••• Von Helga Krémer
WIEN. Österreichs Industrie bzw. das produzierende Gewerbe haben es nicht gerade leicht dieser Tage. Störfaktoren, wohin man auch schaut: „Angefangen von exorbitant gestiegenen Energiepreisen und einem massiven Inflationsanstieg, über nach wie vor schwer verfügbare Rohstoffe bzw. bestimmte Vorprodukte wie Halbleiter, über den Mangel an Fach- und Arbeitskräften bis zu massiven geopolitischen Spannungen, die wir in unmittelbarer EU-Nachbarschaft erleben”, fasste Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), bei der Präsentation des IV-Konjunkturbarometers die aktuelle konjunkturelle Situation zusammen.
Energiekosten bremsen aus
Allen Unbillen zum Trotz rechnet die IV dennoch mit einer moderaten Fortsetzung eines industriegetragenen Aufschwungs. Und sie ruft nach einer staatlichen Kompensation für die „exorbitanten Strompreise”. Für diese brauche es eine Entschädigung, wie sie in Deutschland und anderen EU-Ländern seit Jahren existiere.
Ein Grund seien die hohen CO2-Zertifikatekosten („Indirektes Carbon Leakage”). Es wäre angebracht, rasch zu handeln, so Neumayer, denn man sehe keine baldige Entspannung bei den Energiepreisen. „Hauptgrund ist aber die zu schwache inländische Stromerzeugungsbasis. Uns fällt auf den Kopf, dass es über Jahrzehnte eine Verzögerungs- beziehungsweise Hinhaltetaktik seitens der Politik gab, dass heimische Erneuerbare hinreichend ausgebaut werden. Auch ein Repowering – der Ausbau und die Aufrüstung bestehender Anlagen – fehlt und wird durch systematische Projektbeeinspruchungen durch NGO nach Kräften verzögert”, erläuterte IV-Chefökonom Christian Helmenstein.
Weitere Gründe für den hohen Strompreis sind laut Helmenstein der deutsche Atomausstieg und weniger Kohlestrom. Auch gebe es inzwischen Spillover-Effekte des hohen Gaspreises auf den Strompreis – nicht zuletzt durch die „deutliche Reduzierung” russischer Gaslieferungen aufgrund der Ukraine-Krise.
Apropos: Wächst sich diese nicht aus, rechnet die IV heuer mit einem Wirtschaftswachstum von 3,5 bis 4%.
Hilfen gefordert
Angesichts der „exorbitanten Strompreise” fordert die IV auch weiterhin einen Überbrückungsfonds für besonders stark betroffene Firmen. Es gehöre getan, was im Rahmen der europäischen Regeln möglich sei und andere Nachbarstaaten bereits umsetzten, damit ein Wettbewerbsnachteil ausgeräumt wird, so Neumayer. So seien auch Stundungen von Steuern und Abgaben für besonders betroffene Firmen angebracht; dies könne etwa, die COFAG, die Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes, abwickeln.
Der geforderte Hilfsfonds könne aus Teilen der Zertifikatsabgaben (ETS) gespeist werden, so Neumayer. Greifen könne er, wenn gewisse Höhen bei den ETS-Preisen überschritten werden. Dann müsse geschaut werden, welchen Energiekosten-anteil ein Unternehmen hat, und wie sich die Kosten auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirken. „Das Ganze wäre extrem schnell umsetzbar und noch im Februar möglich”, drückt der IV-Generalsekretär aufs Tempo. Da die hohen Preise „großteils politikgemacht” seien, müsse die Politik auch helfen.
Zurück zum IV-Konjunkturbarometer: Dieser (gewichtete) Mittelwert aus den Beurteilungen der gegenwärtigen Geschäftslage und der Geschäftslage in sechs Monaten verharrt nahezu unverändert bei 40,1 Punkten nach zuvor 39,9 Punkten.