KI in der Chefetage
© EY/Stefan Seelig
Gunther Reimoser
INDUSTRIAL TECHNOLOGY Redaktion 17.11.2023

KI in der Chefetage

Weltweit setzen CEOs auf generative KI. Sie erwarten sich dadurch Wettbewerbsvorteile, tappen aber oft im Dunkeln.

WIEN. CEOs weltweit erkennen das Potenzial künstlicher Intelligenz, stoßen jedoch bei der Umsetzung entsprechender Strategien auf erhebliche Herausforderungen, so die Ergebnisse der neuesten EY CEO Outlook Pulse-Umfrage.

Während sieben von zehn CEOs die Notwendigkeit sehen, schnell auf KI zu reagieren, um Wettbewerbern keinen strategischen Vorteil zu verschaffen, berichten ebenfalls fast zwei Drittel, dass die Unsicherheit in diesem Bereich sie daran hindert, rasch in die Umsetzung zu gehen. Angefangen bei der Fülle an potenziellen Anwendungsfällen bis hin zur Ausarbeitung einer schlüssigen Strategie – die Entscheidung, wo investiert und mit wem kooperiert werden soll, ist oft komplex und birgt Unsicherheiten.

(Un-)Realistische Zeitspannen

Die große Mehrheit (64%) der Unternehmen, die bereits intensiv mit KI arbeiten, geht davon aus, dass die Technologie ihr gesamtes Geschäfts- und Betriebsmodell in zwei Jahren oder weniger komplett umstellen wird. Im Gegensatz dazu rechnen 67% der Unternehmen, die bereits Erfahrungen mit KI gesammelt haben – definiert als fünf oder mehr abgeschlossene Initiativen zur Etablierung von KI-Kompetenzen – damit, dass es drei bis fünf Jahre oder länger dauern wird, um ähnliche Resultate zu erzielen.

„Diese längere – und wohl realistischere – Zeitspanne deutet darauf hin, dass KI und GenAI für viele CEOs Neuland sind. Zu hohe Erwartungen zu setzen und diese dann nicht zu erfüllen, kann das Vertrauen von Mitarbeitenden und Aktionären erschüttern und die Transformation auf lange Sicht erschweren. Daher sollten CEOs eng mit CTOs zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die Erwartungen und strategischen Pläne rund um KI angesichts der aktuellen Ressourcen und Kompetenzen im Unternehmen umsetzbar sind”, so Gunther Reimoser, Country Managing Partner von EY Österreich dazu.

Das liebe Geld

Mit dem Wissen, dass KI etablierte Geschäftsmodelle aushebeln wird, tätigen fast alle CEOs (99%) daher bedeutende Investitionen in GenAI oder planen diese. Um diese Investitionen zu finanzieren, lagern 69% Kapital von anderen Investitionsprojekten oder Technologiebudgets um. Mehr als ein Fünftel (23%) beschafft neues Kapital.

Investition in eine KI-fähige Zukunft ist jedoch leichter gesagt als getan: Über ein Viertel (26%) der Befragten gibt an, dass der rasante Fortschritt bei GenAI die größte Herausforderung für die Kapitalallokationsentscheidungen bei GenAI-Initiativen darstellt. Zwei Drittel (66%) glauben auch, dass die zunehmende Zahl von Unternehmen, die behaupten, KI-Expertise zu haben, Entscheidungen über glaubwürdige Ökosystempartnerschaften und Übernahmeziele erschwert.

Schwierige Partnerwahl

„Das Potenzial von KI ist enorm. CEOs müssen mutige Investitionen in die Technologie tätigen, um Wettbewerbsvorteile zu sichern und ihre Organisationen fit für die Zukunft zu machen. CEOs wissen, dass Unternehmen mit GenAI-Kompetenzen zu spielverändernden Partnern oder Übernahmekandidaten werden können, aber der Hype um künstliche Intelligenz macht es nicht einfach, passende Partner zu identifizieren”, erklärt Reimoser.

M&A-Investitionen sinken

Während CEOs weiterhin mit regulatorischen Änderungen und geopolitischer Volatilität kämpfen, erwarten viele immer noch hohe Wachstumsraten in naher Zukunft und intensivieren Forschung und Entwicklung sowie Kapitalausgaben.

Laut EY-Umfrage planen 89% in den nächsten zwölf Monaten Transaktionen irgendeiner Art. Die Absichten für Fusionen und Übernahmen sind jedoch auf den niedrigsten Stand seit 2014 gesunken: Nur 35% der CEOs planen in den nächsten zwölf Monaten Mergers & Acquisitions.

Ökonomische Unbill

Dies ist auf die derzeitige geopolitische und makroökonomische Unsicherheit zurückzuführen und spiegelt auch die Unklarheit über KI-Ziele und den realen Rückgang von KI-fokussierten Fusionen und Übernahmen nach einem Anstieg zu Beginn des Jahres wider. Das Interesse an Fusionen und Übernahmen ist in der Region Amerika (47%) jedoch deutlich höher als in der EMEA-Region (Europa, Naher Osten und Afrika; 29%) oder der asiatisch-pazifischen Region (25%).

Reimoser dazu: „Die Befragung zeigt jedoch deutlich, dass zwei Faktoren für den Rückgang von M&A-Aktivitäten eine Rolle spielen: das Nachlassen bei Technologie-Fusionen und -Übernahmen, da sich die Aktivität hier wieder normalisiert und auf das niedrigere Vor-Pandemie-Niveau zurückkehrt sowie die Bemühungen der CEOs, die Auswirkungen von GenAI zu verstehen.” (hk)

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL