AUVA schlittert in medialen Supergau
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Sanierung Die Debatte über ein Unfallspital wirft die Frage auf, ob hier ein Gebäude oder vielmehr eine Versicherung saniert werden soll.
HEALTH ECONOMY Redaktion 08.03.2024

AUVA schlittert in medialen Supergau

Der Konflikt über die Sperre eines Unfallspitals in Wien hat komplexe Hintergründe und politische Ursachen.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. Wegen Mängeln beim Brandschutz wird das Wiener Lorenz Böhler-Spital kurzerhand geschlossen, Beschäftigte und Patienten werden verlegt. Das sorgt für Kopfschütteln – einerseits ob der Hektik, andererseits weil die Baupolizei im vergangenen Sommer ein Sanierungskonzept eingefordert und einen laufenden Betrieb während der Sanierung für möglich gehalten hat. Die AUVA-Spitze habe das Konzept bis heute nicht vorgelegt, sagen die Kritiker. Jetzt sagt das Management, dass ein neues Gutachten ein massives Brandrisiko zeige, und stellt demonstrativ für die Zeit der Umsiedlung ein Feuerwehrauto vor die Tür.

Tatsächlich strukturiert die AUVA seit Jahren kräftig um: Die Zentrale wurde vor zwei Jahren – ebenfalls mit Hinweis auf Brandschutzmängel – verlegt, das Rehabilitationszentrum „Weißer Hof” inmitten des Wienerwaldes, das vor allem für Querschnittbehandlungen bekannt ist, soll in die Stadt nach Meidling übersiedeln, der Standort verkauft werden. Parallel wurde eine Kooperationsvereinbarung zwischen AUVA, der Pensionsversicherungsanstalt und dem Land Niederösterreich abgeschlossen, die sicherstellt, dass der Standort nach der Veräußerung weiterhin als Zentrum für Rehabilitation und Übergangspflege genutzt wird – angemietet vom neuen Eigentümer.

Debatte über Beitragssenkung

Die AUVA ist eine Art pauschaliert Haftpflichtversicherung für Unternehmen. Denn diese sind verpflichtet, für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Beschäftigten Sorge zu tragen. Verunfallt etwa ein Schreiner schwer, könnten für eine Tischlerei massive Kosten entstehen. Mit aktuell 1,1% der Lohnkosten als Beitrag zur Unfallversicherung sind Ausfälle, Behandlung, Rehabilitation und mögliche Invalidenrente abgedeckt. Für Kleinbetriebe ist das ein Schnäppchen. Für Unternehmen mit vielen Beschäftigten ist das teuer – eine private Versicherung käme ihnen im Hinblick auf geringe Unfallzahlen günstiger. Doch rund 87% der heimischen Betriebe sind Kleinstunternehmen mit maximal neun Beschäftigten, weitere elf Prozent haben zehn bis 49 Beschäftigte, nur zwei Prozent haben maximal 249 Mitarbeiter, und gerade einmal 0,4% haben laut KMU Forschung Austria mehr als 250 Beschäftigte.

Einsparungen gefordert

Die AUVA nutzt also den meisten Unternehmen, doch die großen drängen seit Langem auf eine Senkung der Beitragssätze. Bei der ÖVP-FPÖ-Regierung und deren Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein haben sie sich 2018 durchgesetzt – der Beitragssatz soll von damals 1,3% auf 0,8% gesenkt werden. Die AUVA muss dafür mehr als 430 Mio. € einsparen. Wie sie das macht, überließ Türkis-Blau der Selbst­verwaltung. Eine Schließung des Lorenz-Böhler-Spitals würde rund 60 Mio. € bringen, hört man.

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