Wie persönlich darf es sein?
© Louis Vuitton/Fornasetti
Die Marke muss bei Customized-Produkten im Highend-Sektor klar erkennbar sein.
LUXURY BRANDS&RETAIL britta biron 18.06.2021

Wie persönlich darf es sein?

WU Wien-Studie untersucht Customizing in der Luxusfashion.

Wien/Mailand. Individualisierung ist – neben Digitalisierung und Nachhaltigkeit – das dritte große Schlagwort, das bei Unternehmensberatungen seit Jahren immer wieder fällt, wenn es um die Frage geht, wie sich Luxusmarken zukunftsfit machen sollen. Das klingt durchaus logisch, denn die Marketingforschung hat gezeigt, dass Kunden besonders gerne auf die Möglichkeit der Personalisierung zurückgreifen, weil sie ihre Identität damit hervorheben können. Nachdem sich mittlerweile dank neuer Technologien auch die Produktion von Kleinserien oder gar Einzelstücken in einem gewissen Rahmen durchaus rechnet – auch, weil die Kunden für Exklusivität gern tiefer in die Tasche greifen –, stünde einem deutlichen Ausbau des Personalisierungsangebots theoretisch nichts im Wege.

Persönlicher Stil …

Eine Reihe von Nobelbrands – z.B. Burberry, Louis Vuitton, Longchamp, Valentino und Zegna – bieten das für ausgewählte Produkte längst an, einige betreiben auch Made to Measure-Ateliers, aber auf wissenschaftlich fundierte Studien können sie sich dabei nicht stützten. Die oben erwähnten Analysen betreffen nämlich ausschließlich günstige Mainstream-Marken. Martin Schreier, Vorstand des Instituts für Marketing-Management sowie des Departments für Marketing an der WU Wien, hat gemeinsam mit Kollegen aus Wien und Mailand jetzt erstmals untersucht, ob und welche Unterschiede es zwischen günstigen und hochpreisigen Brands gibt.

… versus Luxusimage

In drei Versuchsaufbauten wurden potenzielle Kunden gebeten, verschiedenen Individualisierungsmöglichkeiten für Sonnenbrillen, Sneaker und Taschen – pro Produktgruppe eine Mainstream- und eine Luxusmarke – zu bewerten.
Dabei hat sich wie erwartet gezeigt, dass das Kaufinteresse bei den günstigen Artikeln zunimmt, je mehr Gestaltungsfreiheit den Kunden zugestanden wurde. Ganz anders bei den Luxusprodukten: Von den Probanden am besten bewertet wurden jene, die nur im eingeschränkten Rahmen personalisiert werden konnten.
„Bei High-End-Fashion spielen andere Kaufgründe eine Rolle. Hier zahlen Kunden vor allem für die Expertise der Designer und den Statusgewinn”, erklärt Schreier.
Die Birkin Bag hat ihren Luxusstatus ja nicht einzig durch ihre hohe Qualität oder die Bekanntheit ihrer Namensgeberin, sondern weil sie von Hermès ist; ein Bouclékostüm wird nicht allein durch edlen Stoff, besonderes Design und handwerkliche Präzision zum Pres­tigeobjekt, sondern dann, wenn es von Chanel stammt.
„Bei allzu weitreichender Personalisierung könnte der Wunsch nach Selbstdarstellung den Signalwert des Produkts potenziell untergraben”, so Schreier. Daher sei es bei Customized-Produkten besonders wichtig, dass die Marke klar erkennbar ist. Generell sollten Luxusmarken bei der Entscheidung, wie viele Designfreiheit sie den Kunden überlassen sollen, lieber nach dem Motto „weniger ist mehr” vorgehen.

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