Auf der Überholspur
© Helrom/Julia Reisinger (2)
Genial und … Das Besondere am Helrom-System ist, dass der Helrom-Wagen durch seitliches Ausschwenken kranbare und nicht kranbare Trailer aufnehmen kann. Die Nachfrage sei groß, so MFL-Geschäftsführer Herbert Decker.
INDUSTRIAL TECHNOLOGY Redaktion 17.02.2023

Auf der Überholspur

Innovative Highend-Güterwaggons zum zügigen Verladen bescheren steirischem Unternehmen MFL Millionenauftrag.

LIEZEN/FRANKFURT/WIEN. Spektakulärer Erfolg in der heimischen Wirtschaft: Die Maschinenfabrik Liezen und Gießerei (MFL) holt mit einem Großauftrag die Fertigung von innovativen Güterwagen nach Österreich.

Schon vor Jahren stellte die Maschinenfabrik Liezen und Gießerei die Weichen für den Einzug in die internationale Schienenverkehrstechnik. Mit dem bislang größten Auftrag in der Firmengeschichte nimmt die strategische Ausrichtung des österreichischen Unternehmens nun volle Fahrt auf: Noch in diesem Jahr werden zunächst 40 Highend-Güterwaggons des deutschen Unternehmens Helrom, eines hochspezialisierten Güterlogistikers auf Schiene, gefertigt.

Option auf Verlängerung

Das damit einhergehende Auftragsvolumen, das sich auf einen zweistelligen Millionenbetrag beläuft, soll sich langfristig noch deutlich steigern: Nach der einjährigen Produktionseingangsphase verfügt Helrom über die Option, die Fertigung der innovativen Güterwaggons bis 2033 zu verlängern. In diesem Fall würde sich der Projektumfang auf mehrere Hundert Wagen – und knapp eine Viertelmilliarde Euro erhöhen.

„Es ist tatsächlich nicht übertrieben, von einem Jahrhundertauftrag für die MFL zu sprechen. Dies bezieht sich aber nicht nur auf das Auftragsvolumen, sondern insbesondere auf die Innovationskraft und Nachhaltigkeit, die von den gefertigten Güterwaggons ausgeht”, sagt MFL-Geschäftsführer Herbert Decker. Auch ziehe der Großauftrag Investitionen in Höhe von sechs Mio. € am Standort nach sich: An der Spitze des umfassenden Investitionsprogramms steht eine der größten Hightech-Schweißroboteranlagen Europas. Die Fertigungsanlage mit einer Gesamtlänge von 40 m ist für mehrere Schweißroboter ausgelegt. So können Werkstücke bis zu einer Länge von 28 m und einem Gewicht von bis zu 20 t verarbeitet werden.

Kranloser Zugang

Die MFL ist damit wichtiger Kooperationspartner in Helroms Vision einer nachhaltigen Güterlogistik, die den Lkw mithilfe der neuartigen Güterwagen, sog. Helrom-Trailer-Wagen, in die Lage versetzt, die Distanzen zwischen internationalen wirtschaftlichen Ballungszentren auf dem Schienenweg „barrierefrei” zurückzulegen. Denn mehr als 95% der in Europa im Einsatz befindlichen Lkw-Sattelauflieger benötigen für den Umschlag auf den Güterzug teure und nur an wenigen Standorten verfügbare Terminals.

Helrom löst dieses Problem, indem der Trailer-Wagen zur Seite hin ausschwenkt. Dadurch können die Sattelauflieger mithilfe einer Zugmaschine auf den Wagen geschoben werden – ohne Terminal, ohne Kran. Eine ebene Fläche neben dem Gleiskörper genügt. So avancieren einfache Lade- oder Nebengleise zur Be- und Entladezone eines ganzen Zuges, mit einer Verladezeit von nur zwei Minuten pro Trailer. Durch diese weltweit patentierte Technologie lässt sich der Lkw-Güterverkehr schneller und einfacher von der Straße auf die Schiene verlagern; laut Helrom sei dies „ein entscheidender Baustein für die Erreichung der europäischen Klimaziele”.

Wien als Vorreiter

Der Hafen Wien hat die neue Technik bereits im Einsatz: Was als Pilotprojekt im August 2020 begonnen hat, läuft nun erfolgreich im Regelbetrieb. Wöchentlich verkehren drei Rundläufe zwischen Deutschland und Österreich mit vorwiegend nicht kranbaren Trailern.

Seither wurden rund 600 Züge im Hafen Freudenau abgefertigt und damit 18.000 Sattelaufliegerfahrten von der Straße auf die Schiene verlagert sowie über 10.000 t CO2-Emissionen eingespart. Die Kapazitäten auf der Verbindung Wien-Düsseldorf will Helrom mit dem Hafen Wien in den nächsten Jahren deutlich ausbauen. (hk)

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