriebliche Altersvorsorge und die Erträge der Pensionskassen.
medianet: Die einen behaupten, die Pensionen sind sicher, die anderen meinen, unser Pensionssystem steht am Abgrund. Wie sehen Sie dieses Thema?
Andreas Zakostelsky: Die staatliche Pension wird es auch in Zukunft geben – das ist politischer Konsens in Österreich, insofern sind sie sicher. Aber das System stößt trotz diverser Reformen der Vergangenheit zunehmend an seine Grenzen, denn in Zukunft werden immer weniger Menschen im aktiven Erwerbsleben stehen. Gleichzeitig wird der prozentuelle Anteil der über 65-Jährigen in der Bevölkerung deutlich zunehmen. In Summe hat sich das Verhältnis von Erwerbszeiten zu Nicht-Erwerbszeiten von rund 1,8:1 auf etwa 0,9:1 halbiert. In rund fünf Jahren beginnt die Generation der Babyboomer in Pension zu gehen. All das wird dazu führen, dass die staatliche Pension eine immer größere Lücke bei Pensionsantritt im Vergleich zum letzten Bezug offen lassen wird. So gesehen: ‚Abgrund' nein, aber dringend ergänzungsbedürftig.
medianet: Was wäre konkret bei unserem Pensionssystem zu tun?
Zakostelsky: Um die kommenden Anforderungen an das Pensionssystem in Österreich erfolgreich zu bewältigen, müssen die drei Säulen des Pensionssystems auf eine stabile und nachhaltige Basis gestellt werden. Die erste Säule des Pensionssystems ist die Grundsicherung. Diese wird durch eine kapitalgedeckte kollektive betriebliche Zusatzpension ergänzt (quasi die Butter am Brot) und kann noch um eine individuelle Privatvorsorge (dritte Säule) aufgestockt werden – wenn man sich das leisten kann.
Die betriebliche Altersvorsorge, die in Österreich großteils über Pensionskassen-Lösungen angeboten wird, hat sich in den letzten beinahe 30 Jahren ihres Bestehens bei bereits rund einer Million Österreicherinnen und Österreichern etabliert. Die heimischen Pensionskassen veranlagen für diese Menschen 23 Mrd. Euro an den internationalen Finanzmärkten und erwirtschaften im langjährigen Durchschnitt 5,22 Prozent pro Jahr.
medianet: Was erwarten Sie sich da von der künftigen Regierung?
Zakostelsky: Die Bevölkerung erwartet sich hier von der Politik klare und nachhaltige Ansätze. Die Generation der heute 30- bis 45-Jährigen sieht dabei längst nicht mehr nur den Staat in der Verantwortung. Rund drei von vier Befragten der genannten Umfrage wünschen sich, dass die Arbeitgeber einen Beitrag zur Zusatzpension leisten.
Die letzte Bundesregierung hatte sich im Regierungsprogramm klar für den Ausbau der betrieblichen Altersvorsorge als Ergänzung der staatlichen Pension ausgesprochen.
Die heimischen Pensionskassen erwarten sich von der zukünftigen Regierung klare Antworten zum Pensionssystem, seiner Weiterentwicklung und der damit verbundene Sicherung der Generationengerechtigkeit.
medianet: Warum macht aus Ihrer Sicht eine ergänzende betriebliche Altersvorsorge Sinn? Wäre Sparen nicht einfacher?
Zakostelsky: Über die Veranlagung von Pensionskassen können Einzelne am Wachstum der heimischen Wirtschaft bzw. der internationalen Volkswirtschaften in einer Form partizipieren, die sonst nur Großanlegern möglich wäre.
Wichtig ist dabei die langfristige Betrachtung, denn natürlich kann kurzfristig einmal ein schwaches Jahr dabei sein. Allerdings ist der langfristige Ertrag sogar in den letzten zehn Jahren, in der sogenannten Nullzins-Phase, bei den Pensionskassen bei 4,14 Prozent gelegen. Hätte man sein Geld aufs Sparkonto gelegt, wären im Durchschnitt nur 1,56 Prozent mehr dazugekommen – mit Abzug der Inflation wäre es dadurch jährlich real weniger geworden.
medianet: Für welche Zielgruppe ist Ihrer Erfahrung nach eine betriebliche Zusatzpension gut geeignet?
Zakostelsky: Es gibt keine bestimmte Zielgruppe. Wir haben in Österreich mittlerweile rund eine Million Berechtigte in Unternehmen jeder Größenordnung. Waren Firmenpensionen früher oft nur Führungskräften in Großunternehmen vorbehalten, so hat sich das schon vor vielen Jahren gewandelt.
Im Gegensatz zu früher setzen gerade in Zeiten der sinkenden Fachkräftezahlen auch immer mehr Klein- und Mittelbetriebe in den unterschiedlichsten Branchen auf eine betriebliche Altersvorsorge.
medianet: Betriebliche Zusatzpensionen zählen in einigen Unternehmen zu den wichtigsten fringe benefits. Wie werden Unternehmen dadurch als attraktive Arbeitgeber wahrgenommen?
Zakostelsky: Das stimmt in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels vollkommen. Nehmen wir zum Beispiel einen unserer neuesten Kunden, die Robert Bosch AG. Diese hat mit Beginn dieses Jahres eine betriebliche Vorsorgelösung für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Österreich eingeführt und setzt dabei auf die VBV.
Bosch macht das, um ein noch attraktiverer Arbeitgeber für die qualitativ besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sein.
Wie das konkret funktioniert, kann ich Ihnen an einem Beispiel erklären: Stellen Sie sich einfach zwei Stück Sachertorte vor. Diese gleichen einander bis auf den letzten Tropfen Marmelade. Der einzige Unterschied ist, dass ein Stück noch ein extra Sahnehäubchen hat. Wer würde sich da nicht für das Stück mit dem Sahnehäubchen entscheiden?
Die betriebliche Zusatzpension kann heutzutage das Tüpfelchen auf dem i ausmachen, wenn es darum geht, qualifizierte Mitarbeiter für sich zu gewinnen. Sie ist eine Art Erfolgsfaktor für Unternehmen, die schon heute an die Zukunft denken und entsprechende Maßnahmen setzen.